Leitsatz:
Die Auswechslung funktionsfähiger älterer Verdunstungsgeräte gegen moderne elektronische und mit Funktechnik versehene Wärmemengenzähler hat der Wohnraummieter zu dulden.
AG Lichtenberg, Urteil vom 2.5.07 – 7 C 101/07 –
Mitgeteilt von RAin Angelika Böttcher
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist begründet. Die Beklagte ist gegenüber der Klägerin zur Duldung des Austausches der vorhandenen – nach dem Verdunstungsprinzip arbeitenden – Wärmemengenzähler gegen elektronische und mit Funktechnik ablesbare Wärmemengenzähler verpflichtet.
I. Dabei konnte dahinstehen, ob ein Anspruch des Vermieters auf Duldung des Austausches bereits vorhandener Wärmeerfassungsgeräte – jeweils als lex specialis – allein aus § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 HeizkostenV (vgl. LG Hamburg, WuM 1990, 33; Schmid, Handbuch der Mietnebenkosten, 9. Aufl. 2005, Kap. B Rz. 6119), allein aus § 554 Abs. 2 BGB (vgl. LG Kassel, NZM 2006, 818; Lammel, Heizkostenverordnung, 1990, § 4 Rz. 42 (zum Verhältnis der HeizkostenV zu § 541 b Abs. 1 BGB a.F.)) oder auch aus beiden Vorschriften folgen kann (vgl. Eisenschmid, in: Schmidt/Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 554 Rz. 169; Kreuzberg/Wien, Handbuch der Heizkostenabrechnung, 6. Aufl. 2005, S. 24; Lammel, in: Schmidt/Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, § 4 HeizkostenV Rz. 14). Die Beklagte hat den Austausch der Wärmemengenzähler im tenorierten Umfang nämlich sowohl nach § 554 Abs. 2 BGB als auch nach § 4 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 HeizkostenV zu dulden.
1. Gemäß § 554 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB hat der Mieter solche Maßnahmen zu dulden, die der Verbesserung der Mietsache dienen. Darunter fällt jede Veränderung der Mietsache, die im Rahmen ihres Zwecks den Gebrauchswert erhöht und eine bessere Benutzung ermöglicht. Die Maßnahme muss nach der Verkehrsanschauung geeignet sein, die Attraktivität der Mietsache für künftige Mietinteressenten zu erhöhen (vgl. BGH, NJW 2005, 2995). So liegt der Fall hier.
Die Maßnahme erhöht die Attraktivität der Mietsache für künftige Mietinteressenten dadurch, dass die Ablesung der Erfassungsgeräte vereinfacht wird. Wegen der nunmehr möglichen Funkablesung ist es für den Mieter nicht mehr nötig, am vereinbarten Ablesetermin selbst in der Wohnung anwesend zu sein oder Dritte damit zu beauftragen, Mitarbeitern des Ableseunternehmens Zutritt zur Mietsache zu gewähren, um sodann womöglich auch noch den Ablesevorgang behinderndes Inventar verräumen zu müssen (vgl. AG Frankfurt a.M., ZMR 2006, 292). Diese Erleichterung kommt zwar vornehmlich erwerbstätigen, weniger hingegen erwerbslosen Mietern wie der Beklagten zugute, die sich – so ihr Einwand – ohnehin auch tagsüber häufig in den Mieträumen aufhalten, so dass die Gebrauchswerterhöhung letzteren gegenüber eher gering zu veranschlagen ist. Darauf kommt es aber wegen des objektiven Maßstabes für die Gebrauchsverbesserung im Rahmen des § 554 Abs. 2 BGB im Ergebnis nicht an (vgl. BGH, a.a.O).
Auch die von der Beklagten mit dem Betrieb der Ablesegeräte einhergehende befürchtete Strahlenbelastung steht einer Duldungspflicht nach § 554 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Die Beklagte hätte den Austausch der Wärmeerfassungsgeräte nur dann nicht zu dulden, wenn von den funkgesteuerten Erfassungsgeräten Gesundheitsgefahren ausgingen oder solche ernstlich zu besorgen wären. Das ist vorliegend aber nicht der Fall, da es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass Gesundheitsgefahren von den neuen Geräten nicht ausgehen, § 138 Abs. 3 ZPO. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung entgegen ihrem vorangegangenen schriftsätzlichen Vorbringen ausdrücklich erklärt, eine Gesundheitsgefährdung lediglich zu befürchten. Daraus folgt – insbesondere vor dem Hintergrund der detaillierten Angaben der Klägerin zur konkreten Strahlenbelastung im Schreiben vom 22. Dezember 2006 – indes keine konkrete, sondern lediglich eine abstrakte Gesundheitsgefahr, die dem Betrieb der neuen Ablesegeräte in den Mieträumen nicht entgegensteht (vgl. BGH, WuM 2006, 304).
