Leitsatz:
Wird die der Schriftform unterliegende Kündigungserklärung durch einen Vertreter abgegeben, muss das Vertretungsverhältnis deutlich zum Ausdruck kommen. Dies kann zwar durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift geschehen. Im Gegensatz zum Zusatz „i.V.“ reicht hierfür aber der Zusatz „i.A.“ in der Regel nicht aus.
LG Berlin vom 22.3.2011 – 65 S 363/10 –
Mitgeteilt von RAen Schäfer & Schirmacher
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Wohnungsunternehmen kündigte das Mietverhältnis wegen angeblicher Hinderung der wirtschaftlichen Verwertung. Am Ende des Schreibens hieß es
„mit freundlichen Grüßen
XY GmbH i.A. Vorname Nachname“.
Das Gericht hielt die Kündigung schon aus formalen Gründen für unwirksam. Die Unwirksamkeit folge daraus, dass eine Mitarbeiterin der Hausverwaltung „i.A.“ (im Auftrag) unterzeichnet habe.
Werde die der Schriftform unterliegende Erklärung durch einen Vertreter abgegeben, müsse das Vertretungsverhältnis deutlich zum Ausdruck kommen. Dies könne zwar durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift geschehen. Die Anforderungen des § 126 BGB würden aber nur gewahrt, wenn sich der rechtsgeschäftliche Vertretungswille zumindest andeutungsweise aus der Urkunde ergebe. Für die Frage, ob jemand eine Erklärung in fremdem Namen abgebe, komme es auf deren objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich sei gemäß §§ 133, 157 BGB, wie sich die Kündigungserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte für den Mieter darstelle. Auch die obergerichtliche Rechtsprechung gehe davon aus, dass der Zusatz „i.A.“ regelmäßig darauf hindeute, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt des von ihm unterzeichneten Schreibens übernehmen wolle. Der Zusatz „i.V.“ bringe demgegenüber zum Ausdruck, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handele.
Urteilstext
Aus den Gründen:
… Ohne Erfolg wendet die Klägern sich gegen die zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts, mit denen es die Einhaltung der Schriftform verneint, weil die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens durch die Verwendung des Zusatzes „i.A.“ zu erkennen gegeben habe, keine eigene Erklärung im fremden Namen abzugeben, sondern eine fremde Erklärung lediglich zu übermitteln.
Wird die der Schriftform unterliegende Erklärung durch einen Vertreter abgegeben, muss das Vertretungsverhältnis deutlich zum Ausdruck kommen. Dies kann zwar durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift geschehen. Die Anforderungen des § 126 BGB werden aber nur gewahrt, wenn sich der rechtsgeschäftliche Vertretungswille zumindest andeutungsweise aus der Urkunde ergibt, wie das Amtsgericht zutreffend feststellt. Für die Frage, ob jemand eine Erklärung in fremdem Namen abgibt, kommt es auf deren objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist gemäß §§ 133, 157 BGB hier, wie sich die Kündigungserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte für den Empfänger darstellt. Hierbei sind – bei Unterstellung der Maßstäbe des Bundesarbeitsgerichts in der von der Klägerin zitierten Entscheidung (vgl. Urteil v. 13.12.2007- 6 AZR 145/07 -, Rn. 14) – außer dem Wortlaut der Erklärung alle Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen. Von Bedeutung können insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand angehört, und verkehrstypische Verhaltensweisen sein (vgl. BAG, Urteil v. 13.12.2007 – 6 AZR 145/07 Rn. 14). Offen bleiben kann, ob diese Maßstäbe – wie die Klägerin geltend macht – im Anwendungsbereich des § 126 BGB generell gelten, nicht aber die vom BGH zur Schriftform von Rechtsmittelschriftsätzen (vgl. etwa BGH Urteil v. 5.11.1987 – V ZR 139/87 -). Die Rechtsauffassung der Klägerin zu ihren Gunsten unterstellt, ergibt sich keine andere rechtliche Bewertung.
Auch das BAG geht davon aus, dass der Zusatz „i.A.“ regelmäßig darauf hindeutet, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt des von im unterzeichneten Schreibens übernehmen will. Der Zusatz „i.V.“ bringe demgegenüber zum Ausdruck, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt (vgl. BGH, Urteil v. 27.5.1993 – III ZB 9/93 -, Rn. 9, Urteil vom 5.11.1987, Rn. 3 m.w.N.; BAG a.a.O., Rn. 15).
Zuzugeben ist der Klägerin, dass im Ausnahmefall aufgrund von Besonderheiten der Gesamtumstände dem Zusatz „i.A.“ eine andere als die übliche Bedeutung beigemessen werden kann (vgl. BGH a.a.O., Rn 9). Solche Umstände sind hier – anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG a.a.O.) – jedoch nicht gegeben.
In dem vom BAG zu entscheidenden Fall ist die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens dem Kläger von Anfang an als Vertreterin der Beklagten gegenüber getreten. Sie hat das Einstellungsgespräch geführt und den Arbeitsvertrag unterzeichnet. Sie gab dem Kläger Einsatzanweisungen, führte Kritikgespräche mit ihm und mahnte in ab. Hinzu kam, dass dem Kündigungsschreiben eine von einem der beiden Geschäftsführer unterzeichnete Generalvollmacht beigefügt war, die sich u.a. auf die Vornahme von Kündigungen bezog.
