Leitsätze:
1. Modernisiert ein Wohnungsmieter mit Zustimmung des Vermieters auf eigene Kosten das Badezimmer der Wohnung, baut dort neue Sanitärobjekte ein und bringt erstmals Fliesen an, so mag ein nachfolgend durch Erwerb des Grundstücks nach § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetretener Vermieter zwar Eigentümer dieser Einbauten geworden sein. Die formale Eigentümerstellung des Vermieters hindert den Mieter aber nicht an einer neuerlichen Modernisierung des Badezimmers, denn er bleibt gemäß § 539 Abs. 2 BGB berechtigt, die von ihm eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen und durch neue zu ersetzen.
2. Nimmt ein Wohnungsmieter eigenmächtig bauliche Maßnahmen in der Wohnung vor, so stellt allein dies und die unterbliebene Einbindung des Vermieters noch nicht notwendig einen Grund für die Kündigung des Mietverhältnisses dar. Handelt es sich objektiv um eine wohnwertverbessernde Modernisierung und trägt der Vermieter einen sachlichen Grund für die Verweigerung einer rechtzeitig erbetenen Erlaubnis nicht vor, liegt eine hinreichend erhebliche Verletzung mietvertraglicher Pflichten nicht vor.
Das kann selbst dann gelten, wenn die Maßnahme mangelhaft ausgeführt wurde, sodass die angestrebte Wohnwertverbesserung in Frage steht. Dem Vermieter mag dann zwar ein Anspruch auf Rückbau und Wiederherstellung des vorherigen Zustandes zustehen. Ist dem Mieter der von ihm geschaffene Zustand gleichwohl genehm und hat er dafür erhebliche Kosten auf sich genommen, so kann es dem Vermieter zuzumuten sein, seinen Anspruch auf Wiederherstellung des vormaligen Zustandes bis zum Ende des Mietverhältnisses und der Fälligkeit seines Anspruchs auf Rückgabe der Mietsache im ordnungsgemäßen Zustand zurückzustellen.
3. Der fachgerechte Einbau einer abgehängten Decke mit Beleuchtungselementen stellt einen Eingriff in die Bausubstanz nicht dar und bedarf deswegen keiner vorherigen Erlaubnis des Vermieters.
4. Je nach den Umständen des Einzelfalls rechtfertigt der Versuch eines Mieters, das Prozessgericht über für den Rechtsstreit relevante Tatsachen zu täuschen, nicht zwangsläufig die Kündigung des Mietverhältnisses. Ging von dem Täuschungsversuch objektiv keine Gefahr für das Vermögen und die berechtigten wirtschaftlichen Interessen des Vermieters aus und hat der Vermieter seinerseits wiederholt die Vertragsrechte des Mieters missachtet, indem er die Existenz eines Mietverhältnisses in Abrede gestellt sowie zahlreiche unberechtigte Kündigungen erklärt hat, mag der einmalige Verstoß des Mieters gegen seine Vertragspflichten noch nicht hinreichend schwer wiegen, um die Beendung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.
LG Berlin vom 8.11.2023 – 64 S 31/23 –
nicht rechtskräftig; Der Kläger hat die zugelassene Revision eingelegt (BGH – VIII ZR 274/23 –); mitgeteilt von VRiLG Jörg Tegeder
Urteilstext
Gründe
I.
