Leitsatz:
Das Vorliegen einer Zweckentfremdungsgenehmigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung wegen vorgesehenen Abrisses des Hauses.
AG Schöneberg vom 7.12.2016 – 4 C 216/16 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Vermieterin beabsichtigte den Abriss des Wohngebäudes und die Errichtung eines neuen Wohn- und Geschäftshauses. Eine entsprechende Zweckentfremdungsgenehmigung wurde beantragt, bislang aber nicht erteilt.
Mit Schreiben vom 2.9.2015 kündigte die Vermietern das Mietverhältnis gegenüber den Mietern ordentlich zum nächstzulässigen Termin. Sie begründete die Kündigung damit, dass sie durch den Fortbestand des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung ihres Grundstücks gehindert sei und dadurch erhebliche Nachteile erleide. Das Amtsgericht erkannte keine wirksame Kündigung. Vielmehr handele es sich bei dem Schreiben um eine unzulässige Vorratskündigung, weil zum Zeitpunkt der Kündigung die erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung nicht vorlag. Das Vorliegen einer Zweckentfremdungsgenehmigung sei aber Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung (Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 573 BGB Rn. 153 m.w.N.).
Urteilstext
Tatbestand
Mit Vertrag vom 10.01.1978 mieteten die Beklagten die streitgegenständliche Wohnung im Hause A.-straße xx in 10xxx Berlin. Die Klägerin trat auf Vermieterseite in das Mietverhältnis ein.
Die Klägerin beabsichtigt den Abriss des Wohngebäudes und die Errichtung eines neuen Wohn und Geschäftshauses. Eine entsprechende Zweckentfremdungsgenehmigung wurde beantragt, bislang aber nicht erteilt.
Mit Schreiben vom 02.09.2015 kündigte die Klägerin das Mietverhältnis gegenüber den Beklagten ordentlich zum nächst zulässigen Termin. Sie begründete die Kündigung damit, dass sie durch den Fortbestand des Mietverhältnisses an einer angemessenem wirtschaftlichen Verwertung ihres Grundstücks gehindert sei und dadurch erhebliche Nachteile erleide.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, die Wohnung im Vorderhaus (VH), 3. Obergeschoss rechts, des Hauses A.-Straße xx, 10xxx Berlin, bestehend aus 2 1/2 Zimmern, einer Küche, einer Diele, einer Toilette mit Bad, einem Balkon, einem Kellerraum Nr. 10 sowie einem Fahrzeugstellplatz zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen und ggf. Räumungsschutz.
ln der Klageschrift vom 13.07.2016 hat die Klägerin das streitgegenständliche Mietverhältnis vorsorglich nochmals ordentlich gekündigt.
…
Entscheidungsgründe
I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB. Denn das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist nicht beendet. Es besteht weiterhin fort, weil die mit Schreiben vom 02.09.2015 und in der Klageschrift erklärten Kündigungen unwirksam sind. Es handelt sich um unzulässige Vorratskündigungen, weil zum Zeitpunkt der Kündigung die erforderliche Zweckentfremdungsgenehmigung nicht vorlag. Das Vorliegen einer Zweckentfremdungsgenehmigung ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung (Blank in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 573 BGB Rn. 153, Rolfs in: Staudinger, Neubearbeitung 2014, § 573 BGB Rn. 155, jeweils m. w. N.).
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus § 985 BGB. Denn aufgrund des weiterhin bestehenden Mietverhältnisses sind die Beklagten zum Besitz berechtigt (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB).
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
22.02.2017