Leitsatz:
Ein Zwangsverwalter, der auf Abrechnung über die Nebenkosten klageweise in Anspruch genommen wird, ist zur Führung des Prozesses jedenfalls dann nicht mehr befugt, wenn die Zwangsverwaltung vor Rechtshängigkeit der Streitsache aufgehoben worden ist. In diesem Fall ist die Klage mangels Prozessführungsbefugnis des als Zwangsverwalter in Anspruch genommenen Beklagten als unzulässig abzuweisen.
AG Lichtenberg, Urteil vom 14.10.09 – 118 C 115/09 –
Mitgeteilt von RA Norbert Wilke
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist unzulässig. … Es fehlt der Beklagten an der nach § 51 Abs. 1 ZPO erforderlichen Prozessführungsbefugnis.
Bei der Prozessführungsbefugnis handelt es sich um das Recht, einen Prozess als die richtige Partei im eigenen Namen führen zu dürfen. Sie stellt eine Prozessvoraussetzung dar, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (BGH NJW-RR 2006, 138). Im Falle der Zwangsverwaltung nach § 152 ZVG hat der Zwangsverwalter das Recht und die Pflicht, alle Handlungen vorzunehmen, die erforderlich sind, um das Grundstück in seinem wirtschaftlichen Bestand zu erhalten und ordnungsgemäß zu benutzen. Im Rahmen dieser Befugnisse kann der Zwangsverwalter als gesetzlicher Prozessstandschafter des Zwangsverwaltungsschuldners auch in eigenem Namen die materiellen Rechte des Schuldners geltend machen und im Interesse des von ihm verwalteten Teils des Schuldnervermögens Prozesse führen (BGH, VIII ZR 301/03, Seite 4). Gemäß §152 Abs. 2 ZVG tritt der Zwangsverwalter auch in die Rechte und Pflichten aus bestehenden Mietverhältnissen ein. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass der eigentliche Vermieter, der Eigentümer, auf Grund der Zwangsverwaltung die Aufgaben aus dem Mietvertrag nicht mehr erfüllen kann, da ihm die Verwaltung des Grundstücks nach § 148 Abs. 2 ZVG entzogen wurde (vgl. BGH, VIII ZR 330/03, Seite 7).
Mit der Bestellung der Beklagten zur Zwangsverwalterin über das streitgegenständliche Mietobjekt am 6. Dezember 2006 trat diese in die Rechte und Pflichten des vormaligen Eigentümers und Vermieters aus dem Mietverhältnis mit der Klägerin ein. Folglich war die Beklagte bis zum Ablauf des Jahres 2007, in dem sie die Zwangsverwaltung für das Grundstück führte, zur Erstellung der Betriebs- und Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2006 verpflichtet. Mit der Aufhebung der Zwangsverwaltung im Januar 2008 endeten jedoch die Befugnisse und Verpflichtungen der Zwangsverwalterin in Ansehung des mit der Klägerin bestehenden Mietverhältnisses. Mithin ist sie für Prozesse, die nach Aufhebung der Zwangsverwaltung rechtshängig gemacht worden sind, auch nicht mehr prozessführungsbefugt (vgl. BGH, VIII ZR 301/03). Nach Beendigung der Zwangsverwaltung erhält der Eigentümer seine volle Verfügungsbefugnis über das Grundstück zurück, tritt also wieder in die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis ein. Die Beklagte ist nach Ende der Zwangsverwaltung lediglich zur ordnungsgemäßen Abwicklung derselben verpflichtet, so zum Beispiel zur Herausgabe etwaiger Unterlagen aus der Zwangsverwaltung an den Eigentümer. Demgegenüber verliert sie die ihr kraft hoheitlichen Amtes übertragenen Befugnisse und ist nicht noch nachwirkend als Partei kraft Amtes anzusehen (BGH, VIII ZR 301/03, Seite 6). Folglich kann sie offene Forderungen weder einziehen noch einklagen und demzufolge auch nicht verpflichtet sein, eine etwa während der ehemaligen Zwangsverwaltung bestehende Pflicht zur Abrechnung von Betriebskosten zu erfüllen. Die Klägerin wird dadurch nicht in ihren Rechten beeinträchtigt, weil ihr der Abrechnungsanspruch nunmehr wieder gegen ihren Vermieter zusteht. …
15.05.2017