Leitsatz:
Allein durch den Umzug in eine Ersatzwohnung desselben Vermieters wird kein neuer Mietvertrag begründet.
BGH v. 21.11.2012 – VIII ZR 50/12 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Vermieter wollte die Wohnung umfassend modernisieren und bot dem Mieter deshalb an, in eine andere – deutlich kleinere – ihm gehörende Wohnung als Ausweichquartier umzuziehen. Die Nettokaltmiete für die ursprüngliche Wohnung betrug nur sensationelle 1,58 Euro pro Quadratmeter und Monat. Nachdem der Mieter in die Umsetzwohnung eingezogen war, verlangte der Vermieter die Zahlung einer Miete, die sich am ortsüblichen Niveau für die neue Wohnung orientierte und 5,60 Euro pro Quadratmeter und Monat betrug. Der Mieter weigerte sich zu zahlen, so dass es zum Prozess kam.
Hier ging es um die Rechtsfrage, ob die Mietvertragsparteien das Mietverhältnis aufheben und dieses durch ein neues ersetzen wollten (sogenannte Novation) oder ob sie den bestehenden Vertrag nur ändern wollten.Nur, wenn man im vorliegenden Fall von einer – durch schlüssiges Handeln (Umzug des Mieters) vollzogenen – Novation ausgeht, kann der Vermieter die höhere Miete als Neuvertragsabschlussmiete verlangen.
Der BGH entschied für den Mieter und begründete wie folgt: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei bei der Abgrenzung zwischen einer Vertragsänderung und einer Novation durch Auslegung zu ermitteln, was die Parteien im Einzelfall gewollt hätten. Bei der Auslegung sei die anerkannte Auslegungsregel zu beachten, dass bei der Feststellung des Willens der Parteien, das alte Schuldverhältnis aufzuheben und durch ein neu begründetes Rechtsverhältnis zu ersetzen, große Vorsicht geboten sei und von einer Novation nur ausnahmsweise ausgegangen werden dürfe, sofern die Parteien einen solchen Willen unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht hätten. Im Zweifel sei daher nur von einer Vertragsänderung auszugehen. So sei es auch vorliegend.
Den Vermieter träfe die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Parteien mit dem Umzug des Mieters einen neuen, vom bisherigen Mietverhältnis unabhängigen Mietvertrag schließen wollten und deshalb anzunehmen sei, dass der Wille der Parteien – mangels Bezifferung der im neuen Mietverhältnis zu zahlenden Miete – dahin ging, dass der Mieter nunmehr die für die neue Wohnung ortsübliche Miete zu zahlen hätte. Dies sei dem Vermieter nicht gelungen, und Umstände, die auf einen derartigen Willen beider Parteien zum Abschluss eines neuen Mietvertrags schließen ließen, seien nicht feststellbar.
Zudem läge der Auszug des Mieters vorrangig im Interesse des Vermieters, der anderenfalls die beabsichtigte umfassende Modernisierung jedenfalls nicht zeitnah hätte durchführen können. Deshalb liege die Annahme fern, der Mieter sei bereit gewesen, zur freiwilligen Ermöglichung dieser Modernisierung nicht nur in eine erheblich kleinere Ersatzwohnung umzuziehen, sondern hierfür auch noch einen neuen Mietvertrag abzuschließen und eine deutlich höhere Miete zu zahlen.
29.11.2013