Leitsatz:
Dem Bundesverfassungsgericht wird die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob § 556 d Abs. 1 und 2 BGB in der Fassung des MietNovG vom 21. April 2015 (BGBI I S. 610) mit Art. 3 Abs. 1 und Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG unvereinbar und daher nichtig ist.
LG Berlin vom 7.12.2017 – 67 S 218/17 –
Mitgeteilt von RA Christoph Müller
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin hält § 556 d BGB, die sogenannte „Mietpreisbremse“, für verfassungswidrig und hat dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) diese Frage zur Entscheidung vorgelegt. Das BVerfG hat allein die Kompetenz, eine gesetzliche Regelung für verfassungswidrig zu erklären. Die Kammer hatte bereits im September 2017 verfassungsrechtliche Bedenken geäußert (LG Berlin vom 14.9.2017 – 67 S 149/17 -). Jedoch musste damals eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht unterbleiben, da es auf die Verfassungsgemäßheit der Vorschrift für die Entscheidung aufgrund neuer Umstände nicht mehr ankam.
Nunmehr ist die Frage der Verfassungswidrigkeit von § 556 d BGB für den Ausgang eines neuen Berufungsverfahrens von Bedeutung. Die Kammer begründet ihre Ansicht folgendermaßen:
Es liege eine ungleiche Behandlung von Vermietern vor. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gebiete dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich zu behandeln. Soweit der Gesetzgeber Differenzierungen vornehme, müssten diese durch Gründe gerechtfertigt werden, die dem Ziel der Differenzierung und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen seien. Dies habe der Gesetzgeber bei der Neuregelung von § 556 d BGB nicht beachtet und in verfassungswidriger Weise in das Recht der Mietvertragsparteien, im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit den Mietpreis zu regeln, eingegriffen. § 556 d BGB in Verbindung mit der von dem Land Berlin erlassenen Rechtsverordnung begrenze die zulässige Neuvermietung auf 110 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete. Der Wohnungsmietmarkt weise bundesweit preislich seit langem starke Unterschiede auf. Die Differenz in der ortsüblichen Vergleichsmiete betrage zum Beispiel zwischen der Stadt München und dem Westteil der Stadt Berlin circa 4,30 Euro pro Quadratmeter in 2013 und 4,70 Euro pro Quadratmeter in 2016 (Miete pro Quadratmeter in München 10,25 Euro beziehungsweise 11,16 Euro gegenüber 5,90 Euro beziehungsweise 6,46 Euro in Berlin). Dies entspreche einem Unterschied von über 70 Prozent. Damit habe der Gesetzgeber eine Bezugsgröße gewählt, die Vermieter in unterschiedlichen Städten wesentlich ungleich treffe. Weder der Gesetzeszweck noch die mit der gesetzlichen Regelung verbundenen Vorteile noch sonstige Sachgründe rechtfertigten dies. Insbesondere seien im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die für eine mögliche sachliche Rechtfertigung relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietern nicht erhoben worden. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener, die vom Gesetz geschützt werden sollten, in höherpreisigen Mietmärkten wie München erheblich besser gestellt seien als die gleichen Zielgruppen in Berlin.
Darüber hinaus liege auch deshalb eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, da diejenigen Vermieter, die bereits in der Vergangenheit eine (zu) hohe Miete (d.h. eine 10 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete übersteigende Miete) mit ihrem Mieter vereinbart hatten, ungerechtfertigt begünstigt würden. Denn diese Vermieter dürften bei einer Neuvermietung die „alte“ Miete weiterhin unbeanstandet verlangen. Ein Bestandsschutz für diese „alte“ Miete könne jedoch bei einer Neuvermietung nicht angenommen werden. Zudem sei diese Ungleichbehandlung mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar. Denn diejenigen Vermieter, die in der Vergangenheit eine maßvolle Miete verlangt hätten, würden erheblich benachteiligt gegenüber denjenigen Vermietern, die schon in der Vergangenheit die am Markt erzielbare Miete maximal ausgeschöpft und damit ungleich höher dazu beigetragen hätten, dass Wohnraum für Geringverdiener knapp werde.
