Leitsatz:
Die Erneuerung von Dichtungen von Abflussrohren unterfällt nicht einer Kleinreparaturenklausel.
AG Charlottenburg vom 31.8.2011 – 212 C 65/11 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Es ging um die Reichweite einer Abwälzungsklausel für Kleinreparaturen. Die Vermieterin beauftragte eine Firma mit Reparaturarbeiten in der Mietwohnung. Nach dem Reparaturbericht musste die Demontage der Abflussleitung durchgeführt und der undichte Kunststoffübergang der Aufgussleitung erneuert werden. Hierfür stellte die Vermietern dem Mieter einen Betrag von 81,52 Euro in Rechnung. Sie verwies insoweit auf die mietvertragliche Klausel mit folgendem Wortlaut: „Der Mieter trägt außerdem ohne Rücksicht auf Verschulden die Kosten kleinerer Instandsetzungsarbeiten an denjenigen Gegenständen und Einrichtungen, die seinem direkten und häufigen Zugriff unterliegen, wie Installationsgegenständen für Elektrizität, Wasser und Gas, Heiz- und Kocheinrichtungen, Fenster- und Türverschlüssen sowie Rollläden, Jalousien, Fensterläden und Markisen bis zum einem Betrag von jeweils 90,00 Euro pro Einzelfall und bis zu 7 Prozent der Jahresnettokaltmiete pro Jahr von zurzeit in Höhe von 266,28 Euro.“ Der Mieter zahlte nicht und es kam zum Prozess.
Das Amtsgericht gab dem Mieter Recht. Voraussetzung für eine wirksame Abwälzungsklausel der Kleinreparaturen sei unter anderem, dass die Klausel nur Bestandteile erfasse, deren Zustand und Lebensdauer vom häufigen Umgang des Mieters mit ihnen abhänge. Sinn hiervon sei es, den Mieter zu einem sorgfältigen Umgang mit der Mietsache anzuhalten.
Die betroffenen Bestandteile der Mietsache (Abflussrohr/Aufgussleitung) unterlägen vorliegend nicht dem direkten und häufigen Zugriff des Mieters. Im Rahmen einer gewöhnlichen Nutzung der Mietsache unterliege ein Abwasserrohr nicht der dauerhaften Einwirkung des Mieters. Insbesondere sei es ihm nicht möglich, den Verschleiß desselben durch besonders sorgsame und pflegliche Behandlung zu verringern. Die verschuldensunabhängige Kostenüberbürdung greife dann jedoch bereits dem Wortlaut der Klausel nach nicht ein. Erforderlich sei insoweit eine physische beziehungsweise mechanische Zugriffsmöglichkeit des Mieters. Soweit nur rein denklogisch eine kausale Beeinflussung des aufgetretenen Schadens der Mietsache durch ein Verhalten des Mieters nicht ausgeschlossen werden könne – beispielsweise ein singuläres Stoßen des nach außen hängenden Wasserrohrs – lägen die Voraussetzungen der Mietvertragsklausel gerade nicht vor. Denn insoweit sei ein häufiger, quasi alltäglicher (ordnungsgemäßer) Zugriff des Mieters auf den konkreten Bestandteil der Mietsache nicht ersichtlich.
Urteilstext
Tatbestand:
Die Parteien streiten um die Reichweite einer Übernahmeklausel von Kleinreparaturen in einem Wohnraummietvertrag.
Die Parteien sind mit einem Mietvertrag über die im Hause … Berlin verbunden. Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter der Wohnung. § 10 des Mietvertrages lautet: „Der Mieter trägt außerdem ohne Rücksicht auf Verschulden die Kosten kleinerer Instandsetzungsarbeiten an denjenigen Gegenständen und Einrichtungen, die seinem direkten und häufigen Zugriff unterliegen, wie Installationsgegenständen für Elektrizität, Wasser und Gas, Heiz- und Kocheinrichtungen, Fenster- und Türverschlüssen sowie Rollläden, Jalousien, Fensterläden und Markisen bis zum einem Betrag von jeweils 90,00 Euro pro Einzelfall und bis zu 7 % der Jahresnettokaltmiete pro Jahr von z.Z. in Höhe von 266,28 Euro.“
Die Klägerin beauftragte die Firma … mit Reparaturarbeiten in der Mietwohnung der Beklagten. Nach dem Reparaturbericht, auf den Bezug genommen wird – Blatt 35, 68 d.A. -, musste die Demontage der Abflussleitung durchgeführt und der undichte Kunststoffübergang der Aufgussleitung erneuert werden. Hierfür stellte die Klägerin den Beklagten einen Betrag von 81,52 Euro in Rechnung, Bl. 34 d.A. Die Beklagten zahlten trotz zweier Mahnungen nicht.
