Leitsatz:
Das Halten einer Katze in der Wohnung zählt unzweifelhaft zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Dabei ist zu beachten, dass das Betreten des Balkons der artgerechten Haltung einer Katze zumindest näherkommt als das ausschließliche Halten in der Wohnung. Daher zählt auch das Anbringen eines Netzes, mit dem es der Katze ermöglicht wird, an die frische Luft zu gelangen, ohne die Nachbarn zu stören oder Singvögel zu jagen, zu diesem genehmigungsfreien Gebrauch, jedenfalls dann, wenn das Netz ohne Eingriff in die Substanz des Hauses montiert wird und durch das Netz keine erhebliche optische Beeinträchtigung der Fassade gegeben ist. Von einer zusätzlichen optischen Beeinträchtigung ist dann nicht auszugehen, wenn schon andere Mieter der Wohnanlage (hier: 11) ein Katzennetz montiert haben und der Vermieter dies jahrelang geduldet hat.
AG Tempelhof-Kreuzberg vom 24.9.2020 – 18 C 336/19 –
Mitgeteilt von RA Cornelius Krakau
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Gegenteilig hatte vor Jahren das AG Neukölln entschieden (Urteil vom 12.4.2012 – 10 C 456/11 –, MieterMagazin 7+8/12, 38): Die Anbringung eines Katzennetzes an einer Holzkonstruktion auf einem zur Mietwohnung gehörenden Balkon ohne Zustimmung des Vermieters stellt eine vertragswidrige bauliche Veränderung dar und ist auf Verlangen des Vermieters zu unterlassen.
Urteilstext
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte·auf Anbringung eines Katzennetzes an ihrem Balkon aus§ 535 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Dauernutzungsvertrag vom 12.06.2015.
Das Halten einer Katze in der Wohnung ist bereits nach Nummer VII (22, 24) des Dauernutzungsvertrages gestattet und zählt unzweifelhaft zum bestimmungsgemäßen Gebrauch. Auch das Anbringen eines Netzes, mit dem es der Katze ermöglicht wird, an die frische Luft zu gelangen, ohne die Nachbarn zu stören oder Singvögel zu jagen, zählt zu diesem genehmigungsfreien Gebrauch. Zwar ist nach Nr.7·i) der dem Vertrag beigefügten Allgemeinen Geschäftsbedingungen die vorherige schriftliche Zustimmung erforderlich für Anbauten sowie Installationen, weshalb der Klägerin durch das Schreiben der Beklagten vom 06.03.2019 die Anbringung eines Katzennetzes untersagt wurde. Da das streitgegenständliche Netz jedoch unstreitig ohne Eingriff in die Substanz des Hauses montiert werden soll und zusätzlich (ebenso unstreitig) an weiteren 11 Balkonen Netze vorhanden sind, ist auch keine erhebliche optische Beeinträchtigung gegeben, mithin keine zustimmungspflichtige bauliche Veränderung. Der Beklagten kann nicht in ihrer Auffassung gefolgt werden, der Umstand, dass die anderen Netze ohne Zustimmung . angebaut worden seien, so dass nunmehr deren Beseitigung verlangt werde, führe dazu, dass auch der Klägerin die Anbringung nicht gestattet werden müsse. Die Beklagte hat vielmehr über einen längeren Zeitraum die Netze an 11 anderen Balkonen geduldet und damit ihr Ermessen dahingehend ausgeübt, dass die Katzennetze zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache zählen. Auch ist zu beachten, dass das Betreten des Balkons der artgerechten Haltung einer Katze zumindest näherkommt als das ausschließliche Halten in der Wohnung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Die Berufung gegen das Urteil war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder eine grundsätzliche Bedeutung hat noch eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert (§ 511 Abs. Nr. 1 ZPO).
25.11.2020