Leitsätze:
1. Für die Frage, ob es sich um Drittmittel für Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen handelt, ist auf den durch den Fördergeber bestimmten Verwendungszweck abzustellen. Drittmittel im Sinne des §558 Abs. 5 BGB sind auch bei einer Förderung nach den ModInstRL 95 zu berücksichtigen.
2. Der Umstand, dass dem Vermieter unter Umständen unzureichende Unterlagen über die Abrechnung der Baumaßnahmen zur Verfügung stehen oder diese Angabe erheblichen Aufwand bereiten würde, ändert nichts an seiner Verpflichtung, Drittmittel für den Mieter nachvollziehbar anzugeben, wenn er von ihm die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt.
3. Eine vertraglich vereinbarte Mietobergrenze schließt die Anwendbarkeit von § 558 Abs. 5 BGB grundsätzlich nicht aus.
4. Auch der Mieter, der erst nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten den Mietvertrag begründet, kann die Berücksichtigung von Drittmitteln nach § 558 Abs. 5 BGB verlangen.
AG Lichtenberg, Urteil vom 1.2.05 – 6 C 369/04 –
Urteilstext
Aus dem Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Zustimmung zu einer Mieterhöhung.
Die Klägerin ist Vermieterin, der Beklagte seit dem 1. Juli 2001 Mieter einer Wohnung. Vor Abschluss des Mietvertrages wurde die Wohnung durch die Klägerin instandgesetzt und modernisiert. Hierfür erhielt sie Aufwendungs- und Baukostenzuschüsse von dem Land Berlin auf der Grundlage der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Modernisierung und Instandsetzung von Altbauten – Programmteil „Soziale Stadterneuerung“ (ModlnstRL 95 – soziale Stadterneuerung) – vom 21. September 1994 (Abl. Berlin S. 3467). Gemäß Ziff. 1 der Richtlinie ist der Zuwendungszweck die Förderung von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen zur Erreichung der Ziele der Stadterneuerung. In Ziff. 5.7 ist bestimmt, dass in die Förderverträge eine Klarstellung aufgenommen werden soll, nach der „im Hinblick auf die bei Mietererhöhungsverlangen nach §§ 2 und 3 MHG zu berücksichtigenden Kürzungsbeträge … die Baukostenzuschüsse für Instandsetzungsmaßnahmen gewährt werden und dass die Modernisierungsmaßnahmen grundsätzlich als durch Eigenleistung des Eigentümers finanzierte Baumaßnahmen angesehen werden.“
Gemäß § 4 Abs. 1 und 2 des Fördervertrages vom 18. November 1998, der zwischen dem Land Berlin und der Klägerin abgeschlossen wurde, beteiligt sich das Land Berlin an den Kosten der Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. In § 4 Abs. 8 heißt es:
„Im Hinblick auf § 2 Abs. 1 S. 1 MHG … gehen die Vertragspartner von folgendem aus: Die Baukostenzuschüsse sind als Beitrag zur Deckung der unrentierlichen Kosten der Instandsetzungsmaßnahen bestimmt. Die AZ (Aufwendungszuschüsse) sind als Beitrag zur Deckung von Bewirtschaftungsdefiziten aus den laufenden Aufwendungen für Instandsetzungsmaßnahmen bestimmt. Die nach der Förderberechnung einzusetzenden Eigenmittel sind zur Finanzierung der Kosten der Modernisierungsmaßnahmen bestimmt. Die sich nach § 7 ergebenden Mietenverzichte betreffen somit die von Eigentümer finanzierte Kosten der Maßnahmen und führen zu keinen Kürzungsbeträgen im Sinn von § 2 Abs. 1 S. 2 MHG.“
Gemäß § 7 a Abs. 1 des Vertrages darf die Klägerin während des Bindungszeitraums der Förderung (gemäß § 10 mindestens 20 Jahre) die Miete „nur bis zu dem
Durchschnittswert aus den nach Maßgabe des Baualters, der Ausstattung und der Wohnlage maßgeblichen Mittelwerten des Mietspiegels für Wohnungen der Größe 40 bis 60 qm und für Wohnungen der Größe 60 bis 90 qm“ erhöhen.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Richtlinie und den Fördervertrag vom 18. November 1998 Bezug genommen. Mit Schlussabrechnung der Klägerin vom 24. Oktober 2001 und der Investitionsbank Berlin vom 23. Juni 2003 wurde über die Gesamtbaukosten abgerechnet und auf deren Grundlage die Förderbeträge errechnet.
