Leitsatz:
Kommt der Mieter mit der Zahlung von durch den Vermieter nach § 560 Absatz 4 BGB einseitig erhöhten Betriebskostenvorauszahlungen in Verzug, scheitert eine (auch) darauf gestützte fristlose Kündigung des Vermieters nicht daran, dass der Vermieter den Mieter nicht vor Ausspruch der Kündigung auf Zahlung der erhöhten Betriebskosten verklagt hat.
BGH v. 18.7.2012 – VIII ZR 1/11 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 9 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der BGH befasste sich mit der Frage, ob der Vermieter dem Mieter, der die durch die Anpassung der Betriebskostenvorauszahlungen entstandenen Mieterhöhungen nicht entrichtet, erst dann fristlos kündigen darf, wenn er den Mieter auf Zahlung der Erhöhungsbeträge verklagt hat und dieser rechtskräftig zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden ist.
Entgegen der bisher herrschenden Meinung- hat der BGH diese Frage verneint: Er entschied, dass die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses durch den Vermieter wegen eines Zahlungsrückstands mit Beträgen, um die der Vermieter die Betriebskostenvorauszahlungen gemäß § 560 Absatz 4 BGB einseitig erhöht hat, nicht voraussetze, dass der Mieter zuvor im Wege der Zahlungsklage in Anspruch genommen und rechtskräftig zur Zahlung der Erhöhungsbeträge verurteilt worden sei. Ein solches Erfordernis ergebe sich weder aus § 569 Absatz 3 Nr. 3 BGB noch aus einem schutzwürdigen Interesse des Mieters. Der Mieter sei vielmehr dadurch hinreichend geschützt, dass im Räumungsprozess geprüft werden müsse, ob der Vermieter die Vorauszahlungen auf die von ihm festgesetzte Höhe anpassen durfte.
Das bedeutet, dass die mieterschützende Vorschrift des § 569 Absatz 3 Nr. 3 BGB bei Kündigungen ohne vorangegangene Zahlungsklage gar nicht einschlägig ist. Wichtig ist auch, dass die Ausführungen des BGH ebenfalls für modernisierungsbedingte Mieterhöhungen nach § 559 BGB gelten. Diese für Mieter äußerst nachteilige Entscheidung führt damit zu folgenden Empfehlungen: Künftig ist bei Zweifeln an der Berechtigung von Vorschusserhöhungen oder modernisierungsbedingten Mieterhöhungen Feststellungsklage zu erheben. Oder es sind die Beträge unter Vorbehalt zu zahlen, und die Berechtigung der vermieterseitigen Forderungen ist in einem Rückforderungsverfahren zu überprüfen.
13.01.2013