Leitsatz:
Nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschriften der Betriebskostenverordnung sind Baumfällkosten nicht auf die Mieter umlegbar.
AG Potsdam vom 27.12.2011 – 23 C 349/11 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Amtsgericht hält Baumfällkosten regelmäßig nicht für umlegbar. Das Fällen von Bäumen führe in durchschnittlichen Gärten nicht zu „laufend entstehenden“ Kosten im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 1 BetrKVO. Das Merkmal der „laufenden Entstehung“ setze zwar nicht voraus, dass die Kosten jährlich entstünden. Es genüge auch ein mehrjähriger Turnus. Erforderlich sei jedoch, dass sie relativ regelmäßig anfallen. Das sei bei Baumfällkosten nicht der Fall. Denn Bäume würden häufig mehrere Jahrzehnte alt. Dass sie gefällt würden, sei eine außergewöhnliche Maßnahme, die sich nicht in den Rahmen üblicher Gartenpflegearbeiten füge.
Das Merkmal der „laufenden Entstehung“ stelle zudem sicher, dass nur solche Kosten auf die Mieter umgelegt würden, die für sie überschaubar und erwartbar seien. Die Vorschrift diene dem Mieterschutz und verhindere, dass Mieter „zufällig“ mit außerordentlich hohen Kosten belastet würden, die ihnen im Lauf ihrer möglicherweise nur kurzen Mietzeit nicht zugute kämen.
§ 2 Nummer 10 der BetrKV führe zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser Vorschrift könnten entgegen § 1 Absatz 2 Nummer 2 BetrKV ausnahmsweise auch regelmäßig anfallende Instandsetzungsmaßnahmen umlegbare Betriebskosten darstellen. Wegen ihres Ausnahmecharakters sei sie aber jedenfalls eng auszulegen. Das bloße Fällen von Bäumen werde nicht vom Tatbestandsmerkmal „Erneuerung von Gehölzen“ erfasst. Selbst wenn Bäume trotz ihrer Größe unter den Begriff des „Gehölzes“ fallen sollten, fehle es jedenfalls an der „Erneuerung“. Dieses Tatbestandsmerkmal stelle klar, dass nur solche Kosten auf die Mieter umlegbar sein sollen, die dem Erhalt der bestehenden oder der Wiederherstellung der vorherigen Bepflanzung dienten. Es setze also voraus, dass auch nach Ende der Gartenarbeiten entsprechendes Gehölz vorhanden sei. Das ersatzlose Fällen von Bäumen, aus welchen Gründen es auch geschehen war, stelle dagegen eine Umgestaltung des Gartens und damit eine Maßnahme dar, die § 2 Nummer 10 der BetrKV nicht mehr erfasse.
Urteilstext
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist wie zuerkannt begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung restlicher Miete für Oktober 2010 in Höhe von 17,90 Euro gem. § 553 Abs. 2 BGB. Im Übrigen ist der Anspruch auf Zahlung der Miete für Oktober 2010 durch Aufrechnung der Beklagten erloschen (§ 389 BGB).
Der nur anteiligen Überweisung der Miete für Oktober 2010 ist eine konkludente Aufrechnungserklärung nach der Ankündigung der Beklagten aufrechnen zu wollen, zu entnehmen.
Die Beklagte hat in Höhe von 283,50 Euro einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Betriebskostenvorschüsse.
Denn Kosten der Gartenpflege waren in Höhe von 255,99 Euro nicht auf die Beklagte umlegbar.
Die Klägerin konnte Kosten für das Fällen von Bäumen nicht auf die Beklagte umlegen.
Die Frage, ob Baumfällkosten im Rahmen der Betriebskostenabrechnung auf die Mieter umlegbar sind, ist in Rechtssprechung und Literatur umstritten.
Nach Wortlaut und Sinn und Zweck der Vorschrift der BetrKV (§ 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 sowie § 2 Nr. 10), die nach § 17 des Mietvertrages dem Mietverhältnis zugrunde liegt, sind Baumfällkosten nach Ansicht des Gerichts nicht auf die Mieter umlegbar.
Das Fällen von Bäumen führt in durchschnittlichen Mietergärten nicht zu „laufend entstehenden“ Kosten i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrKV. Das Merkmal der „laufenden Entstehung“ setzt zwar nicht voraus, dass die Kosten jährlich entstehen. Es genügt auch ein mehrjähriger Turnus. Erforderlich ist jedoch, dass sie relativ regelmäßig anfallen. Das ist bei Baumfällkosten nicht der Fall. Denn Bäume werden häufig mehrere Jahrzehnte alt. Dass sie gefällt werden, ist eine außergewöhnliche Maßnahme, die sich nicht in den Rahmen üblicher Gartenpflegearbeiten fügt.
