Leitsätze:
Ist die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf Mieter unwirksam, besteht eine Renovierungspflicht des Vermieters. Kommt der Vermieter mit dieser Pflicht in Verzug, kann der Mieter im Rahmen der Eigenvornahme die Renovierung durch eine Fachfirma ausführen lassen und die voraussichtlichen Kosten zuvor als Vorschuss gegenüber dem Vermieter geltend machen. Die Beauftragung einer Fachfirma ist auch dann nicht unangemessen, wenn der Vermieter billigere Angebote von sogenannten „Allround-Handwerkern“ vorliegt.
LG Berlin vom 27.8.2010 – 65 S 440/09 –
Urteilstext
Gründe:
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
Die Berufung der Kläger ist gemäß §§ 511ff. ZPO zulässig und in der Sache auch überwiegend erfolgreich.
Die Kläger haben über den vom Amtsgericht bereits zuerkannten Teil hinausgehend einen Kostenvorschussanspruch in Höhe des sich aus dem Angebot des Malermeisters xxx vom 09.08.2009 ergebenden Betrags von 5.968,62 Euro.
An die Darlegung des Vorschussanspruchs sind nicht so hohe Anforderungen wie an die Darlegung der Kosten einer Ersatzvornahme zu stellen (BGH, Urteil vom 22.02.2001, VII ZR 115/99, zitiert nach juris). Der Anspruchsteller kann die Kosten sogar schätzen und sich dann, wenn der Anspruchsgegner deren Richtigkeit bestreitet, auf ein Sachverständigengutachten beziehen, wie der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung, die die Durchsetzung eines Mängelbeseitigungsanspruchs im Werkvertragsrecht betraf, deren Rechtsausführungen aber auf den hier gegebenen Fall ebenfalls anwendbar sind, weil auch hier dieselben tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte tragend sind. Hier haben die Kläger den Vorschussanspruch nicht lediglich geschätzt, sondern diesen anhand eines Kostenvoranschlags eines Malermeisters begründet. Das vorgelegte Angebot betrifft die streitgegenständliche Wohnung und die dort erforderlichen Arbeiten, was die Beklagte auch nicht in Frage stellt.
Bei dieser Sachlage ist es unerheblich, dass das Kostenangebot keine Mengenmaße auswies.
Die Beklagte kann den Klägern jedenfalls nicht mit Erfolg die selbst eingeholten, wesentlich niedrigeren Kostenvoranschläge entgegenhalten. Denn diese stammen, was unstreitig ist, nicht von Fachhandwerkern, die, allgemeinbekannt, häufig niedrigere Entgelte vereinbaren, und erfassen auch nicht sämtliche Arbeiten, die das von den Klägern vorgelegte Kostenangebot umfasst.
Eine Verletzung eines sich aus Treu und Glauben gegenüber der Beklagten als Vertragspartnerin und Vermieterin ergebenden Gebots der Wirtschaftlichkeit kann damit den Klägern nicht vorgehalten werden, weil eine solche nicht ersichtlich ist. Gleiches gilt für die von der Beklagten eingewandte Überteuerung der dem Angebot zugrunde liegenden Preise. Es mag sein, dass die Arbeiten – etwa durch die von der Beklagten befragten Personen – billiger oder preisgünstiger ausgeführt werden könnten. Es gibt aber keinen Zweifel daran, dass der Mieter einen Anspruch auf die fachgerechte Ausführung der Malerarbeiten hat, somit die Arbeiten auch durch einen häufig teureren Fachhandwerker ausgeführt werden können.
Einen über das Kostenangebot hinausgehenden Kostenvorschussanspruch für die Grundsanierung der Heizkörper und der Glastür haben die Kläger der Beklagten gegenüber allerdings nicht.
