Leitsatz:
Die Klausel „Für die Wirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt es, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird.“ ist unwirksam, da sie gegen §§ 305 c Absatz 1, 307 Absatz 2 Nummer 1 BGB verstößt.
AG Spandau vom 13.2.2013 -14 C 215/12 –
Mitgeteilt von RA Hans-Joachim Gellwitzki
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Aus den Entscheidungsgründen:
… Aus § 20 Abs. 1 Satz 2 des Mietvertrages, wonach es für die Wirksamkeit einer Erklärung des Vermieters genügt, wenn sie gegenüber einem der Mieter abgegeben wird, kann die Klägerin nichts für sich Günstiges herleiten. Die Frage, welchen Regelungsgehalt die in § 20 Abs. 1 Satz 2 des Mietvertrags gewählte Formulierung hat, ist von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beantwortet worden. So ist bei gleichem Wortlaut die Bestimmung zum einen als Empfangsvollmacht gem. § 164 Abs. 3 BGB angesehen worden (etwa OLG Schleswig WuM 1983, 130; OLG Koblenz WuM 1984, 18; LG Kiel WuM 86, 371), zum anderen ist angenommen worden, dass durch die Vertragsklausel erreicht wurde, dass eine das Vertragsverhältnis betreffende Willenserklärung des Vermieters, die nur an einen Mieter gerichtet und diesem zugestellt wird, gegenüber beiden Mietern wirksam wird, sogenannte Wirksamkeitserstreckung (etwa OLG Hamm WuM 1984, 20; KG WuM 1985, 12). Welcher der beiden ansichten der Vorzug zu geben ist, muss hier nicht entschieden werden. Wollte man die Klausel dahingehend auslegen, dass sie lediglich eine Empfangsvollmacht enthält, wäre die Wirksamkeit der Mieterhöhung nicht auf den Beklagten zu 2) erstreckt. Das bedarf keiner näheren Begründung. Wollte man sie als Wirksamkeitserstreckung verstehen, wäre sie gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Der Gesetzgeber hat an die Wirksamkeit von einseitig vertragsgestaltenden Erhöhungserklärungen die Voraussetzung der Schriftform – Warnfunktion – und der Transparenz – Erläuterung und Berechnung der Erhöhung – geknüpft. Selbst dann, wenn die Mietvertragsparteien die jeweils zulässige Kostenmiete wirksam vereinbart haben, ist die Mieterhöhungserklärung noch von entscheidenden Bedeutung (vgl. § 4 Abs. 8 NMV). Sie ist dann zwar für die Mieterhöhung nicht konstitutiv; die Durchsetzbarkeit des Anspruchs des Vermieters auf die erhöhte Miete ist in diesem Fall aber solange gehemmt, bis dieser die Erhöhung in der in § 10 Abs.1 WoBindG vorgeschriebenen Weise erläutert und berechnet (BGH NJW 2004, 1598). Braucht die Erklärung nur einem von mehreren Mietern gegenüber abgegeben zu werden, um gegenüber mehreren Rechtswirksamkeit zu entfalten, so ist damit zugleich das Schriftformerfordernis hinsichtlich der übrigen Mieter abbedungen und auch nicht mehr gewährleistet, dass die Gründe der Mieterhöhung allen Mietern deutlich werden. Darin sieht das Gericht eine Abweichung von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung (vgl. LG Kiel a.a.O.). Im Übrigen ist das Gericht der Auffassung, dass die Klausel, wenn man sie als Wirksamkeitserstreckung verstünde, gem. § 305 c Abs. 1 BGB überraschend und auch unter diesem Gesichtspunkt unwirksam wäre. Ein Mieter muss nicht damit rechnen, dass vertragswesentliche Erklärungen Wirksamkeit entfalten, ohne dass sie an ihn persönlich adressiert sind. …
16.08.2013