Leitsätze:
1. Die formelle Unwirksamkeit einer Heizkostenabrechnung schließt nicht aus, dass die Mieter zuviel gezahlte Vorschüsse auf Grund eigenständiger Berechnung auf der Grundlage ihnen vorliegender Unterlagen zurückfordern können.
2. Eine Befreiung nach § 11 I Nr. 5 HeizkostenVO lässt sich nicht mit einer Befreiung von der Verpflichtung zur Anbringung von Thermostatventile rechtfertigen.
3. Der Vermieter kann Hauswartskosten bei gleichzeitig in den Kosten enthaltenen Aufwendungen für Verwaltungs- und Instandhaltungsleistungen nur umlegen, wenn er einen Abzug nachvollziehbar vornimmt. Umgekehrt kann der Mieter bei Rückforderung der Vorschüsse die Hauswartskosten nur dann nicht berücksichtigen, wenn er deren fehlenden Anfall darlegt.
LG Berlin, Urteil vom 28.9.04 – 65 S 212/04 –
Mitgeteilt von RA Friedrich-W. Lohmann
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange begründet und war im Übrigen zurückzuweisen.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Streit der Parteien über die formelle Wirksamkeit der Heizkostenabrechnungen nicht von vorrangiger Bedeutung ist, denn die Beklagten machen insoweit eine Rückforderung angeblich zuviel geleisteter Vorschüsse geltend, und hierfür ist maßgeblich, ob ihrer Berechnung eines Guthabens gefolgt werden kann oder nicht. Ähnlich wie bei der Rückforderung gezahlter Vorschüsse bei Nichtabrechnung durch den Vermieter (vgl. OLG Braunschweig, GE 1999, 1213; LG Köln, WM 1989, 28), muss der Mieter eine eigenständige Berechnung auf der Grundlage der ihm vorliegenden Unterlagen anstellen, denn letztlich geht es ihm um die Rückzahlung angeblich zuviel geleisteter Vorschüsse.
Zunächst nehmen die Beklagten zu Recht von den Heizkostenabrechnungen einen Abzug von 15 % vor, denn ihnen steht insoweit ein Kürzungsrecht nach § 12 HeizkVO zu. Soweit die Kosten der Versorgung mit Wärme oder Warmwasser nämlich entgegen den Vorschriften der HeizkVO abgerechnet werden, hat der Mieter das Recht, bei der nicht verbrauchsabhängigen Abrechnung der Kosten den auf ihn entfallenden Anteil um 15 % zu kürzen. Vorliegend erfolgte die nicht verbrauchsabhängige Abrechnung entgegen den Vorschriften der HeizkVO. Grundsätzlich ist der Verbrauch der Nutzer an Wärme und Warmwasser nach Verbrauch zu erfassen, § 4 HeizkVO, so dass demnach auch eine Verpflichtung zur verbrauchsabhängigen Kostenverteilung besteht (§ 6 HeizkVO). Ausnahmen sehen insoweit nur die §§ 9 a und 11 HeizkVO vor, deren Voraussetzungen vorliegend jedoch nicht gegeben sind. § 9 a HeizkVO ist schon deshalb nicht anwendbar, weil es Geräte, die ausgefallen sein könnten, überhaupt nicht gibt. Ein Fall des § 11 Abs. 1 Nr. 5 HeizkVO, wonach die zuständige Landesbehörde unter besonderen Umständen von den Anforderungen der HeizkVO befreien kann, um einen unangemessenen Aufwand oder sonstige Härten zu vermeiden, liegt ebenfalls nicht vor. Soweit das Bezirksamt den Kläger von der Verpflichtung zum Einbau von Thermostatventilen befreit hat, liegt hierin keine Befreiung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 HeizAnlV0; vielmehr ist das Bezirksamt insoweit nur im Rahmen des § 12 HeizAnlVO a.F. tätig geworden. Thermostatventile sind aber keine Wärmeverbrauchserfassungsgeräte, sondern sollen nur die Dosierung der Wärmezufuhr regulieren helfen. Für die Erfassung des Wärmeverbrauchs sind Thermostatventile nicht geeignet, so dass die Befreiung von deren Einbau nicht gleichzeitig eine Befreiung vom Einbau von Wärmeerfassungsgeräten darstellt. Dass die Anbringung der Ausstattung zur Verbrauchserfassung, die Erfassung des Wärmeverbrauchs oder die Verteilung der Kosten des Wärmeverbrauchs nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich ist, § 11 Abs. 1 Nr. 1 HeizkVO, hat der Kläger nicht substantiiert dargetan. Wieso zum Beispiel keine Heizröhrchen angebracht werden können, ist nicht einsichtig und vom Kläger auch gar nicht dargetan worden. Soweit sich der Kläger auf das Gutachten der TPG beruft, hat dieses nur festgestellt, dass sich