Die Kläger haben der Beklagten gegenüber im Rahmen der von der Beklagten auszuführenden Schönheitsreparaturen nur einen Anspruch auf Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustandes. Die Beklagte schuldet deshalb nur die Beseitigung der Verschmutzungs- bzw. Abnutzungserscheinungen durch die Kläger während diese in der Wohnung wohnten. Sie schuldet den Klägern indessen nicht die Verbesserung des Zustands im Vergleich zu dem bei Anmietung gegebenen Zustand, denn darüber hatten die Parteien keine Vereinbarung getroffen. Die Kläger können deshalb von der Beklagten gerade nicht verlangen, dass die Heizkörper vollkommen von alter Farbe befreit und erst dann ein Anstrich aufgebracht wird, so dass diese ebenso wie die Befestigungen eine Anmutung wie neu haben, folglich keinerlei Spuren durch frühere Anstriche, die sich durch die Dicke des Auftrags und gewisse Unebenheiten ergeben. Das gilt auch für die Glastür. Zwar mag die vorgefundene Situation nicht befriedigend sein, die Beseitigung alter Farbnasen auf dem Glas können die Kläger von der Beklagten aus dem dargelegten Grund gleichwohl nicht verlangen, weil sie sich Ansprüche bei Anmietung der Wohnung diesbezüglich nicht vorbehalten haben. Ohne Erfolg berufen sich die Kläger darauf, dass bei wirksamer Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter dieser auch die fachgerechte Ausführung der Schönheitsreparaturen schulde und dazu die vollständige Beseitigung alter Anstriche gehöre und ggf. auch die Renovierung einer nicht renoviert übergebenen Wohnung gehöre, so dass eine Verbesserung des vorgefundenen Zustands geschuldet sei. Es ist bereits fraglich, ob die in jedem Fall vollständige Beseitigung alter Anstriche vor einem Neuanstrich geschuldet ist. Dieses Problem kann hier aber dahinstehen und bedarf keiner weiteren Aufklärung. Denn in diesen Fällen gibt es gerade – ggf. schlüssige – Vereinbarungen der Parteien darüber. Das war hier indessen nicht der Fall. Die Kläger haben eine renovierte Wohnung angemietet, wenn deren malermäßiger Zustand in Bezug auf die Glastür und ggf. auch in Bezug auf die Heizkörper auch noch besser hätte sein können. Sie haben diesen Zustand indessen als vertragsgemäß hingenommen und dieses gegenüber der Beklagten offensichtlich nicht gerügt, so dass insoweit ein Instandsetzungsanspruch gegenüber der Beklagten nicht besteht, § 536b BGB.
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf einen Vorschuss für diejenigen Mehrkosten, die dadurch anfallen, dass sie die Wohnung nach ihren Vorstellungen farblich individuell abweichend von dem vorgefundenen Zustand gestalten wollen. Denn das steht den Mietern zwar frei, die Ausführung von Schönheitsreparaturen kann der Mieter im Falle fehlender abweichender Vereinbarungen aber nur im Rahmen der bestehenden Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungspflicht gemäß § 535 Abs. 1 BGB verlangen, die sich auf die Erhaltung und Wiederherstellung des vertragsgemäßen Zustands bezieht.
Einen Anspruch auf Veränderung oder Verbesserung der Wohnung hat der Mieter regelmäßig nicht.
Die gemäß § 524 ZPO zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist ohne Erfolg.
Die Schönheitsreparaturen in der Wohnung sind fällig, was zwischen den Parteien letztlich unstreitig ist.
Die Beklagte befindet sich auch im Verzug mit der Ausführung der Arbeiten. Dieser ist spätestens nach Ablauf einer angemessenen Frist nach dem Schreiben der Kläger vom 18.02.2009 eingetreten, spätestens aber nach Zugang des Schreibens der Kläger vom 29.04.2009, § 286 Abs. 1 und 2 BGB. Dieser Verzug ist nicht beendet. Weshalb die Beklagte zunächst zwei Angebote und noch nacheinander einholen musste, ist nicht ersichtlich. Eine Vereitelung der Ausführung der geschuldeten Arbeiten in diesem Zeitraum durch die Kläger diesbezüglich lässt sich nicht erkennen. In Bezug auf den streitigen Verlauf des 16.06.2009 ist auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils zu verweisen, die die Anschlussberufung nicht entkräften kann. Das Vorbringen der Beklagten in der Anschlussberufung über den weiteren Verlauf der Verhandlungen zwischen den Parteien über die Schönheitsreparaturen vor Abschluss der ersten Instanz ist gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, weil nicht ersichtlich ist, dass und warum die Beklagte das nicht bereits in erster Instanz darlegen konnte, zumal die Kläger selbst ihren Vorschuss letztlich mit einem Angebot vom 09.08.2009 untermauerten, nachdem ein vorher im Rechtsstreit geschlossener Vergleich schließlich widerrufen worden war.
Unerheblich ist, ob die Kläger ihrer Mitwirkungspflicht auf das Schreiben vom 10.02.2010 der Beklagten im Rahmen von §§ 293ff. BGB zunächst nicht nachgekommen sind, so dass ggf. ein Vorschussanspruch in dieser Zeit ausschied. Denn inzwischen haben sie der Beklagten mehrere Termine gemäß deren Wünschen angeboten, von denen jedenfalls zwei Varianten rechtzeitig mitgeteilt worden waren, so dass Arbeiten wenigstens teilweise hätten ausgeführt werden können.
Denn die nun aufgetretenen Bedenken, dass die Arbeiten in der ursprünglich auf drei Werktage begrenzten Zeit beendet werden können, sind jedenfalls kein den Klägern anzulastender Umstand und können deshalb die Beklagte den Klägern nicht in der Weise entschuldigen, dass ein Verzug nicht mehr vorliegen würde.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Revisionsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.
31.01.2013