Leitsatz:
Zwar ist grundsätzlich der Mieter darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot erfolgt ist. ln Fällen eines eklatanten Preisanstiegs von mehr als 50 % im Vergleich zum Vorjahr ist jedoch der Vermieter verpflichtet, darzulegen, welche Preisverhandlungen er geführt hat und welche Anstrengungen er unternommen hat, um andere, preisgünstigere Unternehmen für die jeweiligen Tätigkeiten vertraglich zu binden.
AG Mitte vom 24.6.2020 – 117 C 37/20 –
Mitgeteilt von RA Rainer Failenschmid
Urteilstext
Entscheidungsgründe
Gemäß § 495 ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt. Von der gesonderten Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a Abs.1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Klägerin hat aus eigenem bzw. abgetretenem Recht gem. § 280 Abs.1, 241 Abs. 2 BGB einen Anspruch auf Zahlung von 501,60 Euro. Insoweit ist der Beklagte schadensersatzpflichtig. Der Beklagte hat bezüglich der Nebenkostenposition Sach- und Haftpflichtversicherung gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit verstoßen und damit seine diesbezüglichen mietvertraglichen Pflichten verletzt. Das Gericht teilt die Rechtsansicht der Klägerin.
Seit 2016 ist diese Position – legt man die Angaben in den Nebenkostenabrechnungen zugrunde – erheblich, nämlich von 3.733,31 Euro auf 15.503,12 Euro gestiegen.
Zwar ist grundsätzlich der Mieter darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot erfolgt ist (vgl. BGH, Urteil vom 6.7.2011 zum Aktenzeichen VIII ZR 340/10). ln Fällen eines eklatanten Preisanstiegs von mehr als 50 % im Vergleich zum Vorjahr ist jedoch der Vermieter verpflichtet, darzulegen, welche Preisverhandlungen er geführt hat und welche Anstrengungen er unternommen hat, um andere, preisgünstigere Unternehmen für die jeweiligen Tätigkeiten vertraglich zu binden (vgl. KG, Urteil vom 12.1.2006 zum Aktenzeichen 12 U 216/04).
Der Vortrag des Beklagten genügt diesen Anforderungen nicht. Die Preissteigerung wurde von dem Beklagten nicht nachvollziehbar erläutert. Denn er hat lediglich vorgetragen, dass aufgrund der „Vorschadensituation“ ein Versicherungswechsel nicht möglich gewesen sei, da angefragte Versicherungen keine günstigeren Angebote abgegeben hätten. Der Beklagte hat die Klägerin bzw. das Gericht weder darüber aufgeklärt, welche Vorschadensituation überhaupt vorliegt, inwiefern diese Vorschäden nicht in seinen Verantwortungsbereich des Beklagten fallen, noch, welche konkreten Anfragen seitens des Beklagten an welche Versicherung erfolgt sind. Die vorgelegten Emails sind kein Beweis dafür, dass der Beklagte alle erforderlichen Anstrengungen unternommen hat, Preisangebote anderer Versicherungen einzuholen, um erhebliche Kostensteigerungen zu vermeiden. Der Beklagte hat noch nicht einmal nachgewiesen, dass die Preissteigerung so, wie in den Nebenkostenabrechnungen dokumentiert, überhaupt eingetreten sind.
Nachdem der Beklagte keine der beiden Preissteigerungen erläutert hat, darf die Klägerin ihren Schadensersatz auf der Grundlage der Betriebskostenabrechnung 2016 berechnen. Die Verurteilung zur Zinszahlung gründet sich auf §§ 280 Abs. 2, 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
21.09.2020