Die Klägerin als Vermieterin nimmt die Beklagten auf Räumung der seit Dezember 1972 der Beklagten zu 2) vermieteten Wohnung in Anspruch. Sie stützt sich auf Kündigungserklärungen vom 27. August 2021 und aus der Klageschrift vom 4. November 2021 wegen ungenehmigter Umbaumaßnahmen und wegen Verweigerung einer Wohnungsbesichtigung sowie auf Kündigungserklärungen vom 1. März 2022 und vom 15. Dezember 2022 wegen unwahren Parteivortrags vor und während des Rechtsstreits.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes einschließlich der im ersten Rechtszug zur Verhandlung gestellten Sachanträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angegriffenen Urteils Bezug genommen, das der Klägerin am 16. Januar 2023 zugestellt worden ist. Ergänzend wird auf den als Anlage B7 zur Klageerwiderung (vgl. Bl. I/75 ff. d. A.) eingeführten vorgerichtlichen Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 18. August 2021 Bezug genommen. Die Beklagte ließ dort unter anderem folgendes vortragen: Die von der Klägerin gerügten Baumaßnahmen „gehen überwiegend auf Baumaßnahmen aus dem Jahre 1991 zurück und geschahen allesamt in Abstimmung mit der (damaligen) Eigentümerin.“ Weiter heißt es auf Seite 3 des Schreibens auszugsweise: „1. Der Einzug einer neuen Wand zwischen Küche und Bad mit transparenten Glaselementen fand im Jahre 1991 in Absprache mit der damaligen Eigentümerin statt. Ebenso wurde seinerzeit die jetzt dort vorhandene Verfliesung eingebracht.“ Entsprechend heißt es auch in der Klageerwiderung: „Die von der Klägerin beschriebenen Maßnahmen (3 Durchbrüche für transparente Glaselemente, Einsatz einer Trockenbauwand, Einfügung einer Nische, Beseitigung eines Vorsprunges) wurden im Zeitraum März/April 1991 durchgeführt.“
Kurz nach dem letzten Termin zur Beweisaufnahme und zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug am 2. Dezember 2022 hat die Klägerin gegenüber den Beklagten mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2022 (Anlage K15, Bl. I/179 ff. d. A.) erneut die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses erklärt. Sie stützt diese Kündigungserklärung darauf, dass die Beklagten die gerügten Umbaumaßnahmen trotz Abmahnung und Fristsetzung nicht rückgängig gemacht hätten. Außerdem hätten die Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit wahrheitswidrig vorgetragen, indem sie behauptet hätten, die Durchbrüche für transparente Glaselemente, den Einbau einer Trockenbauwand, die Einfügung einer Nische und die Beseitigung eines Wandvorsprungs bereits 1991 vorgenommen zu haben, obwohl diese Baumaßnahmen – das ist inzwischen unstreitig – erst nach Dezember 2019 durchgeführt worden seien.
Das Amtsgericht hat die Kündigungen mangels hinreichender Kündigungsgründe als unwirksam angesehen und die Klage abgewiesen. Die bloße Veränderung des Eigentums des Vermieters könne eine Beendung des Mietverhältnisses nicht rechtfertigen, solange die Eigentumsrechte des Vermieters nicht nachhaltig beeinträchtigt oder gefährdet würden. Das könne vorliegend nicht festgestellt werden, weil das Mietverhältnis teils abweichend von den Regelungen im schriftlichen Mietvertrag vollzogen worden und die frühere Vermieterin mit den eigenmächtigen baulichen Eingriffen der Mieter einverstanden gewesen sei. Zudem regele ein Nachtrag zum Mietvertrag, dass die Mieter nicht nur für die Durchführung von Schönheitsreparaturen zuständig sein sollten, sondern auch für Änderungen und Reparaturen an der Elektroanlage. Die Kündigung vom 1. März 2022 genüge nicht der Schriftform; sie wäre auch materiell deswegen unwirksam gewesen, weil sich der als falsch gerügte Sachvortrag der Beklagten nicht auf Umstände beziehe, von denen das Ergebnis des Rechtsstreits abhänge. Die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung ausgesprochene Kündigung vom 15. Dezember 2022 könne nicht berücksichtigt werden. Sie rechtfertige auch nicht die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, da die Klägerin nicht hinreichend substantiiert dargetan habe, dass der als falsch gerügte Sachvortrag der Beklagten das Ergebnis des Rechtsstreits hätte beeinflussen können; außerdem sei offen, ob die Beklagten überhaupt vorsätzlich falsch vorgetragen oder sich schlicht geirrt hätten.
