Leitsatz:
Der Vermieter kann das Mietverhältnis fristlos kündigen, wenn die Mieterin einen Privatsender aufgefordert hat, über einen Streit zu ihrer Nebenkostenabrechnung zu berichten und den Vermieter an dessen Wohnsitz aufzusuchen, damit dieser sich aufgrund des öffentlichen Drucks den vermeintlichen Forderungen der Mieterin beugt.
AG Wiesbaden vom 21.3.2014 – 93 C 4456/13 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Gericht hielt die fristlose Kündigung gemäß §§ 543 Abs. 1, 569 BGB wegen des Verhaltens der Mieterin für gerechtfertigt. Aufgrund der Vernehmung von Zeugen ergab sich Folgendes: Danach hatte die Mieterin ein Fernsehteam damit beauftragt, den Vermieter beziehungsweise seine Ehefrau zum Streit über die Betriebsnebenkosten zu befragen. Mitglieder des Fernsehteams hätten gegenüber einem Zeugen geäußert, dass die Mieterin ihnen eine Genehmigung zur Durchführung der Fernsehaufnahmen gegeben habe. Der Zeuge habe im weiteren Verlauf die Mieterin befragt, ob eine Beauftragung eines Fernsehteams wirklich notwendig gewesen sei, woraufhin die Mieterin nur gemeint habe, dass die Vermieter das bekämen, was sie verdienten. Weiterhin hätten die Zeugen übereinstimmend angegeben, dass Mitglieder des Fernsehteams die private Telefonnummer der Vermieter-Eheleute angerufen hätten, wobei diese Nummer nicht im Telefonbuch stände, jedoch der Mieterin bekannt gewesen sei.
Das Verhalten des Fernsehteams müsse sich die Mieterin zurechnen lassen. Die Vorkommnisse an der Privatwohnung der Vermieter und im Mietshaus seien ein derart schwerwiegender Einschnitt in das zum damaligen Zeitpunkt bestehende Mietverhältnis, dass dem Vermieter und seiner Ehefrau ein Festhalten an dem Mietvertrag nicht weiter zugemutet werden konnte. Der Mieterin sei in diesem Zusammenhang zweifelsohne zuzugestehen, dass sie wegen des langen Streits über die Betriebskosten nicht untätig bleiben musste. Auch sei es ihr gutes Recht, Missstände anzuprangern und eine Besserung zu erwirken. Hier habe die Mieterin jedoch mit der Beauftragung des Fernsehteams in erheblicher Weise in den nach Art. 2 Abs. 1, 1 GG geschützten Bereich der Privatheit des Ehepaars eingegriffen, die über dasjenige hinausgehe, was im vorliegenden Fall erforderlich gewesen wäre. Der Mieterin stand nicht nur der Weg zum Mieterbund offen, sondern auch die Beratung durch einen Rechtsanwalt einschließlich der Möglichkeit der Anrufung eines Gerichtes. Alle vorgenannten Varianten hätten Gelegenheit geboten, den Streit zwischen den Parteien in geordneten Bahnen zu einem Ergebnis zu führen. Ein Interesse an einer sachlichen Auseinandersetzung fehle einem Fernsehteam eines Privatsenders in aller Regel jedoch, da ein möglichst konfliktreicher Sachverhalt eine dementsprechend gute Quote verspreche. Die Beauftragung des Fernsehteams habe nur zum Ziel, Druck auf den Vermieter und seine Ehefrau aufzubauen und diese in eine Zwangslage zu versetzen. Dass die Mieterin mit der Beauftragung des Fernsehteams keinerlei Interesse daran hatte, den schwelenden Konflikt mit dem Vermieter-Ehepaar zu einem Ergebnis zu führen, zeige sich an der glaubhaften Aussage des Zeugen, wonach die Mieterin gemeint habe, dass die Vermieter nur das bekämen, was sie verdienten. Insoweit sei die Beauftragung des Fernsehteams allein als beabsichtigte Prangerstellung zu sehen. Soweit es aber der Mieterin nur noch darum ging, den Vermieter unter Druck zu setzen und eine möglichst breite Öffentlichkeit über die Auseinandersetzung in Kenntnis zu setzen, bestehe für den Vermieter und seine Ehefrau keine Verpflichtung mehr, den Mietvertrag aufrecht zu halten. Ein Vertrag als schuldrechtliche Sonderverbindung verpflichte die jeweilige Partei auf die Interessen der jeweils anderen Partei
Rücksicht zu nehmen und diese nicht als konträren Widersacher zu sehen, der durch eine öffentliche Prangerstellung in die Knie gezwungen werden solle.
25.11.2014