Leitsatz:
Ergibt ein Aufmaß, dass die Wohnung erheblich größer [hier 33,95 Prozent] ist als vertraglich vereinbart, gibt dieser Umstand allein dem Vermieter noch kein Recht zur Mieterhöhung nach § 558 BGB. Bei der Berechnung der Kappungsgrenze ist auch in einem solchen Fall vom bisherigen Ausgangsmietzins auszugehen, welcher wegen der tatsächlich größeren Wohnfläche nicht zu erhöhen ist.
LG Berlin vom 11.9.2014 – 18 S 413/13 –
Mitgeteilt von RA Ludger Freienhofer
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das Gericht wendet sich ausdrücklich gegen die entgegen stehende Rechtsansicht des LG Halle (vom 19.3.2013 – 2 S 263/12 –) und hat deshalb die Revision zugelassen.
Urteilstext
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt die Erhöhung der Miete für die an den Beklagten vermietete Wohnung über die vom Beklagten zugestandene Mieterhöhung hinaus.
Das Amtsgericht hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil, verkündet am 02.12.2013, abgewiesen. Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Zur Begründung hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass Ausgangspunkt für die verlangte Mieterhöhung die bisher gezahlte Nettokaltmiete sei und nicht etwa eine fiktive Nettokaltmiete, die sich aus der tatsächlichen Wohnungsgröße im Verhältnis zu der im Mietvertrag genannten Wohnungsgröße ergeben würde. Die Kappungsgrenze sei insoweit anwendbar.
Gegen dieses ihr am 16.12.2013 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer am 17.12.2013 bei Gericht eingegangenen Berufung. Mit dem am 14.02.2014 eingegangenen Schriftsatz hat sie eine Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist um einen Monat bis zum 17.03.2014 beantragt, die bewilligt worden ist. Ihre Berufungsbegründung ist am 17.03.2014 bei Gericht eingegangen.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Mieterhöhungsbegehren weiter. Die Kappungsgrenze des § 558 Abs. 3 BGB sei auf die Anpassung der Miete an die größere als im Mietvertrag verlautbarte Wohnungsfläche nicht anwendbar. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie sie in der Entscheidung BGH NJW 2007, 2626, zum Ausdruck komme.
Die Klägerin beantragt, das am 02.12.2013 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg zum Geschäftszeichen 237 C 302/13 aufzuheben und der Klage stattzugeben.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angegriffene Urteil und vertieft seinen bisherigen Vortrag.
II.
Die Berufung ist statthaft, wahrt die Anforderungen an Form und Frist (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) und ist somit zulässig. Der Zulässigkeit steht auch nicht ein nicht hinreichend klarer Antrag entgegen, da aus der Berufungsbegründung unmissverständlich deutlich wird, in welchem Umfang das Urteil des Amtsgerichts angefochten wird, in dem begehrt wird, „der Klage stattzugeben“.
ln der Sache hat die Berufung allerdings keinen Erfolg. Hierzu hat die Kammer bereits mit dem den Parteien und ihren Prozessbevollmächtigten bekannten Hinweisbeschluss vom 30.04.2014 Stellung genommen. Darin heißt es u.a.:
„Das Amtsgericht hat zu Recht und mit durchweg zutreffenden Erwägungen die Klage abgewiesen, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung anschließt. Mit der Berufung werden keine neuen Gesichtspunkte angesprochen, sondern die Klägerin beruft sich wiederum auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23.05.2007, Az. VIII ZR 138/06, dort Rn. 19 (zitiert nach Juris).
Aus dieser Entscheidung ergibt sich jedoch lediglich, dass, wie das Amtsgericht zutreffend herausgearbeitet hat, ein Vermieter an einer Flächenangabe im Mietvertrag, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10% nach oben abweicht, nicht festgehalten werden kann, sondern einem Mieterhöhungsverlangen, und zwar einem nach § 558 Abs. 1 BGB (vgl. BGH a. a. 0.), die tatsächliche Fläche zugrunde legen kann. Wieso in einem solchen Fall die gesetzlich vorgesehene Kappungsgrenze nicht gelten soll, erschließt sich nicht und wird auch von der Klägerin nicht erklärt. Es liegt entgegen der Auffassung der Klägerin auch keine „Ausnahmesituation“ vor, die ermöglicht, „die Miete entgegen der gesetzlichen Begrenzungen anzupassen“. Das Gesetz gilt vielmehr auch im vorliegenden Fall. Im Übrigen kann auf die Ausführungen im amtsgerichtlichen Urteil verwiesen werden.
Daran hält die Kammer auch nach nochmaliger Überprüfung fest.
Sie bleibt dabei, dass es sich der von der Klägerin herangezogenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 23.05.207, Aktenzeichen VIII ZR 138/06, NJW 2007, 262, nicht entnehmen lässt, dass für Mieterhöhungen auf der Grundlage einer tatsächlich um mehr als 10 % nach oben von der im Mietvertrag vereinbarten Wohnfläche abweichenden Wohnungsgröße die Kappungsgrenze nicht gelten soll.
Zwar ist mit der Klägerin – entgegen der Auffassung des Beklagten – davon auszugehen, dass die Flächenangabe im Mietvertrag nicht eine bloß unverbindliche Objektbeschreibung, sondern eine Beschaffenheitsvereinbarung darstellt. Dafür, dass hier trotz der Angabe der Wohnungsgröße ausnahmsweise etwas Anderes gelten sollte, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich (vgl. BGH a.a.O., Rn. 13-15).
ln der Entscheidung heißt es allerdings außerdem ausdrücklich, dass „einem die gesetzlichen Fristen (§ 558 Abs. 1 BGB) wahrenden Mieterhöhungsverlangen die tatsächliche Wohnfläche zugrunde zu legen ist“ (a.a.O., Rn. 19). Auch wenn daher die tatsächliche Fläche zugrunde gelegt werden mag, muss das Mieterhöhungsverlangen im Übrigen den Voraussetzungen des§ 558 BGB entsprechen, zum Beispiel den dort genannten Fristen. Weshalb dies für die Kappungsgrenze nicht gelten sollte, erschließt sich nicht und wird auch von der von der Klägerin in Bezug genommenen Entscheidung des Landgerichts Halle/Saale vom 19.03.2013, Aktenzeichen 2 S 263/12 nicht näher begründet, wo es lediglich heißt, dass ein Festhalten an der Kappungsgrenze „keinen Sinn ergäbe“.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Kammer hat die Revision im Hinblick auf die abweichende Auffassung des Landgerichts Halle/Saale, wie oben zitiert, zugelassen (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO).
06.05.2018