Mit der am 13. Februar 2023 eingelegten und im selben Schriftsatz begründeten Berufung verfolgt die Klägerin ihr Räumungsbegehren weiter. Sie müsse die tiefgreifenden Umbaumaßnahmen der Beklagten und die massiven Veränderungen der Bausubstanz nicht dulden, sondern habe das Mietverhältnis wegen der Eigentumsverletzung kündigen dürfen; unstreitig hätten die Beklagten unter anderem die massive Wand zwischen Küche und Wohnzimmer entfernt, den Verlauf von Elektroleitungen und Rohrsträngen verändert und die massive Wand zwischen Küche und Badezimmer mit Schlitzen versehen; solche Eingriffe seien einem Gebäudeeigentümer gegen seinen Willen nicht zuzumuten. Die Regelungen des Mietvertrages seien eindeutig und erlaubten den Mietern bauliche Veränderungen nur mit schriftlicher Zustimmung des Eigentümers; genau so sei das Mietverhältnis auch vollzogen und gelebt worden (Beweis: Zeugnis der Tochter der ehemaligen Vermieterin). Das Amtsgericht habe auch die Angaben des Zeugen Rooo unzutreffend gewürdigt, der den Beklagten durch seine nur teils wahrheitsgetreuen Aussagen ganz offensichtlich habe helfen wollen; so sei entgegen der Darstellung des Zeugen die im unteren Bereich mit Schimmel befallene Trennwand zwischen Küche und Wohnzimmer im Jahr 2021 eben nicht repariert, sondern – wie inzwischen unstreitig – stattdessen vollständig abgerissen worden. Anders als das Amtsgericht meine, handele es sich bei den Durchbrüchen und dem Einbau von Glaselementen in die Wand zwischen Küche und Bad auch nicht um bloß dekorative Veränderungen, sondern um einen Teilabriss der Mauerwerkswand, der nur durch umfangreiche Mauer-, Installateur- und Malerarbeiten rückgängig gemacht werden könne. Die Entfernung der Farbanstriche von Türen und Türzargen, sodass das bloße Holz freigelegt sei, habe mit der Schönheitsreparaturklausel nichts zu tun und sei auch nicht zu Reparaturzwecken erfolgt; gleiches gelte für das Abschleifen des Dielenbodens, welches die Lebensdauer des Holzbodens verkürze. Begründet seien auch die Kündigungserklärungen wegen wahrheitswidrigen Sachvortrags der Beklagten, denn für das Amtsgericht sei ausweislich seines Beweisbeschlusses durchaus erheblich gewesen, ob die Beklagten die Wand zwischen Küche und Bad bereits 1991 oder erst im Jahr 2021 mit Schlitzen versehen hätten. Überhaupt könne eine Kündigung dadurch getragen werden, dass ein Mieter sich im Rechtsstreit unredlicher Mittel bediene, und vorsätzlich falscher Prozessvortrag sei ganz sicher als unredlich einzuordnen. Jedenfalls im Berufungsrechtszug müsse die Kündigung vom 15. Dezember 2022 auch berücksichtigt werden.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, die im vierten Obergeschoss links des Gartenhauses ooostraße ooo in 1ooo Berlin gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, einer Kammer, einem Badezimmer, einer Küche, einem Abstellraum und einer Loggia zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Die Klägerin regt hilfsweise an, die Revision zuzulassen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
II.
1.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.
2.
Sie ist jedoch nicht begründet, denn das Amtsgericht hat die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils keine Aussicht auf Erfolg. Das Amtsgericht hat zutreffend erkannt, dass ein hinreichend erheblicher Grund zur Beendung des Mietverhältnisses durch ordentliche oder gar außerordentliche fristlose Kündigung nicht vorlag; das Mietverhältnis wurde gemäß §§ 573 Abs. 2 Nr. 1, 543 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2, 280 BGB durch die Kündigungserklärungen der Klägerin nicht beendet.
a)
Rechte der Klägerin aus dem Eigentum an dem Gebäude oder aus dem Mietverhältnis wurden durch die von den Beklagten im Jahre 2021 durchgeführte Modernisierung und den Umbau des Badezimmers nicht verletzt.