Mit Schreiben vom 13. April 2004 verlangte die Klägerin von dem Beklagten die Zustimmung einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf 4,71 Euro/qm. In dem Schreiben sind die von dem Land Berlin gewährten Fördermittel weder angegeben noch in die Mietberechnung einbezogen worden.
Die Klägerin meint, auf Grund der Vorgabe der ModinstRL 95 und der Regelung in § 4 Abs. 8 des Fördervertrages seien die Fördermittel nur für Instandsetzungsmaßnahmen gewährt worden und als solche bei der Mieterhöhung nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung im Hause D-straße in Berlin, auf nunmehr 300,97 Euro monatlich, zuzüglich Nebenkostenvorauszahlungen wie bisher, mit Wirkung ab dem 1. Juli 2004 zuzustimmen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unzulässig. Die Klägerin kann derzeit nicht einen etwaigen Anspruch gegen den Beklagten auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung nach § 558 BGB klageweise geltend machen.
Gemäß § 558 b Abs. 2 BGB kann der Vermieter Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung nach Ablauf von 2 Monaten nach Zugang des – formell wirksamen, § 558 a BGB – Mieterhöhungsverlangens erheben. Der Fristablauf und damit der Zugang eines ordnungsgemäßen Mieterhöhungsverlangens sind daher besondere Zulässigkeitsvoraussetzungen (vgl. Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, § 558 b, Rdnr. 81 m.w.N.). Das Erhöhungsverlangen der Klägerin vom 13. April 2004 genügt nicht den Anforderungen des § 558 a BGB. Es ist mangels hinreichender Begründung formell unwirksam.
Die nach § 558 a Abs. 1 BGB erforderliche Begründung ist dann ausreichend, wenn der Vermieter dem Mieter alle Angaben mitteilt, die erforderlich sind, damit der Mieter die Berechtigung der verlangten Mieterhöhung überprüfen kann. Öffentliche Fördermittel für Modernisierungsmaßnahmen sind nach § 558 Abs. 5 BGB bei der Berechnung der Miete zu berücksichtigen. Die Angabe dieser Mittel ist daher eine Voraussetzung für ein formell ordnungsgemäßes und wirksames Erhöhungsverlangen (BGH WM 2004, 283, 284). Die Klägerin hat die von dem Land Berlin auf Grund des Fördervertrages vom 18. November 1998 gewahrten Mittel in ihrem Schreiben vom 18. November 1998 nicht angegeben. Die Angabe der Fördermittel wäre jedoch für eine ausreichende Begründung des Erhöhungsverlangens erforderlich gewesen, da sie bei der Mietberechnung nach § 558 Abs. 5 BGB zu berücksichtigen sind.
a. Bei den von dem Land Berlin auf Grund des Vertrages vom 18. November 1998 gewährten Mittel handelt es sich um anrechenbare Drittmittel für eine Modernisierung.
Von der ortsüblichen Miete abzuziehen sind Drittmittel i.S.d. § 559 a BGB, d.h. solche, die für Modernisierungsmaßnahmen gewährt werden. Nicht zu beachten, und daher in dem Erhöhungsverlangen auch nicht dem Mieter mitzuteilen, sind Drittmittel, die für die Instandsetzungsarbeiten gewährt wurden. Für die Frage, ob es sich um Drittmittel für Modernisierungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen handelt, ist auf den durch den Fördergeber bestimmten Verwendungszweck abzustellen (Börstinghaus a.a.O., § 559 a BGB, Rdnr. 9; Artz in Münchner Kommentar, 4. Aufl. 2004, § 559 a BGB, Rdnr. 2).
Das Land Berlin hat der Klägerin auf der Grundlage der ModinstRL 95 und des Fördervertrages vom 18. November 1998 Baukosten- und Aufwendungszuschüsse für die Finanzierung von Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten gewährt. Dass der Verwendungszweck auch in der Finanzierung von Modernisierungen bestand, ergibt sich aus Nr. 1 und 2 der ModlnstRL und § 4 Abs. 1 und 2 des Fördervertrages vom 18. November 1998. In beiden heißt es, das Land Berlin gewähre Förderungen für Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten. Ausweislich der Richtlinie war maßgeblich für die Förderung, dass die Baumaßnahme der Beseitigung von städtebaulichen Missständen und Mängel diente. Ob es sich dabei um Modernisierungen oder Instandsetzungen in mietrechtlicher Hinsicht handelte, war unerheblich. In dem Antrag der Klägerin auf Förderung nach der ModlnstRL 95 sind Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten gleichermaßen enthalten. Das gilt ebenso für die Schlussabrechnung der Klägerin vom 24. Oktober 2001 und die der Investitionsbank Berlin vorn 23. Juni 2003. Der Berechnung der Förderung wurden die Gesamtbaukosten ohne Differenzierung zwischen und Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten zu Grunde gelegt. Der Verwendungszweck bezog sich daher auf die Gesamtbaumaßnahme einschließlich der Modernisierungen.