Mit der hiesigen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Die Klägerin meint, dass § 10 des Mietvertrages auch die hiesigen Reparaturkosten erfasse, weil die Armaturen im Badezimmer dem täglichen Gebrauch des Mieters ausgesetzt seien.
Die Klägerin beantragt wörtlich,
1. die Beklagten zu verurteilen, an sie 81,25 Euro aus der noch offenen Reparatur eines durch Eigenverschulden entstandenen Schadens an der streitgegenständlichen Mietsache, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.05.2010 zu zahlen,
2. die Beklagten zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 55,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.01.2010 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten meinen, dass die ersetzte Dichtung bzw. Teile des Abflussrohres nicht dem direkten und häufigen Zugriff der Beklagten unterliegen würden. Vielmehr sei hierzu ein physischer Kontakt erforderlich.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 22.08.2011 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung der 81,52 Euro. Ein solcher Anspruch erwächst insbesondere nicht aus § 10 des Mietvertrages (a) und auch nicht aus einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt (b).
a. Die Voraussetzungen von § 10 des Mietvertrages sind nicht erfüllt. Die Kunststoffdichtung der Aufgussleitung unterliegt nicht dem täglichen, ordnungsgemäßen Zugriff der Beklagten.
Grundsätzlich obliegt nach dem gesetzlichen Leitbild der Miete die Instandhaltung dem Vermieter als Eigentümer der Mietsache, § 535 BGB. In gewissen Konstellationen, etwa bei den hier interessierenden Kleinreparaturen, kann der Vermieter dem Mieter diese Instandhaltungspflicht formularvertraglich überbürden. Die formularmäßige Überbürdung kleinerer Instandhaltungs-arbeiten bei angemessener betragsmäßiger Limitierung – wie vorliegend – stellt daher grundsätzlich keine zur Unwirksamkeit der Klausel führende unangemessene Benachteiligung des Mieters dar (sog. Kostenklausel, vgl. Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, § 538 Rn. 57, 58). Voraussetzung ist jedoch, dass die Klausel nur Bestandteile erfasst, deren Zustand und Lebensdauer vom häufigen Umgang des Mieters mit ihnen abhängen (vgl. BGH NJW 1989, 2247). Sinn hiervon ist es, den Mieter zu einem sorgfältigen Umgang mit der Mietsache anzuhalten.
Die betroffenen Bestandteile der Mietsache (Abflussrohr/Aufgussleitung) unterliegen vorliegend nicht dem direkten und häufigen Zugriff der Beklagten. Im Rahmen einer gewöhnlichen Nutzung der Mietsache (und Abweichendes ist hier nicht substanziiert vorgetragen) unterliegt ein Abwasserrohr nicht der dauerhaften Einwirkung des Mieters. Insbesondere ist es ihm nicht möglich, den Verschleiß desselben durch besonders sorgsame und pflegliche Behandlung zu verringern. Die verschuldensunabhängige Kostenüberbürdung greift dann jedoch bereits dem Wortlaut der Klausel nach nicht ein. Erforderlich ist insoweit eine physische bzw. mechanische Zugriffsmöglichkeit des Mieters. Soweit nur rein denklogisch eine kausale Beeinflussung des aufgetretenen Schadens der Mietsache durch ein Verhalten des Mieters nicht ausgeschlossen werden kann – beispielsweise ein singuläres Stoßen des nach außen hängenden Wasserrohrs – liegen die Voraussetzungen von § 10 des Mietvertrages gerade nicht vor. Denn insoweit ist ein häufiger, quasi alltäglicher (ordnungsgemäßer) Zugriff des Mieters auf den konkreten Bestandteil der Mietsache nicht ersichtlich (vgl. hierzu auch Langenberg, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, § 538 Rn. 57).
b. Ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagten wegen Beschädigung der Mietsache besteht ebenfalls nicht. Trotz gerichtlichen Hinweises konnte die Klägerin ein anfänglich behauptetes Eigenverschulden der Beklagten nicht näher darlegen.
2. Da die Hauptforderung schon nicht begründet ist, kann auch die Erstattung der weiteren Kosten nicht im Wege eines Verzugsschadensersatzanspruch gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB beansprucht werden.
II.
Der jeweils beantragte Schriftsatznachlass war nicht mehr zu gewähren. Denn insoweit sind in den betreffenden Schriftsätzen überwiegend Rechtsansichten geäußert worden. Die jeweiligen Schriftsätze enthalten jedenfalls keinen neuen, entscheidungserheblichen Tatsachenvortrag, auf den eine Erörterung im Termin nicht hätte erfolgen können, § 283 ZPO.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen hinsichtlich der Kosten auf § 91 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung aufweist, noch eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich wäre. Es handelt sich vorliegend um einen zu entscheidenden Einzelfall.
30.01.2013