Letztlich steht auch der im Vergleich zu den bisherigen Geräten um 2 Euro auf 3,33 Euro je Heizkostenverteiler erhöhte Jahresmietzins einer Duldungspflicht der Beklagten nicht entgegen; einen etwaigen Verstoß der Klägerin gegen das aus den §§ 556 Abs. 3 Satz 1 2. Halbs., 560 Abs. 5 BGB folgende Wirtschaftlichkeitsgebot kann die Beklagte nämlich nicht dem Duldungsanspruch, sondern allenfalls einem etwaigen Zahlungsanspruch der Klägerin aus einer zukünftigen Heizkostenabrechnung entgegenhalten (vgl. AG Frankfurt a.M., a.a.O.).
Den Mitteilungspflichten des § 554 Abs. 3 BGB ist die Klägerin gerecht geworden. Einer Mitteilung nach § 554 Abs. 3 Satz 1 BGB bedurfte es nicht, da es sich bei den streitgegenständlichen Maßnahmen um Bagatellmaßnahmen nach § 554 Abs. 3 Satz 3 BGB handelt, die nicht zu einer erheblichen Mieterhöhung führen.
2. Die Beklagte hätte den Austausch daneben auch nach § 4 Abs. 2 1. Halbs. HeizkostenV zu dulden, sofern dieser nicht nur für die Erstausstattung der Mieträume mit Wärmeerfassungsgeräten (vgl. LG Kassel, a.a.O.), sondern auch für deren Austausch einschlägig wäre (vgl. Voelskow, in: Münchener Kommentar, 3. Aufl., § 4 HeizkostenV Rz. 3). Nach § 4 Abs. 2 1. Halbs. HeizkostenV hat der Vermieter die Räume mit Ausstattungen zur Verbrauchserfassung zu versehen und der Nutzer dies zu dulden. Dies gilt auch für die Beklagte. Dabei ist das Gericht auf eine Fehlerkontrolle beschränkt und darf nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Klägerin setzen (vgl. LG Hamburg, WuM 1990, 33). Davon ausgehend ist die Entscheidung der Klägerin zum Austausch der bisherigen gegen die neuen funkgesteuerten Erfassungsgeräte ermessensfehlerfrei erfolgt: Die in Rede stehenden neuen Geräte sind nicht nur durch die HeizkostenV grundsätzlich zugelassen, sondern finden zudem wegen ihrer vereinfachten Ablesung in den letzten Jahren gerichtsbekannt zunehmend Verbreitung. Daneben hatte die Klägerin spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen, dass die übrigen Mieter im streitgegenständlichen Objekt einen Austausch der Erfassungsgeräte bereits geduldet haben. Die Ausstattung muss für diejenigen Nutzer, deren Verbrauch einheitlich abgerechnet werden soll, aber einheitlich sein, wobei unterschiedliche Erfassungsgeräte wegen ihrer unterschiedlichen Technik und Genauigkeit nicht miteinander kombiniert werden können. Demzufolge hätte die Klägerin für den Fall des Verbleibs der bisherigen Verbrauchserfassungsgeräte in der Wohnung der Beklagten jeweils nach § 5 Abs. 2 HeizkostenV eine Vorerfassung durchführen müssen, um so die Anteile der jeweils gleich ausgestatteten Nutzergruppen am Gesamtverbrauch zu ermitteln (vgl. Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Anhang 1 Rz. 37). Dies indes war ihr nicht zuzumuten, so dass die Entscheidung zum Austausch der Erfassungsgeräte auch in der Wohnung der Beklagten ermessensfehlerfrei war.
Dahinstehen konnte schließlich, ob das Ankündigungsschreiben der Klägerin vom 17. November 2006 den Anforderungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV entspricht (vgl. zu den im Einzelnen streitigen Folgen einer unzureichenden Mitteilung Langenberg, a.a.O, Rz. 39 m.w.N.). Einer entsprechenden Mitteilung bedurfte es nämlich spätestens zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht (mehr), nachdem die Beklagte ernsthaft und endgültig eine Duldung wegen der von ihr befürchteten Gesundheitsgefahren verweigert und die Klägerin einen Austausch bei den übrigen Mietern bereits vorgenommen hatte, § 281 Abs. 2 BGB analog. …
23.02.2013