Leitsatz:
Gibt der Mieter seine Kündigung am 21.12. zur Post zwecks Zustellung per Einschreiben mit Rückschein, ist von einem Zugang bis zum 3. Werktag des Januar auch dann auszugehen, wenn der Hausverwalter das postgelagerte Einschreiben bis dahin nicht abgeholt hat.
LG Berlin vom 28.10.2015 – 65 S 276/15 –
Mitgeteilt von RA Bernd Schütze
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Kündigung des Mietverhältnisses war dem Vermieter zu Händen des Verwalters tatsächlich zwar nicht bis zum 3. Werktag des Monates Januar zugegangen. Wie das Landgericht jedoch überzeugend ausführt, ist der Vermieter aber jedenfalls nach § 242 BGB so zu behandeln, als wäre die Kündigung rechtzeitig zugegangen.
Die Einlegung einer Nachricht über die Postlagerung eines Schreibens ersetze zwar nicht den Zugang des Schreibens; auch bei einem Einschreiben mit Rückschein komme es für den Zugang grundsätzlich auf den Erhalt des Briefes an, weil dann erst vom Inhalt Kenntnis erlangt werden könne. Auch bestünde nicht ohne Weiteres eine Verpflichtung des Empfängers, postlagernde Schreiben abzuholen. Das sei jedoch dann anders zu beurteilen, wenn der Empfänger als Verwalter die Vermieterseite vertritt und dem Erklärenden ausschließlich diese Postfachanschrift zum Abwickeln des Mietverhältnisses mitgeteilt habe. In einem solchen Fall dürfe es nicht dazu führen, dass der Empfänger den Erhalt des Schreibens durch Ab- beziehungsweise Nichtabholung des Schreibens bestimmen könne. Nach den Grundsätzen der Zugangsvereitelung habe der Empfänger eines Einschreibens gewisse Treupflichten, wenn er mit dem Eingang rechtsgeschäftlicher Erklärungen rechnen müsse.
Der VIII. Zivilsenat des BGH habe dazu bereits 1976 entschieden (Urteil vom 3.11.1976 – VIII ZR 140/75 –), dass eine Willenserklärung, die nicht in den Empfangsbereich der Person gelangt, für die sie bestimmt sei, dann nach § 242 BGB als rechtzeitig zugegangen angesehen werden könne, wenn sich aus dem Bestehen von Rechtsbeziehungen zwischen dem Erklärenden und dem Erklärungsempfänger und der besonderen Art solcher Beziehungen eine Obliegenheit gemäß § 242 BGB ergebe, ein Postfach regelmäßig zu leeren. Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein Vermieter zur Entgegennahme von Schreiben eine Liegenschaftsverwaltung betraut hat. In einem solchen Fall müssten – wie auch sonst bei der Sicherstellung des Zugangs von Schreiben – Vorkehrungen dafür getroffen werden, dass das Postfach regelmäßig geleert werde und Schreiben gewöhnlich am nächsten Tag abgeholt würden.
Auch aus dem Umstand, dass die Kündigung kurz vor den Weihnachtsfeiertagen am Freitag, dem 21.12. zur Post zwecks Zustellung aufgegeben worden sei, folge keine andere Bewertung, denn auch zwischen Feiertagen gelte, dass der Empfänger – sei es ein Vermieter, dessen Hausverwaltung oder ein Mieter – sicherzustellen habe, dass Post ihn erreiche.
Ohne Erfolg mache der Vermieter deshalb geltend, dass die Kündigung per einfachem Brief oder durch Einwurfeinschreiben hätte übersandt werden können. Denn es handele sich dabei – anders als bei einem Einschreiben mit Rückschein – nicht um eine Zustellung, deren Nachweis gleichermaßen sicher erbracht werden könne; zudem ändere es nichts daran, dass es Sache des Vermieters beziehungsweise der von ihm beauftragten Hausverwaltung war, den Empfang von Postsendungen sicherzustellen. Wenn der Vermieter beziehungsweise dessen Hausverwaltung sich entschlössen – nicht nur im Mietvertrag, sondern auch sonst im Schriftverkehr – dem Mieter gegenüber eine Postfachanschrift anzugeben, so könne dies nicht zu Lasten des erklärenden Mieters dazu führen, dass der Empfang von Schreiben in die Entscheidungsbefugnis des Empfängers – hier der Hausverwaltung – falle. …
14.02.2016