Dieser Verwendungszweck wird nicht durch Ziff. 5.7 der ModlnstRL 95 und § 4 Abs. 8 des Fördervertrages in Frage gestellt. Danach sollen die Fördermittel im Hinblick auf § 2 MHG (heute § 558 BGB) als Drittmittel nur für die Instandsetzungsarbeiten angesehen werden, während die Modernisierung allein als durch die Eigenmittel des Vermieters abgedeckt gelten soll. Diese Regelung bestimmt nicht den tatsächlichen Verwendungszweck, sondern bezweckt einzig und allein den Vermieter von der Anrechnung der Drittmittel bei Mieterhöhungen freizustellen. Weder die ModlnstRL 95 noch der Fördervertrag sind jedoch geeignet, eine zum Nachteil des Mieters abweichende Regelung von der Anrechnungspflicht nach § 558 Abs. 5 BGB herbeizuführen. Bei der ModInstRL 95 folgt dies aus ihrer Rechtsnatur als Verwaltungsvorschrift, der nur eine behördeninterne Bindung zukommt. Aus dem Fördervertrag folgen Rechte und Pflichten nur für die Vertragsparteien, das Land Berlin und die Klägerin. Vereinbarungen zu Lasten Dritter, die zudem nach § 558 Abs. 6 BGB unzulässig wären, sind ohne dessen Mitwirkung nicht möglich.
Dass die Drittmittel tatsächlich nicht nur für die Instandsetzungsarbeiten bestimmt waren, ergibt sich zum einen aus dem bereits dargelegten Umstand, dass der Berechnung der Fördermittel die Gesamtbaukosten zu Grunde gelegt wurden. Ferner gibt die Klägerin selbst an, sie könne die Kosten für Modernisierung und Instandsetzung nicht trennen, was jedoch im Fall der Förderung nur der Instandsetzungskosten erforderlich gewesen wären. Mithin ist nicht einmal erkennbar, ob die Fördermittel nicht sogar den für die Instandsetzung aufgewendeten Betrag übersteigen.
Der Einwand der Klägerin, es sei ihr heute nicht mehr möglich nachzuvollziehen, für welche Kosten die Drittmittel verwendet wurden, ist unbeachtlich. Der Umstand, dass dem Vermieter u.U. unzureichende Unterlagen über die Abrechnung der Baumaßnahme zur Verfügung stehen oder diese Angabe erheblichen Aufwand bereiten würde, ändert nichts an seiner Verpflichtung, Drittmittel für den Mieter nachvollziehbar anzugeben, wenn er von ihm die Zustimmung zu einer Mieterhöhung verlangt (vgl. KG NZM 2002, 211, 212).
b. Eine Anrechnung der Fördermittel verbietet sich auch nicht auf Grund einer verfassungskonformen Auslegung des § 558 Abs. 5 BGB.
Sinn und Zweck der Regelung ist, dass die öffentlichen Mittel nicht nur dem Vermieter zugute kommen sollen, sondern auch dem Mieter. Der Vermieter soll nicht höhere Mieteinnahmen auf Grund von Investitionen erlangen können, die letztlich nicht er, sondern die öffentliche Hand getätigt hat (vgl. VerfGH Berl GE 2001, 50, 51; Börstinghaus a.a.O., § 558 BGB, Rdnr. 214). Vor dem gleichen Hintergrund ist in § 7 a des Fördervertrages vom 18. November 1998 eine Mietobergrenze festgelegt worden. Sofern der Vermieter auf Grund der vertraglichen Beschränkung der Mieterhöhung als auch auf Grund des § 558 Abs. 5 BGB die Fördermittel doppelt in Abzug bringen müsste, wäre er ungerechtfertigt belastet, worin ein unzulässiger Eingriff in sein Eigentumsrecht (Art. 14 GG) liegen könnte (vgl. VerfGH Berl GE 2001, 50, 51 f).
