Zur Wirksamkeit einer ohne vorherige Abmahnung ausgesprochenen fristlosen Kündigung gegenüber einem gewalttätigen Wohnraummieter mit untherapierter Alkoholabhängigkeit und behaupteter Geschäftsunfähigkeit.
LG Berlin II vom 30.7.2024 – 67 S 190/24 –,
mitgeteilt von VRiLG Michael Reinke
Hier ging es um einen Fall, bei dem eine fristlose Kündigung für wirksam erachtet wurde, obwohl der Mieter höchstwahrscheinlich schuldunfähig und eine Abmahnung der Kündigung nicht vorausgegangen war.
Eine fristlose Kündigung ist gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam, selbst wenn der Mieter nicht schuldhaft gehandelt haben sollte. Zwar – so das Gericht – sei das Verschulden des Mieters in der Regel ein wesentlicher Abwägungsfaktor für die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung. Hier seien die Folgen der dem Mieter zur Last gelegten Pflichtverletzung jedoch derart schwerwiegend, dass dem Vermieter, dem auch Schutzpflichten gegenüber den weiteren Hausbewohnern oblägen, eine Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem gewalttätigen – und hinsichtlich seiner angeblichen Alkoholsucht untherapierten – Mieter unter keinen Umständen mehr zuzumuten gewesen sei. Das rechtfertige die fristlose Kündigung, auch wenn der Mieter vor Ausspruch der Kündigung nicht abgemahnt worden sei und das Mietverhältnis tatsächlich seit dem Jahre 2006 unbeanstandet gewährt haben sollte.
Urteilstext
G r ü n d e :
Das Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen, da die Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.
Der Beklagte ist gemäß §§ 985, 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe verpflichtet, da das Mietverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 15. Januar 2024 beendet worden ist. Diese ist gemäß § 543 Abs. 1 BGB wirksam, selbst wenn der Beklagte nicht schuldhaft gehandelt haben sollte. Zwar ist das Verschulden des Mieters in der Regel ein wesentlicher Abwägungsfaktor für die Zumutbarkeit der Vertragsfortsetzung (st. Rspr., vgl. nur Kammer, Urt. v. 5. März 2024 – 67 S 179/23, WuM 2024, 330). Hier waren die Folgen der dem Beklagten zur Last gelegten Pflichtverletzung aus den Gründen des angefochtenen Urteils, auf das die Kammer Bezug nimmt und denen im Wesentlichen nicht mehr hinzuzufügen ist, jedoch derart schwerwiegend, dass dem Kläger, dem auch Schutzpflichten gegenüber den weiteren Hausbewohnern obliegen, eine Fortsetzung des Mietverhältnis mit dem gewalttätigen – und hinsichtlich seiner angeblichen Alkoholsucht untherapierten – Beklagten unter keinen Umständen mehr zuzumuten war. Das rechtfertigt die fristlose Kündigung, auch wenn der Beklagte vor Ausspruch der Kündigung nicht abgemahnt worden ist und das Mietverhältnis tatsächlich seit dem Jahre 2006 unbeanstandet gewährt haben sollte.
28.11.2024