Leitsatz:
Das Vorliegen der Zweckentfremdungsgenehmigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung einer Abrisskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB.
AG Charlottenburg vom 19.11.2014 – 204 C 149/14 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Zwar sei der Abriss eines Gebäudes als wirtschaftliche Verwertung im Sinne der Kündigungsvorschrift des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB anzusehen, wenn das bisherige Gebäude durch einen Neubau ersetzt werde. Rechtswidrige Maßnahmen, etwa solche, die gegen ein Zweckentfremdungverbot verstießen, berechtigten jedoch – so das Gericht – nicht zur Kündigung nach § 573 BGB. Soll die Wohnung in Zukunft gewerblich genutzt oder das Haus abgerissen werden, so liege es in der Natur der Sache, dass dies nur möglich sei, wenn das Mietverhältnis beendet werde. Die Kündigung hänge in solchen Fällen davon ab, dass der Vermieter das Objekt gewerblich nutzen oder abreißen dürfe, was im gesamten Stadtgebiet von Berlin von einer Zweckentfremdungsgenehmigung abhänge. Deshalb sei das Vorliegen der Zweckentfremdungsgenehmigung Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung. Vorliegend sei § 2 Abs. 1 Nr. 5 des Berliner Zweckentfremdungsgesetzes (ZwVbG) einschlägig, wonach eine Zweckentfremdung vorliege, wenn Wohnraum beseitigt wird. Eine Ausnahme gemäß § 2 Abs. 2 Ziffern 1 bis 6 ZwVbG sei offensichtlich nicht einschlägig. Grundsätzlich dürfe Wohnraum nach § 1 Abs. 1 ZwVbG nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes zweckentfremdet werden.
Soweit die Vermieterin die Ansicht geäußert habe, die Vorschriften des ZwVbG seien schon deshalb nicht anzuwenden, weil mit dem Neubau Ersatzwohnraum geschaffen werde, sei dem nicht zu folgen. Denn das Schaffen von Ersatzwohnraum sei nicht als Ausnahmetatbestand in § 2 Abs. 2 ZwVbG aufgezählt, sondern werde bei der Regelung der Genehmigung in § 3 Abs. 1 Satz 1 a.E. ZwVbG erwähnt. Dort heiße es ausdrücklich, dass die Genehmigung erteilt werden kann, wenn „… in besonderen Ausnahmefällen durch die Schaffung von angemessenem Ersatzwohnraum der durch die Zweckentfremdung eintretende Wohnraumverlust ausgeglichen wird“. Das Schaffen von Ersatzwohnraum lasse nach dem gesetzgeberischen Willen den Genehmigungsvorbehalt nicht entfallen.
Im Übrigen lasse auch die Baugenehmigungsfreistellung den Genehmigungsvorbehalt nicht entfallen. Derartige Freistellungen seien nicht in § 3 Abs. 6 Zweckentfremdungsverbot-VO (ZwVbVO) genannt und ersetzen damit die Genehmigung nach § 3 ZwVbG nicht.
09.04.2016