Leitsätze:
a) Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, wenn die Vertragsparteien bei der Gewerberaummiete in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbaren, dass der Vermieter im Anschluss an Nebenkostenabrechnungen die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen durch einseitige Erklärung anpassen darf (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. September 2012 XII ZR 112/10 NJW 2013, 41).
b) Die Ausübung dieses Anpassungsrechts unterliegt nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 Satz 1 BGB, so dass sie nicht dazu führen kann, dass ein wirksam auf längere Zeit als ein Jahr geschlossener Mietvertrag über Gewerberaum ab der Anpassung der Vorauszahlungshöhe wegen Verstoßes gegen § 550 Satz 1 BGB für unbestimmte Zeit gilt.
BGH v. 5.2.2014 – XII ZR 65/13 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 12 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der schriftliche Gewerberaummietvertrag vom März 2005 war für eine Laufzeit bis zum 31.8.2010 abgeschlossen. Zur Höhe der Nebenkostenvorauszahlung bestimmte der Mietvertrag: „Sich aus einer Nebenkostenvorauszahlung ergebende Guthaben beziehungsweise Nachforderungen sind unverzüglich gegenseitig auszugleichen. In diesen Fällen sowie bei einer Erhöhung oder Senkung der Betriebskosten darf seitens der Vermieterin der monatlich zu zahlende Vorschuss entsprechend neu festgesetzt werden.“
Nachdem die Nebenkostenabrechnung für die Mietzeit im Jahr 2005 zu einer Nachforderung von rund 5200 Euro netto geführt hatte, teilte der Vermieter der Mieterin mit Schreiben vom 18.6.2007 mit, dass eine Anpassung der Vorauszahlung notwendig sei und die Nebenkostenvorauszahlung sich ab August 2007 auf monatlich 3391,47 Euro netto belaufe.
Am 3.3.2009 kündigte die Mieterin das Mietverhältnis zum 30.9.2009, weil sie meinte, nicht an die vereinbarte Vertragslaufzeit gebunden zu sein. Wegen der Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen sei die Schriftform des Mietvertrags nicht mehr gewahrt, so dass dieser als auf unbestimmte Zeit geschlossen gelte und daher ordentlich kündbar sei.
Dieser Rechtsansicht folgte der BGH nicht.
Zwar gelte der § 560 Abs. 4 BGB nur für die Wohnraum-, nicht aber für die Gewerberaummiete, jedoch sei es zulässig, wenn die Vertragsparteien bei der Gewerberaummiete in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbaren, dass der Vermieter im Anschluss an Nebenkostenabrechnungen die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen durch einseitige Erklärung anpassen darf.
Die ausgesprochene Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlung des Vermieters unterläge aber nicht dem Schriftformerfordernis des § 550 Satz 1 BGB.
Der BGH habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass es eine Reihe von Fallgestaltungen gäbe, in denen § 550 BGB den Zweck, einem späteren Grundstückserwerber Klarheit über die Bedingungen eines langfristigen Mietvertrags zu verschaffen, in den er kraft Gesetzes eintritt, nicht umfassend gewährleisten könne. Dies gelte unter anderem für die einem Grundstückserwerber wichtige Kenntnis, bis zu welchem Zeitpunkt ein langfristiges Mietverhältnis bestehe. Enthalte die Mietvertragsurkunde eine Verlängerungsoption zugunsten des Mieters, könne der Grundstückserwerber der Urkunde nicht entnehmen, ob der Mieter diese Option vor dem Eigentumsübergang ausgeübt habe oder nicht, so dass Ungewissheit darüber bestehen könne, ob das Mietverhältnis bald enden oder gegebenenfalls noch jahrelang fortbestehen werde. Der Erwerber des Grundstücks sei aber durch die aus der Urkunde ersichtliche Verlängerungsoption hinreichend gewarnt, so dass es ihm zuzumuten sei, sich gegebenenfalls bei dem Verkäufer oder bei dem Mieter zu erkundigen (BGH vom 24.7.2013 – XII ZR 104/12 – und vom 2.5.2007 XII ZR 178/04).
Nicht anders liege es bei der streitgegenständlichen Klausel zur Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen. Auch sie eröffne dem Vermieter in zulässiger Weise das Recht, durch eine einseitige Willenserklärung eine Vertragsänderung herbeizuführen. Sie solle eine flexible Anpassung der Vorauszahlungshöhe ermöglichen und sei daher gerade auch bei einem auf mehrere Jahre befristeten Mietvertrag sinnvoll. Die entsprechende Erklärung könne aber, ebenso wie die Ausübung einer Verlängerungsoption, nicht Bestandteil der von § 550 BGB geforderten Vertragsurkunde sein. Dem Schutzbedürfnis eines späteren Grundstückserwerbers sei dadurch ausreichend Rechnung getragen, dass ihn die entsprechende Vertragsbestimmung deutlich darauf hinweise, dass eine die Vorauszahlungshöhe gegenüber der Vertragsurkunde ändernde Festsetzung erfolgt sein könne.
26.10.2017