aa)
Die Beklagten haben schlüssig vorgetragen und durch das in der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2022 im Original vorgelegte Schreiben aus dem Jahre 1977 belegt, dass das Badezimmer – teilweise schon zu Beginn des Mietverhältnisses, teilweise Anfang der 1990er Jahre – umfangreich auf Kosten der Mieter umgebaut worden war; es wurde ausweislich des Schreibens jedenfalls eine neue Toilette sowie durch den Zeugen Rooo bezeugt eine neue Badewanne eingebaut, und das Bad wurde ausweislich dieser Beweismittel erstmals durch die Mieter mit Fliesen versehen. All dies geschah nach dem Vortrag der Beklagten sowie auch ausweislich der benannten Beweismittel mit Wissen und Billigung der damaligen Vermieterin; jedenfalls – und das ist entscheidend – hat die Klägerin weder darlegen und schon gar nicht beweisen können, dass die wertbildenden Elemente der vormaligen Badezimmerausstattung, welche die Beklagten im Zuge ihrer Baumaßnahmen im Jahre 2021 beseitigten und durch neue Installationen ersetzten, entweder auf Kosten der vormaligen Vermieterin beschafft oder auch schon gegen deren Willen, zumindest aber ohne deren Zustimmung, eingebaut worden waren.
Auf den Punkt gebracht, wirft die Klägerin den Beklagten im Sinne der §§ 543 Abs. 2 Nr. 2, 280 Abs. 1 BGB die vorsätzliche rechtswidrige Beschädigung der ihnen anvertrauten Mietsache vor. Sie kann sich daher nicht darauf zurückziehen, dass die Beklagten entgegen § 12 des Mietvertrages keine schriftlichen Vereinbarungen vorlegen könnten, die die von ihnen vorgenommenen Veränderungen legitimierten, sondern müsste ihren Vorwurf mit Substanz füllen und anschließend beweisen; die Beklagten trifft demgegenüber bloß eine sekundäre Darlegungslast, dass und aus welchen Gründen sie sich zu den durchgeführten Baumaßnahmen befugt sehen durften. Diesen Anforderungen wird ihr Vortrag hinreichend gerecht; die Klägerin kann ihn auch nicht dadurch schlüssig in Frage stellen, dass sie mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2021 exemplarisch eine umfangreiche und detaillierte Modernisierungsvereinbarung zwischen der damaligen Vermieterin und anderen Mietern aus dem Jahre 1982 vorlegt – zumal diese auf Betreiben der damaligen Mieter zum Zwecke der Beantragung und Erlangung einer Förderung abgeschlossen worden sein dürfte.
Ist mithin davon auszugehen, dass die im Zuge der Baumaßnahmen im Jahre 2021 beseitigte und sodann erneuerte Badezimmerausstattung bereits auf Mieterkosten eingebracht worden war, so mag die Klägerin zwar formal Eigentümerin dieser Einbauten gewesen sein, soweit diese im Sinne des § 94 BGB untrennbar mit dem Gebäude verbunden worden waren. Selbst soweit beispielsweise die Badezimmerfliesen nach Vorstellung der damaligen Mietvertragsparteien im Zeitpunkt des Einbaus vermutlich nicht im Sinne des § 95 BGB nur für die Dauer des Mietverhältnisses eingebaut bleiben sollten und somit nicht bloß Scheinbestandteile des Gebäudes wurden, änderte die formale Eigentümerstellung der Klägerin aber nichts daran, dass die Beklagten gemäß § 539 Abs. 2 BGB berechtigt waren, die von ihnen eingebrachten Einbauten wieder wegzunehmen – und durch neue zu ersetzen. Rechte der Klägerin wurden durch die Modernisierung des Badezimmers im Jahre 2021 mithin nicht beeinträchtigt.
bb)
Das gilt auch insoweit, als die Beklagten im Zuge der Badmodernisierung eine Trockenbauwand vor eine Bestandswand setzen ließen, um einen Vorsprung zu beseitigen und dort Rohre unterzubringen. Zum einen haben die Beklagten mit der Klageerwiderung (dort Seite 3, Bl. I/50 d. A.) vorgetragen, dass die Wand zwischen Badezimmer und Küche bereits im Jahre 1991 auf ihre Kosten und mit Billigung der damaligen Vermieterin verändert wurde, um das Badezimmer zu vergrößern; es steht daher gar nicht fest, ob der Vorsprung ursprünglich vorhanden war oder nicht. Zum anderen war der Einbau der Trockenbauwand offensichtlich erforderlich, um erstmals ein Hänge-WC in das Bad einzubauen. Insgesamt handelt es sich bei der Baumaßnahme mithin um eine Modernisierung, die zu einer Verbesserung des Wohnwerts sowie objektiv auch einer Erhöhung des Wertes des Mietobjekts führte. Selbst wenn der Respekt vor der Eigentümerstellung der Klägerin es wohl geboten hätte, diese förmlich um Erlaubnis für den Verschluss des Hohlraums unter Beseitigung der Nische zu bitten, ist daher nicht ersichtlich, aus welchen Sach- oder anderen rechtlich nicht zu missbilligen Gründen diese ihre Zustimmung hätte verweigern wollen oder können.
