Leitsatz:
Die mietvertragliche Formularklausel: „Bei Auszug müssen Decken, Fenster und Türen weiß gestrichen sein.“ verstößt gegen § 307 BGB und macht die Abwälzung der Schönheitsreparaturen insgesamt unwirksam.
LG Berlin vom 6.7.2010 – 63 S 379/09 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Landgericht argumentiert wie folgt: Zwar betreffe die Farbvorgabe ausdrücklich nur den Zustand bei Rückgabe der Wohnung und nicht auch während des Mietverhältnisses. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18.6.2008 – VIII ZR 224/07 und Urteil vom 22.10. 2008 – VIII ZR 283/07) seien Klauseln, welche die Gestaltungsfreiheit des Mieters für diesen Zeitpunkt einschränken, nicht von vornherein unwirksam. Der Bundesgerichtshof stelle allerdings darauf ab, ob dem Mieter hierbei ein noch ausreichend großer Entscheidungsspielraum bleibe. Diesen Entscheidungsspielraum habe der BGH bei der Vorgabe „in neutralen, hellen, deckenden Farben“ als gewahrt angesehen. Das sei aber nicht mehr der Fall, wenn die Wohnung – wie hier – zwingend in weiß zurückzugeben ist.
Urteilstext
Zum Sachverhalt:
Es geht um die Klausel: „Bei Auszug müssen Decken, Fenster und Türen weiß gestrichen sein.“
Aus den Gründen:
… Der Kl. hat gegen die Bekl. keinen Anspruch auf Ersatz der für die Schönheitsreparaturen erforderlichen Kosten gemäß §§ 280, 281 BGB, da die Überbürdung der Verpflichtung zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen auf die Bekl. nach dem Mietvertrag unwirksam ist. Das Amtsgericht geht zwar zutreffend davon aus, dass § 25 Nr. 3 des Mietvertrags nicht die Verpflichtung beinhaltet, die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses frisch weiß zu streichen. Die Farbvorgabe betrifft auch ausdrücklich nur den Zustand bei Rückgabe der Wohnung und nicht auch während des Mietverhältnisses. Er ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (Urteil vom 18.6.2008 – VIII ZR 224/07, GE 2008, 1045 und Urteil vom 22.10.2008 – VIII ZR 283/07, GE 2008, 621) ferner grundsätzlich ein Interesse des Vermieters anzuerkennen, die Wohnung in einem Dekorationszustand zurückzuerhalten, der dem Geschmack eines größeren Interessentenkreises entspricht. Unter diesem Gesichtspunkt sind Klauseln, welche die Gestaltungsfreiheit des Mieters für diesen Zeitpunkt einschränken, nicht von vornherein unwirksam. Der Bundesgerichtshof stellt allerdings darauf ab, ob dem Mieter hierbei ein noch ausreichend großer Entscheidungsspielraum bleibt. Denn ein wirtschaftlich denkender Mieter wird möglicherweise auch bei der Farbwahl während des Mietverhältnisses berücksichtigen, dass die Wohnung bei Beendigung des Mietverhältnisses ggf. neu zu streichen ist, wenn die von ihm gewählte Farbe nicht von einem größeren Kreis von Mietinteressenten akzeptiert wird. Diesen Entscheidungsspielraum hat der Bundesgerichtshof bei der Vorgabe „in neutralen, hellen, deckenden Farben“ als gewahrt angesehen. Das ist aber nicht der Fall, wenn die Wohnung – wie hier – zwingend in weiß zurückzugeben ist. Diese Vorgabe enthält keinerlei Gestaltungsfreiheit, aus diesem Grund ist der Mieter im vorliegenden Fall ohne jeden Spielraum verpflichtet, die Wohnung auch während des laufenden Mietverhältnisses weiß zu streichen, wenn er eine zusätzliche Endrenovierung vermeiden will. Dies stellt indes eine unangemessene Einengung des Mieters in der Gestaltung der Wohnungsdekoration dar.
Diese unzulässige Einschränkung in der Art der Ausführung der Schönheitsreparaturen führt zur Unwirksamkeit der gesamten Regelung betreffend die Abwälzung der Vornahmepflicht auf den Mieter (BGH, Urteil vom 18. Juni 2008 – VIII ZR 224/07, GE 2008, 1045).
29.06.2017