Leitsatz:
Wird in einem Formularmietvertrag über gewerblich genutzte Räume der Mieter neben der bedarfsabhängigen Vornahme von Schönheitsreparaturen auch dazu verpflichtet, die Räume bei Beendigung des Mietverhältnisses in einem „bezugsfertigen Zustand“ zurückzugeben, ergibt sich daraus kein Summierungseffekt, der zur Unwirksamkeit der beiden Klauseln führt.
BGH v. 12.3.2014 – XII ZR 108/13 –
Langfassung: www.bundesgerichtshof.de [PDF, 15 Seiten]
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Geschäftsraummietvertrag waren unter anderen folgende Formularklauseln vereinbart:
§ 7 Nr. 3: Der Mieter ist verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in einem angemessenen Turnus auszuführen. Im Hinblick auf das Gewerbe des Mieters gehen die Parteien davon aus, dass alle drei Jahre Renovierungsbedürftigkeit eintreten kann.
§ 12 Nr. 1: Bei Beendigung des Mietverhältnisses ist das Mietobjekt in bezugsfertigem Zustand und mit sämtlichen auch vom Mieter selbst beschafften Schlüsseln zurückzugeben.
Nachdem das Mietverhältnis einvernehmlich beendet worden war, zog die Mieterin, die während der mehr als fünfjährigen Mietdauer keine Schönheitsreparaturen durchgeführt hatte, aus den Mieträumen aus. Der Vermieter forderte Schadensersatz in Höhe von 3416 Euro für unterlassene Schönheitsreparaturen.
Der BGH gab dem Vermieter Recht.
§ 7 Nr. 3 des Mietvertrags sei dahingehend auszulegen, dass die Mieterin zwar zu einer regelmäßigen Renovierung der Mieträume verpflichtet sein sollte, die Mietvertragsparteien die Erforderlichkeit von Schönheitsreparaturen jedoch zusätzlich von einem tatsächlich vorhandenen Bedarf abhängig machen wollten. Die in § 7 Nr. 3 Satz 2 des Mietvertrags enthaltene Regelung, wonach die Parteien im Hinblick auf das Gewerbe der Mieterin davon ausgehen, dass alle drei Jahre Renovierungsbedarf eintreten kann, sei nicht als zwingend einzuhaltende Frist zu bewerten und deshalb das Vorliegen einer starren Fristenregelung zu verneinen.
Auch enthalte § 12 Nr. 1 des Mietvertrags keine (versteckte) Endrenovierungsklausel, die die Mieterin unabhängig vom tatsächlichen Erhaltungszustand der Mieträume zur Vornahme einer umfassenden Renovierung verpflichte. Nach dem Wortlaut der Vertragsklausel schulde die Mieterin die Rückgabe der Mieträume in bezugsfertigem Zustand. Um diese Verpflichtung zu erfüllen, müsse die Mieterin die Mieträume, jedenfalls grundsätzlich, nicht umfassend renovieren. Ausreichend sei es vielmehr, wenn sie die Mieträume in einem Erhaltungszustand zurückgebe, die es dem Vermieter ermöglichten, einem neuen Mieter die Räume in einem bezugsgeeigneten und vertragsgemäßen Zustand zu überlassen. Nur wenn die Räume diesen Anforderungen nicht genügten, etwa weil die Mieterin während der Mietzeit keine Schönheitsreparaturen durchgeführt habe, die letzten Schönheitsreparaturen lange zurücklägen oder sich die Mieträume aufgrund übermäßig starker Abnutzung trotz durchgeführter Schönheitsreparaturen nicht in einem zur Weitervermietung geeigneten Zustand befänden, habe die Mieterin bei ihrem Auszug Renovierungsarbeiten zu erbringen. Dies folge jedoch bereits aus der Verpflichtung der Mieterin, Schönheitsreparaturen durchzuführen, wenn es der Erhaltungszustand der Mieträume erfordere. Eine zusätzliche Belastung erfahre die Mieterin durch die Regelung, die Mieträume in bezugsfertigem Zustand zurückzugeben, damit nicht.
In einer Gesamtschau der für die Auslegung maßgeblichen Umstände seien die Regelungen in § 7 Nr. 3 und § 12 Nr. 1 des Mietvertrags deshalb dahingehend zu verstehen, dass die Mieterin die Schönheitsreparaturen nur bei Bedarf auszuführen habe und hierfür weder ein festes Intervall bestehe noch die zwingende Notwendigkeit, die Mieträume beim Auszug frisch zu renovieren.
Nach den getroffenen und von der Mieterseite nicht angegriffenen Feststellungen habe die Mieterin während der mehr als fünfjährigen Nutzung der Mieträume keine Schönheitsreparaturen durchgeführt. Die Mieträume befanden sich im Zeitpunkt der Rückgabe an den Vermieter jedenfalls hinsichtlich des Anstrichs in einem renovierungsbedürftigen Zustand. Die Wände wiesen an den Stellen, an denen Möbel standen beziehungsweise Bilder hingen, Schattierungen auf, die einen Neuanstrich erforderlich machten, um die Räume in einen bezugsfertigen Zustand zu versetzen. Die Mieterin wäre daher nach § 7 Nr. 3 des Mietvertrags verpflichtet gewesen, den erforderlichen Wandanstrich vorzunehmen. Diese geschuldete Leistung habe sie nicht erbracht, was den auf der Grundlage eines von einem Malerbetrieb erstellten Angebots auf 3416 Euro geschätzten Schadensersatzanspruch des Vermieters rechtfertige.
31.12.2016