Leitsatz:
Verzichtet der Vermieter einer Sozialwohnung im Rahmen einer Mieterhöhung gegenüber dem Mieter auf einen Teil der Miete, darf er später diesen Verzicht jederzeit durch einseitige Mitteilung widerrufen. Hierbei ist er nicht gehalten, alle Mieter des Hauses gleich zu behandeln.
LG Berlin vom 27.6.2011 – 67 S 444/10 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Mit Vertrag vom 29.1.1997 mieteten die Mieter ein öffentlich gefördertes Reihenhaus. Unstreitig ist am Beginn des Mietverhältnisses die Kostenmiete verlangt worden. Nach der Kürzung der Aufwendungszuschüsse gab die Vermieterin die sich daraus ergebenden Kostensteigerungen nicht in voller Höhe an die Mieter weiter, sondern führte eine sogenannte Subvention ein.
Mit dem Schreiben vom 27.5.2008 teilte die Vermieterin mit, dass sie die Subvention von 68,86 Euro streiche und ab dem Juli 2008 ein entsprechend höherer monatlicher Betrag, nämlich statt 1043,89 Euro Gesamtmiete nunmehr 1112,75 Euro Gesamtmiete zu zahlen sei. Die Mieter hielten diesen Widerruf für unwirksam. Sie meinten, dass sie für eine durchgeführte Mietminderung bestraft würden. Das Landgericht gab jedoch der Vermieterin Recht. Die Erklärung vom 27.5.2008 sei keine Mieterhöhung. Es seien nicht die formellen und materiellen Regeln für Mieterhöhungen im Sozialen Wohnungsbau anzuwenden. Die Vermieterin nehme mit der Erklärung vom 27.5.2008 lediglich einen teilweisen Mietverzicht aus der Erhöhung vom 10.12.2007 zurück. Dies sei ihr unbenommen. Aus den zur Erklärung vom 10.12.2007 eingereichten Unterlagen ergebe sich hierzu zwar kein unmittelbarer Vorbehalt. Der Vorbehalt ergebe sich aber aus der Natur des Mietverzichts.
Entgegen der Ansicht der Mieter sei das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nicht anwendbar. Es sei nicht ersichtlich, dass eine Anknüpfung an die in §§ 1, 19 Abs. 1 AGG genannten Kriterien vorliegen würde. Der Vorwurf der Erpressung und so weiter sei nicht haltbar, da die Vermieterin einen Anspruch auf die Kostenmiete habe. Es liege auch kein Rechtsmissbrauch des Vermieters vor. Die Gewährung der Subvention sei für die Mieter lediglich vorteilhaft, auch unter Berücksichtigung der Widerrufsmöglichkeit. Es könne zum Vergleich nicht auf eine Situation ohne Widerrufsmöglichkeit der Subvention abgestellt werden. Vergleichspunkt könne nur sein, dass die Subvention einschließlich der Widerrufsmöglichkeit entfiele. Die Vermieterin müsse nicht alle Mieter gleich behandeln. Sie sei im Rahmen der vertraglichen und gesetzlichen Grenzen in einer Differenzierung frei.
31.01.2013