die Kosten für die Realisierung der Forderung gemäß § 7 Abs. 2 HeizAnlV (selbstständig wirkende Einrichtungen zur raumweisen Temperaturregelung) auf 63.870,– DM belaufen würden. Dass festgestellt worden ist, dass ein Einbau von Wärmeerfassungsgeräten in die alten Heizkörper nicht möglich sei, hat der Kläger nur unsubstantiiert vorgetragen. Aus dem Gutachten der TPG, auf das sich der Kläger ausdrücklich beruft, ergibt sich dies gerade nicht, denn das Gutachten setzt sich mit der Möglichkeit des Einbaus von Wärmeerfassungsgeräten gerade nicht auseinander. Der angebotene Zeuge L. ist ebenfalls kein geeigneter Beweisantritt für die Behauptung, Wärmeerfassungsgeräte könnten nicht angebracht werden, denn dieser ist ganz offensichtlich nur im Rahmen des Gutachtens der TPG und damit nur im Zusammenhang mit der Frage des Einbaus von Thermostatventilen beauftragt worden. Dass und inwieweit dieser Feststellungen zum Einbau von Wärmeerfassungsgeräten getroffen hat, hat der Kläger – auch auf die Auflage in der Ladungsverfügung – nicht dargetan. Die Vernehmung des Zeugen L. stellte sich unter diesen Umständen als unzulässiger Ausforschungsbeweis dar.
Darüber hinaus ist auch nicht substantiiert dargetan worden, dass die Anbringung von Wärmeerfassungsgeräten einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde. Die von der TPG ermittelten Kosten können aus den oben genannten Gründen nicht herangezogen werden. Soweit der Kläger Kosten von 60000,- DM erwähnt, beziehen sich diese auf den Austausch aller Heizkörper. Es ist aber schon nicht dargetan, warum ein derartiger Austausch überhaupt erforderlich sein soll.
Dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 1 b) HeizkVO vorliegen, hat der Kläger nicht behauptet und es ist – auch wenn die Heizkörper über keine Thermostatventile verfügen – nicht davon auszugehen, dass die Beklagten den Wärmeverbrauch selbst nicht steuern können, mithin die Heizkörper nicht selbst an- und ausstellen können.
Die Voraussetzungen der Nrn. 2 bis 4 des § 11 Abs. 1 HeizkVO liegen selbstredend nicht vor.
Darüber hinaus sind allerdings die Kosten des Hauswarts im Rahmen der Berechnung der Rückforderung zuviel gezahlter Vorschüsse nicht aus den Betriebskostenabrechnungen herauszurechnen. Zwar ergibt sich aus dem Hauswartsvertrag, dass der Hauswart hinsichtlich der Heizungsanlage auch Wartungsarbeiten, mithin Instandsetzungsarbeiten durchzuführen hat und dass und in wie weit derartige Kosten nicht angefallen sind, hat der Kläger nicht dargetan. Auch hat grundsätzlich im Rahmen der Geltendmachung von Nachzahlungsforderungen aus Betriebskostenabrechnungen der Vermieter die Billigkeit des gewollten Umlageschlüssels darzulegen und zu beweisen und dazu gehört zumindest die Angabe, wie der Abzug für Verwaltungs- und Instandsetzungstätigkeiten zustande kommt. Geschieht dies nicht, so ist die Betriebskostenabrechnung um die gesamten Hauswartskosten zu kürzen (Urteil der Kammer zu 65 S 327/01 in GE 2003, 257, 258). Etwas anderes hat jedoch für den vorliegenden Fall der Rückforderung zu viel gezahlter Betriebskostenvorschüsse zu gelten. Nach der Rechtsprechung des OLG Braunschweig NZM 1999, 751 (ebenso LG Berlin, ZMR 2000, 534) kann der Mieter zwar die für die nicht abgerechneten Zeiträume geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen zurückverlangen, allerdings nur soweit sie nicht durch unstreitig entstandene Nebenkosten verbraucht sind, wobei er anhand gegebener Anhaltspunkte die Mindesthöhe der tatsächlich entstandenen Nebenkosten zu schätzen und annäherungsweise vorzutragen hat. Dass bedeutet aber, dass die Beklagten sich nicht mit der Abrechnung selbst, sondern mit den ihnen überlassenen einzelnen Belegen auseinandersetzen müssen. Vorliegend haben die Beklagten aber nur bestritten, dass der Hausmeister auch die Heizungsanlage etwa vier- bis fünfmal in der Woche, im Winter täglich überwacht hat. Dass diese Kosten tatsächlich nicht entstanden sind, wird nicht unter Beweisantritt behauptet. …
17.11.2015