cc)
Entsprechendes gilt für die im oberen Bereich der Bestandswand ausgeführten Schlitze mit dort eingesetzten schmalen Fenstern, die dazu führen, dass in das Badezimmer nunmehr Tageslicht einfallen kann. Auch diese bauliche Maßnahme stellt sich objektiv als wohnwertverbessernde Modernisierung dar, hinsichtlich derer nicht ersichtlich ist, aus welchen Sach- oder anderen rechtlich nicht zu missbilligenden Gründen die Klägerin ihre Erlaubnis hätte verweigern wollen oder können. Als hinreichenden Grund für eine Kündigung des Mietverhältnisses kann die Klägerin diese bauliche Veränderung daher nicht fruchtbar machen.
Das gilt im Ergebnis selbst dann, wenn – wie die Klägerin mit dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 18. Oktober 2023 geltend macht – die eingebauten schmalen Fenster eine ausreichende Versorgung des Bades mit Tageslicht nicht sicherstellen könnten und insofern mangelhaft ausgeführt oder ausgewählt worden seien, als nunmehr die durch die Nutzung des Bades und insbesondere der Toilettenspülung entstehenden Geräusche deutlicher in der Küche wahrzunehmen seien als früher durch die geschlossene Wand. Der Klägerin dürfte zwar zuzugeben sein, dass der Einbau der Fenster unter diesen Umständen objektiv nicht zu einer Verbesserung des Wohnwertes geführt hätte. Richtig ist auch, dass der Klägerin dann ein Anspruch auf Rückbau der Fenster und Wiederherstellung einer ordnungsgemäß verschlossenen massiven Wand zwischen Küche und Bad zustünde. Gleichwohl durfte die Klägerin im Zuge der Abmahnung die Beklagten nicht zum sofortigen Rückbau dieser Maßnahmen verpflichten. Nachdem die Beklagten für die ihnen offenbar gleichwohl genehme Umgestaltung der Badezimmerwand erhebliche Kosten auf sich nahmen und die Mietvertragsparteien einander zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind, ist es der Klägerin nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nämlich jedenfalls zuzumuten, ihren Anspruch auf Wiederherstellung des vormaligen Wandzustandes bis zum Ende des Mietverhältnisses und der Fälligkeit ihres Anspruchs auf Rückgabe der Mietsache im ordnungsgemäßen Zustand zurückzustellen.
Klarstellend ist auszuführen, dass die Klägerin nach Auffassung der Kammer gegen die Beklagten zwar Anspruch auf Unterlassung weiterer eigenmächtiger Baumaßnahmen hätte, wohl auch eine zusätzliche angemessene Mietsicherheit zur Abdeckung der Rückbaukosten beanspruchen könnte und ferner berechtigten Anlass hätte, die Beklagten wegen der eigenmächtigen Änderung der Badezimmerwand abzumahnen – sowie für den Fall nachfolgender weiterer eigenmächtiger Wohnungsumgestaltungen das Mietverhältnis zu kündigen. Wiewohl die Umgestaltung der Wand ungenehmigt erfolgte, wäre es aber unverhältnismäßig, das Mietverhältnis ihretwegen fristlos oder auch binnen ordentlicher Frist zu beenden.
