Leitsatz:
Der Mieter kann vom Vermieter Ersatz seiner Rechtsanwaltskosten verlangen, wenn er den Anwalt zu Abwehr unberechtigter Renovierungsansprüche des Vermieters beauftragen musste.
LG Berlin vom 21.4.2010 – 67 S 460/09 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mietvertrag enthielt verschiedene unwirksame Regelungen in Bezug auf die Schönheitsreparaturen.
Nachdem das Mietverhältnis zunächst einvernehmlich beendet werden sollte, verlangte der Vermieter die Ausführung umfangreicher Schönheitsreparaturen und stellte hierfür einen Schadensersatzanspruch von 11.500 Euro in Aussicht.
Hiergegen wandten sich die Mieter unter Inanspruchnahme ihres Anwalts mit Erfolg. Das Gericht sprach den Mietern einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1025,30 Euro zu. Die Mieter könnten die vorgerichtlichen Anwaltskosten, als Schadensersatz für eine Vertragsverletzung nach § 280 Absatz 1 BGB verlangen. Denn das Verlangen vertraglich nicht geschuldeter Leistungen stelle eine Pflichtverletzung dar, gegen die die Mieter hier insbesondere deshalb anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen konnten, weil der Vermieter auch auf ausdrückliche Hinweise zu den unwirksamen Klauseln nicht von seinem Verlangen abrückte.
Urteilstext
Gründe:
I) Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
II.1) Die Berufung ist gemäß § 511 Abs. 1 ZPO statthaft und die gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Mindestbeschwer ist erreicht. Die Form- und Fristvorschriften der §§ 517, 519 und 520 ZPO sind erfüllt. Die Berufung ist damit insgesamt zulässig.
Nach der entsprechenden Zustimmung der Parteien hat der Einzelrichter mit Beschluss vom 25. Februar 2010 das schriftliche Verfahren angeordnet.
2) Die Berufung hat – abgesehen von einem Teil der Zinsen – Erfolg.
Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.025,30 Euro aus § 280 Abs. 1 BGB.
Die Umstellung des Freistellungs- auf einen Zahlungsantrag war zulässig, § 533 ZPO.
Mit dem Vertrag vom 19. Juni 2001 mieteten die Kläger vom Beklagten die Wohnung in der Freibergstraße 19, zweites Obergeschoss rechts, 12107 Berlin. Die Kläger kündigten ordentlich zum 30. August 2008. Der Mietvertrag enthält verschiedene unwirksame Regelungen in Bezug auf die Schönheitsreparaturen.
Nachdem das Mietverhältnis zunächst einvernehmlich beendet werden sollte, verlangte der Beklagte mit dem Schreiben vom 16. Oktober 2008 die Ausführung umfangreicher Schönheitsreparaturen und stellte hierfür einen Schadensersatzanspruch von 11.500 Euro in Aussicht.
Hiergegen wandten sich die Kläger unter Inanspruchnahme der anwaltlichen Hilfe ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten.
Das Amtsgericht hat rechtskräftig festgestellt, dass dem Beklagten ein solcher Schadensersatzanspruch nicht zusteht.
Die Kläger können die vorgerichtlichen Anwaltskosten, die in der Höhe nicht bestritten sind, als Schadensersatz für eine Vertragsverletzung verlangen, § 280 Abs. 1 BGB. Der Einzelrichter teilt dabei nicht die Auffassung, dass lediglich der Austausch von Rechtsansichten gegeben sei. Vielmehr schließt sich der Einzelrichter der Meinung des Kammergerichts (Urteil vom 18. Mai 2009, Az.: 8 U 190/08, GE 2009, 1044) an, dass das Verlangen vertraglich nicht geschuldeter Leistungen eine Pflichtverletzung darstellt, gegen die die Kläger hier insbesondere deshalb anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen konnten, weil der Beklagte auch auf ausdrückliche Hinweise zu den unwirksamen Klauseln nicht von seinem Verlangen abrückte. Den maßgebenden Anlass für die Einschaltung des jetzigen Prozessbevollmächtigten der Kläger setzte der Beklagte mit seinem Schreiben vom 27. Juni 2008, wo er unter Nr. 5 ausdrücklich Schönheitsreparaturen verlangte. Die Kläger mussten nicht wissen, dass es ein Urteil der Kammer zum Verfahren 67 S 392/06 nicht gibt. In dem Verfahren 67 S 392/06 ist die Berufung zurückgenommen worden.
Der Anspruch steht den Klägern selbst zu. Es wirkt sich nicht aus, dass ein Forderungsübergang zunächst auf die Rechtsschutzversicherung vorgelegen haben mag, denn zum Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts war die (Rück-)Abtretung unstreitig.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 BGB. Weitere Zinsen waren nicht zuzusprechen, da zum Verzug insoweit kein hinreichender Vortrag gegeben ist.
3) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Wegen der Umstellung von Freistellung auf Zahlung bzw. wegen der Abtretung ist § 97 Abs. 2 ZPO nicht anzuwenden, da diese Fragen im ersten Rechtszug nicht angesprochen worden sind und für die Kläger kein hinreichender Anlass bestand, entsprechend tätig zu werden (Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 97, Rn. 11).
4) Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
5) Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist nicht erforderlich, die Revision zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.
31.01.2013