Das Merkmal der „laufenden Entstehung“ stellt zudem sicher, dass nur solche Kosten auf den Mieter umgelegt werden, die für ihn überschaubar und erwartbar sind. Die Vorschrift dient dem Mieterschutz und verhindert, dass Mieter „zufällig“ mit außerordentlich hohen Kosten belastet werden, die ihnen im Lauf ihrer möglicherweise nur kurzen Mietzeit nicht zugute kommen.
§ 2 Nr. 10 der BetrKV führt zu keinem anderen Ergebnis. Nach dieser Vorschrift können entgegen § 1 Abs. 2 N. 2 BetrKV ausnahmsweise auch regelmäßig anfallende Instandsetzungsmaßnahmen umlegbare Betriebskosten darstellen. Wegen ihres Ausnahmecharakters ist sie aber jedenfalls eng auszulegen. Das bloße Fällen von Bäumen wird nicht vom Tatbestandsmerkmal „Erneuerung von Gehölzen“ erfasst. Selbst wenn Bäume trotz ihrer Größe unter den Begriff des „Gehölzes“ fallen sollten, fehlt es jedenfalls an der „Erneuerung“. Dieses Tatbestandsmerkmal stellt klar, dass nur solche Kosten auf die Mieter umlegbar sein sollen, die dem Erhalt der bestehenden oder der Wiederherstellung der vorherigen Bepflanzung dienen. Es setzt also voraus, dass auch nach Ende der Gartenarbeiten entsprechendes Gehölz vorhanden ist. Das ersatzlose Fällen von Bäumen, aus welchen Gründen es auch geschehen war, stellt dagegen eine Umgestaltung des Gartens und damit eine Maßnahme dar, die § 2 Nr. 10 der BetrKV nicht mehr erfasst.
Der Klägerin entstanden nur umlagefähige Gartenpflegekosten in Höhe von 1.697,53 Euro, wovon auf die Beklagte 171,44 Euro entfallen.
Die Kosten aus den Rechnungen in Höhe von 1.963,50 Euro und in Höhe von 571,20 Euro durften nicht auf die Mieter umgelegt werden. Zwar enthält die Rechnung in Höhe von 571,20 Euro neben Baumfällkosten auch grundsätzlich umlagefähige Kosten für das Ausasten. Die Rechnung schlüsselt jedoch Baumfällkosten und die Kosten für das Ausasten nicht auf. Die Klägerin hat insoweit auch nichts vorgetragen.
Die weiteren Einwendungen gegen die Gartenpflegekosten sind unerheblich. Insbesondere geht aus den Rechnungen hervor, dass die Klägerin die Kosten der Entsorgung von Grüngut umgelegt hat.
Die in die Abrechnung eingestellten Hausmeisterkosten in Höhe von 27,51 Euro sind ebenfalls nicht umlegbar.
Denn die Verteilung dieser Kosten auf zwei andere Kostenarten im Rahmen einer nach Ablauf der Abrechnungsfrist erfolgten Korrektur ist unwirksam. Denn Nachforderungen bzgl. Einzelpositionen sind auch dann ausgeschlossen, wenn die Gesamtsumme den ursprünglichen Abrechnungsbetrag nicht überschreitet. Der Ablauf der Abrechnungsfrist hat zur Folge, dass Nachforderungen, die nach Ablauf der Frist geltend gemacht werden, das Ergebnis der fristgemäß vorgelegten Rechnung weder in den Einzelpositionen noch insgesamt überschreiten dürfen.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung der Rückbuchungsgebühr, denn sie ließ deren Anfall bestritten.
Die Klägerin hat Anspruch auf Verzugszinsen gem. §§ 286, 288 BGB. Denn die Zahlung der Miete ist jeweils zum 3. Werktag eines Monats fällig.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 a, 92 Abs. 2 und 269 Abs. 3 S. 2, 1. HS ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hat die Klägerin die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, denn die Beklagte durfte zunächst davon ausgehen, dass ihr ein Rückforderungsanspruch insoweit zusteht. Sie konnte nach Vorlage der ursprünglichen Betriebskostenabrechnung nicht erkennen, um welche Kosten es sich handelt.
Die weitere Nebenentscheidung folgt aus §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Streitwert: bis 600,00 Euro
25.10.2017