Hier kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens der Beklagten seit dem Eintritt der Klägerin in das Mietverhältnis im Jahr 2007 als Mitarbeiterin der von der Klägerin beauftragten Hausverwaltung der Beklagten (wie auch den anderen Mietern) gegenüber getreten ist. Das belegt der von der Klägerin vorgelegte Schriftverkehr durchaus. So hat die Unterzeichnerin Mitteilungen an die Beklagte ebenso unterzeichnet wie die Begleitschreiben zu Heiz- und Betriebskostenabrechnungen. Alle Unterschriften waren mit dem Zusatz „i.A.“ versehen.
Die Unterzeichnerin der Kündigung hat – anders als die in dem vom BAG zu entscheidenden Fall – gegenüber der Beklagten vor dem Kündigungsschreiben nach dem von der Klägerin vorgelegten Schriftverkehr jedoch keine Erklärungen abgegeben, die sich auf den Bestand oder den Inhalt des Rechtsverhältnisses der Parteien in vergleichbarer Weise auswirkten und dem Schriftformerfordernis unterlagen, etwa, indem sie das Rechtsverhältnis begründeten oder änderten. Das am weitesten reichende Gewicht kommt nach dem zu den Akten gereichten Schriftverkehr den Begleitschreiben zu den Heiz- und Betriebskostenabrechnungen zu, die allerdings ebenfalls mit dem Zusatz „i.A.“ unterschrieben sind. Aus diesen lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Beklagte vom maßgeblichen Empfängerhorizont aus diesen ein dem Ausspruch einer Kündigung vergleichbares Gewicht beimessen musste; sie wird sie vielmehr als Information („Wissenserklärung“) bzw. im Sinne einer Rechnung verstanden haben. Allen Schreiben gemeinsam ist im Übrigen, dass sie typische Verwaltungsaufgaben zum Gegenstand haben, nicht aber den Bestand des Rechtsverhältnisses selbst betreffen. Auch der juristisch nicht geschulte Mieter differenziert – wenn überhaupt – regelmäßig nach diesen Kriterien. Die Unterzeichnerin der Kündigung ist dem Mieter damit im vorangegangenen Schriftverkehr immer als das gegenüber getreten, was sie ist (bzw. war): Eine Mitarbeiterin bzw. Sachbearbeiterin der Hausverwaltung, die typische Aufgaben der laufenden Verwaltung wahrnimmt. Dazu gehört die Entgegennahme von Mängelanzeigen ohne weiteres ebenso wie etwa die Teilnahme an Gerichtsterminen als informierte Vertreterin der Hausverwaltung.
Bei einer professionellen Hausverwaltung darf die oben dargestellte Differenzierung zwischen Aufgaben der laufenden Verwaltung und der rechtsgeschäftlichen Vertretung zudem ohne weiteres vorausgesetzt werden, wie das Amtsgericht ebenfalls zutreffend ausführt.
Entscheidend hinzu kommt der Gesichtspunkt, dass die der Kündigung beigefügte Vollmacht die D-GmbH zur Verwaltung beauftragt, wobei die Vollmacht den Ausspruch von Kündigungen abdeckt. Sie bevollmächtigt die Hausverwaltung als GmbH, nicht aber Einzelpersonen. Letztere kann als juristische Person nicht selbst handeln, sondern nur durch natürliche Personen; gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG sind dies die Geschäftführer. Ausweislich der Fußzeile des für das Kündigungsschreiben verwendeten Geschäftspapiers sind Geschäftsführer der Hausverwaltungs-GmbH S. R. und M. S., nicht aber die Unterzeichnerin der Kündigung Frau A. E.. Die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens ist weder in der Kopf- noch in der Fußzeile genannt, noch behauptet die Klägerin, dass sie auch Geschäftsführerin sei. Anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschluss v. 27.5.1993 – III ZB 9/93 -) ergeben sich daher auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür, dass die Unterzeichnerin eine Eigenverantwortung für den Inhalt des Schreibens übernehmen und nicht nur eine Erklärung der (bevollmächtigten) Geschäftsführer übermitteln wollte.
Dafür spricht – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch die Eingangsformulierung in der „Wir“-Form [„Wie Sie wissen, sind wir die (…) bevollmächtigte Verwaltung“] und der Ausspruch der Kündigung selbst. Wenn die Person, die das Schreiben mit dem Zusatz „i.A“ unterschrieben hat, die Formulierung wählt: „Namens und in Vollmacht des Vermieters kündigen wir hiermit das (…) Mietverhältnis“, so lässt das vor dem Hintergrund, dass die bevollmächtigte Hausverwaltung drei Geschäftsführer hat, keinen anderen Schluss zu als den, dass deren Erklärung mitgeteilt wird, nicht aber eine eigene der Unterzeicherin, die nicht zum Kreis der Geschäftsführer zählt. Der Zusammenhang zwischen der Eingangsformulierung und dem Zusatz „i.A.“ deutet auf Distanz – die Wiedergabe einer fremden Erklärung – nicht aber auf die Abgabe einer eigenen Erklärung hin.
Da die Einhaltung der Schriftform Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte dies beanstandet hat, § 125 BGB. …
31.01.2013