dd)
Soweit die Klägerin rügt, dass die Beklagten ohne ihre Zustimmung in der Küche eine Unterdecke mit integrierten Beleuchtungskörpern einbauten sowie Elektro- und Wasserinstallationen von der – gleichzeitig abgerissenen – Trennwand zum Wohnzimmer zu der gegenüber liegenden Wand verlegten, übersieht sie, dass der Herdanschluss und die Anschlüsse für Frisch- und Abwasser im Zuge der zu Beginn des Mietverhältnisses mit Billigung der damaligen Vermieterin vorgenommenen Verlegung der Küche vom ersten Zimmer rechts in den aus ehemaliger Kammer und Teilbereich des Berliner Zimmers entstandenen Raum durch die damaligen Mieter geschaffen und finanziert worden waren. Dies haben die Beklagten schlüssig vorgetragen und durch das Schreiben aus dem Jahre 1977 belegt. Es stand den Beklagten daher gemäß § 539 Abs. 2 BGB frei, die von ihnen geschaffenen Anschlüsse innerhalb der Küche zu verlegen. Gegen den fachgerechten Einbau einer abgehängten Decke mit Beleuchtungselementen ist, da eine solche am Ende des Mietverhältnisses unproblematisch und rückstandlos entfernt werden kann, ohnehin nichts zu erinnern; eine solche Maßnahme ist vom vertragsgemäßen Mietgebrauch gedeckt. Soweit die Klägerin erstmals im Berufungsrechtszug mit Nichtwissen zu bestreiten sucht, dass die Arbeiten sach- und fachgerecht vorgenommen worden seien, ist sie mit diesem neuen Vorbringen gemäß §§ 529, 531 ZPO präkludiert. Die Klägerin hat von Anfang an bloß den Rückbau sämtlicher Änderungen verlangt und sich im ersten Rechtszug nicht dafür interessiert, welche Unternehmen die Arbeiten zu welchen genauen Kosten durchführten; soweit ersichtlich, hat sie die Beklagten auch außergerichtlich nicht gebeten, ihr Auskünfte über die Qualität der Arbeiten und die durchführenden Unternehmen zu erteilen oder Rechnungen vorzulegen, sondern bloß den sofortigen Rückbau verlangt.
In Bezug auf die von den Beklagten im Jahre 2021 beseitigte Trennwand zwischen Küche und Wohnzimmer hat die Klägerin zwar in der mündlichen Verhandlung klarstellen lassen, dass diese entgegen der ursprünglichen Annahme der Kammer zu Beginn des Mietverhältnisses nicht insgesamt von Mieterseite errichtet, sondern damals lediglich mit einer Tür versehen worden war. Gleichwohl stellt sich die Entfernung der Trennwand samt Tür und die damit verbundene vollständige Öffnung der Küche hin zum Wohnzimmer nicht als rechtswidrige Beschädigung der Mietsache dar, die eine Beendung des Mietverhältnisses nach sich ziehen müsste.
Die Klägerin führt in dem ihr nachgelassenen Schriftsatz vom 18. Oktober 2023 allerdings zu Recht aus, dass die Umgestaltung des Wohnzimmers hin zu einem Wohn- und Essbereich mit offener Küche nicht ohne weiteres als wohnwertverbessernde Maßnahme einzuordnen ist. Vielmehr kann ein solcher Umbau je nach persönlichem Geschmack und Bedarf eines Mieters oder Eigentümers sowohl als vorteilhaft als auch als nachteilig anzusehen sein. Gleichzeitig steht auf Grund der von der Klägerin insoweit nicht in Zweifel gezogenen Aussage des Zeugen Rooo fest, dass die von den Beklagten entfernte Wand im unteren Bereich durch Feuchtigkeit und Schimmel beschädigt, mithin zumindest reparaturbedürftig war. Im Ergebnis gilt deswegen für diese Umbaumaßnahme vergleichbares wie für den Einbau der Fenster in die Bestandswand zwischen Küche und Bad: Die Klägerin hat zwar Anspruch auf Wiederherstellung der Wand und einer gegenüber dem Wohnzimmer abgeschlossenen Küche, kann diesen nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB aber im laufenden Mietverhältnis nicht durchsetzen.
ee)
Keine Verletzung der Rechte der Klägerin liegt schließlich in der Überarbeitung von Türen und Böden, zu der die Beklagten sich auf Grund der – vorliegend außergewöhnlich extensiven – Schönheitsreparaturklausel jedenfalls befugt sehen durften. Dass diese Maßnahmen objektiv nicht als Verbesserung, sondern als Verschlechterung der Mietsache einzuordnen seien, legt die Klägerin schon nicht schlüssig dar.
b)
Soweit die Klägerin ihr Klagebegehren nunmehr auch auf die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug ausgesprochene Kündigung vom 15. Dezember 2022 stützt, führte auch diese nicht zur Beendung des Mietverhältnisses.
