Leitsatz:
Mieter einer Erdgeschosswohnung haben nach Beendigung von Wärmedämmmaßnahmen an der Fassade einen Anspruch auf Wiederanbringung von Außenjalousien, wenn sie diese unter Inanspruchnahme öffentlicher Förderungsmittel mit Genehmigung der Vermieterseite seinerzeit hatten anbringen lassen.
LG Berlin vom 19.9.2014 – 65 S 256/14 –
Mitgeteilt von RAin Marion Vorpahl
Urteilstext
Gründe:
Auf die Darstellung des Tatbestands wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO verzichtet.
Die gemäß §§ 511ff. ZPO zulässige Berufung ist auch in der Sache erfolgreich. Sie rechtfertigt eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.
Die Kläger haben einen Anspruch auf Wiederanbringung von Außenjalousien an den Fenstern des Wohnzimmers, des Schlafzimmers und des Kinderzimmers sowie an der Balkontür des Wohnzimmers, § 535 Abs. 1 S. 2 BGB. Die Wohnung entspricht ohne diese im Zusammenhang mit den Fassadenarbeiten abgenommenen Außenjalousien nicht dem vertragsgemäßen Zustand.
Denn die Kläger hatten die Außenjalousien unter Inanspruchnahme öffentlicher Förderungsmittel mit Genehmigung der Vermieterseite anbringen lassen. Durch die Zustimmung bzw. Genehmigung der Vermieterseite zu dieser Maßnahme wurden die Außenjalousien zum vertragsgemäßen Zustand. Auf die Frage, wer Eigentümer der von den Klägern angebrachten Jalousien (gewesen) ist, kommt es nicht an. Entscheidend ist lediglich, dass die Wohnung vereinbarungsgemäß mit Außenjalousien ausgestattet war.
Die Beklagte durfte folglich die Außenjalousien nur mit Einverständnis der Kläger (dauernd) entfernen. Ein Einverständnis dazu haben die Kläger nicht erklärt. Sie hatten vielmehr deren Entfernung im Zusammenhang mit der vorgenommenen Fassadenmodernisierung widersprochen. Es kann den Klägern deshalb nicht vorgehalten werden, dass sie durch die Duldung·der Außendämmungsarbeiten, für die zunächst die Außenjalousien entfernt werden mussten, ihr Einverständnis mit deren dauerhafter Entfernung zum Ausdruck brachten. Davon kann auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil die Beklagte in der Modernisierungsankündigung nicht darauf hingewiesen hatte, die Außenjalousien nicht wieder anbringen zu wollen.
Die Wiederanbringung ist der Beklagten auch nicht unzumutbar. Zwar umfasste der Anspruch des Vermieters gemäß § 554 Abs. 1 und 2 BGB a. F., welche hier gemäß Art. 229 § 29 EGBGB noch Anwendung findet, zwangsläufig einen Anspruch auf Änderung des vertragsgemäßen Zustands. Indessen hatte die Beklagte einen dahingehenden Anspruch gar nicht geltend gemacht und ist ein solcher auch nicht ersichtlich.
Insbesondere sind erhebliche Gründe, die es der Beklagten nach billigem Ermessen nicht zumutbar machten, die Außenjalousien zu erhalten oder durch neue zu ersetzen, nicht vorgetragen. Dagegen spricht schon, dass die Beklagte andere Erdgeschosswohnungen tatsächlich (wieder) mit Außenjalousien ausgestattet hat. Von einer nicht hinzunehmenden optischen Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds der Fassade durch die Außenjalousien kann danach ebenfalls nicht ausgegangen werden.
Dass und ob die Außenjalousien bei den anderen Mietern nur mit Einzelvereinbarung erfolgt war, ist unbeachtlich. Die Kläger haben bestritten, dass sie eine solche Vereinbarung abgelehnt hätten. Unbeachtlich ist auch, ob der Aufwand nach Abschluss der Fassadendämmung zur Anbringung der vorhandenen oder neuer Außenjalousien vergleichsweise größer ist als vor Beendigung der Arbeiten. Denn die sich daraus ergebenden möglichen Komplikationen hätte die Beklagte selbst zu tragen, weil sie bei gehöriger Prüfung des vertragsgemäßen Zustands und des Umfangs der vorzunehmenden Arbeiten dieses dem Bauablauf gemäß hätte einplanen können und müssen. Eine Unmöglichkeit des nachträglichen Einbaus hat die Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt und bewiesen. Ihr Vorbringen zur Durchbrechung der Wärmedämmung genügt dazu nicht. Die Beklagte meint damit offenbar, dass Fassadenteile im Bereich der Fensterfaschen wieder geöffnet werden müssten. Dazu haben die Kläger mit Fotos illustriert vorgetragen, dass die Anbringung von Jalousien bereits vorbereitet wurde. Eine bereits kaum vorstellbare, weil technologisch nicht vorgesehene, deshalb unmögliche nachträgliche Anbringung kann deshalb nicht angenommen werden.
Die durch die Anbringung von Außenjalousien – bei ordnungsgemäßer Planung und Ausführung – unvermeidbaren Mehrkosten kann die Beklagte im Rahmen von § 559 BGB als Modernisierungskosten umlegen und die Kläger sind, wie sie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, nicht nur dazu bereit, sondern sie tragen bereits einen gewissen Kostenanteil für die Jalousien.
Die Beseitigung und der Verzicht auf die Außenjalousien stellte auch keine nur unerhebliche und nicht ins Gewicht fallende und deshalb hinzunehmende Veränderung dar. Außenjalousien bieten insbesondere in Erdgeschosswohnungen einen erheblichen Gebrauchsvorteil. Sie gewähren neben dem Sicht- auch einen Wetterschutz und verbessern damit das Wärmedämmverhalten. Außerdem bieten sie einen besseren Einbruchsschutz. Außenjalousien werden deshalb allgemein als wohnwerterhöhend bewertet. Die Berliner Mietspiegel über die ortsübliche Vergleichsmiete weisen sie deshalb seit längerem als wohnwerterhöhendes, die Miete beeinflussendes Merkmal aus. Wegen der mit ihnen verbundenen Wohnwertverbesserungen sind die von den Klägern angebrachten Außenjalousien seinerzeit auch mit öffentlichen Mitteln gefördert worden.
Die von der Beklagten vorgeschlagenen Alternativen stellen jedenfalls kein ausreichendes und vergleichbares Äquivalent für die Außenjalousien dar. Dieses muss von den Klägern deshalb nicht hingenommen werden.
Die Nebenentscheidungen fußen auf §§ 91 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO. Revisionsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.
21.03.2018