Leitsatz:
Der Vermieter einer Wohnung kann den Mietvertrag nicht deshalb kündigen, weil er das Haus in Wohnungseigentum umgewandelt hat und die Wohnung verkaufen will.
LG Berlin vom 20.6.2014 – 63 S 366/13 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Juni 2010 hatten die Vermieter die Immobilie aufgeteilt und in Wohnungseigentum umgewandelt. Am 1.11.2012 kündigten sie das Mietverhältnis, weil sie die Wohnung verkaufen wollten. Bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses seien sie an einer wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung gehindert. Das Landgericht hielt die Kündigung für unbegründet. Ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei nicht gegeben. Es könne dahinstehen, ob die Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert seien und dadurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würden. Denn jedenfalls könnten sich die Vermieter nicht darauf berufen, dass sie die Mieträume im Zusammenhang mit einer nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern wollten, weil dieser Sachverhalt in § 573 Abs. 2 Nr. 3, 3. Halbsatz BGB ausdrücklich als Kündigungsgrund ausgeschlossen worden sei.
Urteilstext
Gründe
I.
Die Kläger begehren die Räumung und Herausgabe der von den Beklagten innegehaltenen Wohnung. Sie machen geltend, dass das Mietverhältnis aufgrund der unter dem 1. November 2012 erklärten Kündigung, die sie in der Klageschrift vorsorglich noch einmal erklärt haben, beendet sei.
Durch das am 12. November 2013 verkündete und den Klägern am 19. November 2013 zugestellte Urteil hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei nicht gegeben sei, weil der Ausschlussgrund des § 573 Abs. 2 Nr. 3, 3. Halbs. BGB vorliege. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Kläger durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung der Wohnung gehindert seien.
Dagegen wenden sich die Kläger mit der von ihnen am 27. November 2013 beim Landgericht Berlin eingelegten Berufung, die sie mit am 19. Februar 2014 innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz begründet haben. Die Kläger machen unter anderem geltend, der Ausschlussgrund des § 573 Abs. 2 Nr. 3, 3. Halbs. BGB liege nicht vor, weil es zur Aufteilung in Wohnungseigentum nur deshalb gekommen sei, um den leer stehenden Wohnraum in den beiden oberen Geschossen zu veräußern. Die hier in Rede stehende Kündigung sei nicht in zeitlichem Zusammenhang mit der Teilung und dem genannten Verkauf erfolgt. Insoweit sei auf die rechtliche Wertung in § 577a BGB abzustellen.
Die Kläger beantragen, die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Amtsgerichts Schöneberg vom 22. Oktober 2013 zu verurteilen, die von ihnen innegehaltene Wohnung im Hause … , … Berlin, Vorderhaus, 2. OG, bestehend aus vier Zimmern, Kammer, Küche, Diele, Bad, WC und zwei Balkonen nebst Nebengelass, mit einer Wohnfläche von ca. 159,11 m2 zu räumen und geräumt an die Kläger herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen das Urteil des Amtsgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens als zutreffend.
II.
Die Berufung ist zulässig.
Insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO). Die Berufung ist unbegründet.
Die Kläger können von den Beklagten nicht nach § 546 Abs. 1 BGB die Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verlangen.
Durch die unter dem 1. November 2012 erklärte Kündigung wurde das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht beendet. Ein Kündigungsgrund nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist nicht gegeben. Es kann dahinstehen, ob die Kläger durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert sind und dadurch erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würden. Denn jedenfalls können sich die Kläger nicht darauf berufen, dass sie die Mieträume im Zusammenhang mit einer nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern wollen (§ 573 Abs. 2 Nr. 3, 3. Halbs. BGB).
Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass der in Rede stehende Ausschlusstatbestand erfüllt ist. Die Kläger haben nach dem Erwerb des Grundstücks Wohnungseigentum begründet und haben die Kündigung ausgesprochen, um dieses zu veräußern.
Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob der Kündigungsausschluss nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 HS 3 BGB zeitlich unbefristet ist (vgl. dafür LG Berlin, Urt. v. 29. März 2010 – 67 S 338/09 – MM 2010, 226f Tz 31ff gegen LG Stuttgart, Urt. v. 21. Februar 1990 – 13 S 426/89 – WuM 1991, 201f zum alten Recht; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Aufl. § 573 Rn 11; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 11. Aufl., § 573 Rn 179). Eine Befristung lässt sich dem Wortlaut der Regelung jedenfalls nicht entnehmen.
Selbst wenn die Ansicht der Kläger zutreffen sollte, dass die in § 577a BGB genannte Frist hier entsprechend anzuwenden sein sollte (so auch Lammel, Wohnraummietrecht, 2. Aufl., § 573 Rn 114), wofür der Zweck des § 573 Abs. 2 Nr. 3. 3. Halbs. BGB, eine Umgehung der Kündigungsbeschränkung des § 577a Abs. 1 BGB zu verhindern (vgl. dazu Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 7. Aufl., § 573 Rn 50), sprechen könnte, würde dies der Kündigung vom 1. November 2012 nicht zur Wirksamkeit verhelfen. Denn seit der Begründung des Wohnungseigentums am 28. Juni 2010 waren bei Ausspruch der Kündigung vom 1. November 2012 noch nicht einmal drei Jahre (§ 577a Abs. 1 BGB) vergangen. Im Übrigen betrug die maßgebliche Frist gemäß § 577a Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 1f der Berliner Verordnung im Sinne des § 577a Absatz 2 BGB über den verlängerten Kündigungsschutz bei Umwandlung einer Mietwohnung in eine Eigentumswohnung (Kündigungsschutzklausel-Verordnung) vom 16. August 2011 (GVBI. 2011, S. 442) sieben Jahre. Diese Frist ist bisher erst Recht nicht abgelaufen. Eine vor Ablauf der Sperrfrist erklärte Kündigung ist aber unwirksam (vgl. Palandt/Weidenkaff, a.a.O., § 577a Rn 7).
Ohne Erfolg machen die Kläger geltend, dass die Kündigung auch zulässig gewesen wäre, wenn sie die Immobilie nicht aufgeteilt hätten und die Kündigung allein darauf gestützt hätten, dass Wohnraum in oberen Etagen besser vermietet werden könne, wenn ein Aufzug vorhanden sei, der Einbau eines Aufzugs aber nur möglich sei, wenn die Wohnungen auf jeder Etage zusammengelegt werden. Grundlage für die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung sind nur diejenigen Gründe, die im Kündigungsschreiben angegeben sind (§ 573 Abs. 3 S. 1 BGB). Dies ist hier die beabsichtigte Veräußerung von Wohnungseigentum. Andere Gründe, als die im Kündigungsschreiben angegebenen können nur dann beachtlich sein, wenn sie nachträglich entstanden sind (§ 573 Abs. 3 S. 2 BGB). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Auch die in der Klageschrift vom 24. Juni 2013 erklärte Kündigung ist unwirksam. Insoweit gelten die obigen Ausführungen entsprechend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Denn den Klägern würde es nach den oben stehenden Ausführungen auch dann nicht zum Erfolg verhelfen, wenn man eine zeitliche Befristung des Kündigungsausschlusses gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 3, 3. Halbs. BGB annehmen würde.
31.12.2017