Zwar liegt eine im Ergebnis zulässige Klageänderung im Sinne von § 533 ZPO vor. Die Klageerweiterung ist auf Tatsachen gestützt, die das Berufungsgericht im Sinne des § 529 ZPO ohnehin zu Grunde zu legen hat; denn Zugang und Inhalt der Kündigungserklärung vom 15. Dezember 2022 sind ebenso unstreitig wie der Fakt, dass die Angaben der Beklagten im vorgerichtlichen Schreiben vom 18. August 2021 sowie in der Klageerwiderung jedenfalls hinsichtlich einzelner Maßnahmen – nämlich Entfernung der Trennwand zwischen Küche und Wohnzimmer, Verlegung von Herd und Spüle, Einbau der schmalen Fenster in die Wand zwischen Küche und Bad – nicht der Wahrheit entsprachen; denn die Maßnahmen wurden unstreitig nicht schon im Jahre 1991, sondern erst 2021 durchgeführt. Die Klageerweiterung ist auch sachdienlich im Sinne des § 533 Nr. 1 ZPO, weil sie in engem Zusammenhang mit dem bisherigen Streitstoff und dem inhaltlichen Streit der Parteien steht sowie durch ihre Zulassung ein weiterer Rechtsstreit entbehrlich wird.
Wie sich aus den obigen Ausführungen zu aa) bis ee) ergibt, trifft es aber im Kern zu, dass die Baumaßnahmen der Beklagten deswegen keinen Anlass zu einer Mietvertragskündigung geben konnten, weil seitens und auf Kosten der Mieter mit Zustimmung der vormaligen Vermieterin bereits zu Beginn des Mietverhältnisses sowie nachfolgend zu Anfang der 1990er Jahren umfangreiche Baumaßnahmen in der Wohnung durchgeführt wurden. Soweit die Beklagten einzelne Baumaßnahmen wahrheitswidrig rückzudatieren versucht haben, ist diese Fehldarstellung der tatsächlichen Abläufe objektiv nicht dazu geeignet gewesen, die prozessuale Situation der Beklagten zu verbessern, da die durchgeführten Baumaßnahmen sich entweder auf Mietereinbauten aus den 1990er Jahren bezogen oder – wenn nicht objektiv, dann zumindest aus vertretbarer und von der Klägerin für die Dauer des Mietverhältnisses zu respektierender Sicht der Beklagten – zu einer Verbesserung der Mietsache geführt haben. In subjektiver Hinsicht bleibt der – vor dem Hintergrund der stattgehabten Bestandsaufnahme der Klägerin überdies offensichtlich untaugliche – Versuch der Beklagten, die Klägerin über den tatsächlichen Bauverlauf zu täuschen, als unredliches Geschäftsverhalten vorwerfbar und unterstreicht den schon oben zu a) bb) festgehaltenen Eindruck, dass die Beklagten der Klägerin als Vermieterin und Eigentümerin der Mietsache nicht den vollen Respekt entgegen bringen, den sie erwarten darf. Mangels objektiver Gefahr für das Vermögen und die berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Klägerin hält die Kammer diesen einmaligen Verstoß der Beklagten gegen ihre Vertragspflichten – auch vor dem Hintergrund der in der Leugnung eines Mietverhältnisses und in zahlreichen haltlosen Kündigungsversuchen liegenden nicht unerheblichen Vertragsverletzungen der Klägerin – aber noch nicht für hinreichend schwerwiegend, um die Beendung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.
3.
Die Kostenentscheidung folgt § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit richtet sich nach §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist die Revision zuzulassen. Die Frage, unter welchen Umständen die mieterseitige Durchführung ungenehmigter, aber nach Geschmack der Mieter wohnwerterhöhender Baumaßnahmen sofort fällige Rückbauansprüche des Vermieters auslösen und eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen, hat grundsätzliche Bedeutung. Gleiches gilt für die Frage, unter welchen weiteren Umständen der objektiv untaugliche Versuch, die eigene Prozesssituation durch leicht widerlegbare unwahre Angaben zu verbessern, eine Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen kann.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47, 41 Abs. 2 GKG.
22.02.2024