Eine solche Doppelbelastung der Klägerin folgt hier jedoch aus der Verpflichtung zum Abzug der Kürzungsbeträge nicht. Der Abzug ist nämlich nicht von der nach dem Fördervertrag zulässigen Miete, sondern von der nach § 558 Abs. 2 BGB zu ermittelnden ortsüblichen Vergleichsmiete vorzunehmen. Sollte sich daraus ein Betrag ergeben, der noch oberhalb der nach dem Fördervertrag zulässigen Miete liegt, würde sich der Abzug nicht auswirken. Sollte sich ein Betrag ergeben, der unterhalb dieser Miete liegt, käme es im Ergebnis nicht auf die vertragliche Begrenzung an, sondern könnte die Zustimmung zu der nach § 558 Abs. 2 und 5 BGB ermittelten Miete verlangt werden. Im Ergebnis würde allenfalls eine der Mietbegrenzungen eingreifen. Eine unzulässige Doppelbelastung liegt nicht vor. Die vertragliche Mietbegrenzung lässt daher die Angabe der Fördermittel für eine ordnungsgemäße Begründung des Mieterhöhungsverlangens unberührt (KG NZM 2002, 211).
c. Auch der Umstand, dass der Mietvertrag zwischen den Parteien nach Abschluss der Baumaßnahme geschlossen wurde, steht einer Anrechnung der öffentlichen Mittel und damit der erforderlichen Angabe in dem Mieterhöhungsverlangen nicht entgegen.
§ 558 Abs. 5 BGB schreibt die Berücksichtigung von Drittmitteln im Sinne des § 559 a BGB vor. Nach § 559 a BGB gehören für Modernisierungsmaßnahmen gewährte Drittmittel nicht zu den aufgewendeten Kosten mit der Folge, dass der Vermieter sie nicht durch eine Mieterhöhung nach Modernisierung gemäß § 559 BGB auf den Mieter umlegen kann. Aus diesem Verweis auf die Regelungen zu der Mieterhöhung nach Modernisierung wird zum Teil hergeleitet, dass die Anrechnungspflicht nur bei solchen Mietverhältnissen besteht, die bereits vor der Modernisierung begründet wurden, da nur bei diesen eine Mieterhöhung nach Modernisierung in Betracht kommt. Der Gesetzgeber habe mit der Regelung in § 558 Abs 5 BGB lediglich sicher stellen wollen, dass der Vermieter nicht unter Verzicht auf eine Mieterhöhung nach Modernisierung gemäß § 559 BGB die Miete nach § 558 BGB erhöht und dabei die Anrechung von Drittmitteln nach § 559 a BGB umgeht (vgl. Börstinghaus a.a.O., § 558 BGB, Rdnr. 219; Artz a.a.O., § 558 BGB, Rdnr. 40; Schach GE 2004, 278, 282 m.w.N.).
Eine solche Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 558 Abs. 5 BGB gibt der Wortlaut der Norm jedoch nicht her. Der Verweis auf § 559 a BGB erfolgt lediglich zur Definition derjenigen Beträge, die bei der Berechnung einer nach § 558 BGB zulässigen Miete zu berücksichtigen sind. Ob und inwiefern diese bei einer Modernisierungsmieterhöhung in Abzug gebracht wurden, spielt dabei keine Rolle. Dies würde auch Sinn und Zweck der Regelung des § 558 Abs. 5 BGB widersprechen (ebenso LG Berlin 62 Kammer GE 2004, 297, LG Berlin 61, Kammer GE 2004, 298; Kunze/Tietzsch WuM 2003, 423, 424). Sollen die öffentlichen Mittel dem Mieter zugute kommen und nicht dem Vermieter eine Erhöhung seiner Einnahmen ermöglichen, macht es keinen Unterschied, wann das Mietverhältnis begründet wurde. Warum die Fördermittel wirtschaftlich allein dem Vermieter bei Neuabschluss des Mietvertrages zufließen sollen, vermögen auch diejenigen nicht zu erklären, die hier eine restriktive Auslegung des § 558 Abs. 5 BGB befürworten. Um eine ungerechtfertigte Begünstigung des Vermieters zu vermeiden, wird von den Vertretern dieser Auffassung zum Teil empfohlen, dies über vertragliche Regelungen zu korrigieren (so Börstinghaus a.a.O., § 558 BGB, Rdnr. 219; Schach GE 2004, 278, 282). Nach § 558 Abs. 5 und Abs. 6 BGB soll es aber nicht zur Disposition des Fördergebers stehen, ob die für die Modernisierung gewährten Mittel dem Mieter zukommen oder nicht. …
28.02.2013