Darüber hinaus verstoße die Vorschrift der Mietpreisbremse auch gegen das im Grundgesetz verankerte Bestimmtheitsgebot. Der Bundesgesetzgeber habe die staatliche Preisintervention nicht allein davon abhängig gemacht, dass ein angespannter kommunaler Wohnungsmarkt vorliege. Es komme zusätzlich auf die politische Willensbildung auf Landesebene und die darauf beruhende Entscheidung der jeweiligen Landesregierung an, ob von der im Gesetz enthaltenen Ermächtigung zum Erlass einer Verordnung zur Umsetzung der Mietpreisbremse Gebrauch gemacht werde. Das Bundesgesetz (§ 556 d BGB) verpflichte die jeweilige Landesregierung nicht dazu, die Vorschrift im Landesrecht umzusetzen, auch wenn der Wohnungsmarkt im gesamten Bundesland oder in einzelnen Kommunen angespannt sei. Deshalb seien Vermieter in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Saarland bislang nicht von der Mietpreisbremse betroffen, da die Landesregierungen dort trotz zumindest nicht auszuschließender Anspannung einzelner kommunaler Wohnungsmärkte weiterhin davon absähen, die bundesgesetzlichen Vorschriften zur Mietpreisbremse durch eine Landesverordnung zu vollziehen. Dasselbe gelte demnächst voraussichtlich für Vermieter in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, in denen sich die jeweiligen Landesregierungen nach Veränderung der politischen Mehrheitsverhältnisse ausweislich der geschlossenen Koalitionsverträge sogar dazu entschlossen hätten, bereits erlassene Verordnungen trotz unzweifelhafter Anspannung zahlreicher kommunaler Wohnungsmärkte wieder aufzuheben. Im Gegensatz dazu unterfielen Vermieter in Bundesländen wie Berlin dem durch die Mietpreisbremse angeordneten Preisstopp, da dort die bundesgesetzliche Ermächtigungsgrundlage durch Erlass einer Landesverordnung umgesetzt worden sei. Durch dieses uneinheitlich bindende Regelungssystem verstoße der Bundesgesetzgeber in verfassungswidriger Weise gleichzeitig gegen das am Gesamtstaat zu messende Gleichheitsgebot und das Bestimmtheitsgebot.
Urteilstext
Gründe:
I.
Die Kläger begehren als Mieter einer Wohnung die Feststellung der unter Beachtung der sog. Mietpreisbremse höchstzulässigen Miete.
Die Parteien schlossen am 4. Februar 2016 einen Mietvertrag über eine 2-1/2-Zimmer Wohnung in einem zwischen 1919 und 1949 bezugsfertig gewordenen Haus in Berlin-Wedding, wobei sie als Mietvertragsbeginn den 1. März 2016 und als monatlichen Mietzins 474,32 EUR nettokalt vereinbarten. Die 59,29 qm große Wohnung ist mit Sammelheizung, Bad und WC ausgestattet. ln der Küche sind im Arbeitsbereich Wandfliesen angebracht, in der überwiegenden Zahl der Wohnräume befinden sich abgezogene Holzdielen. Die Wohnung befindet sich in einfacher Wohnlage in einer ungefähren Entfernung von 1 km zum Flughafen Berlin-Tegel. Die Müllstandsfläche des Hauses ist gepflegt, sichtbegrenzend gestaltet und nur den Mietern zugänglich. Bei Übergabe der Wohnung verzichteten die Kläger auf den von der Beklagten angebotenen Einbau einer Spüle in der Küche.
Mit am 5. Juli 2016 zugegangenem Schreiben vom 1. Juli 2016 ließen die Kläger gegenüber der Hausverwalterin der Beklagten einen Verstoß gegen die sog. Mietpreisbremse rügen, da die ortsübliche Vergleichsmiete ausweislich des Berliner Mietspiegels 2015 nur 6,43 EUR/qm nettokalt betrage, woraus sich eine zulässige monatliche Nettokaltmiete von nicht mehr als 419,18 € ergäbe. Ihrer Aufforderung, diese Miethöhe bis zum 15. Juli 2016 anzuerkennen, kam die Beklagte nicht nach.
Der daraufhin erhobenen Klage auf Feststellung, dass die Kläger für die streitbefangene Wohnung ab dem 15. Juli 2016 bis zum nächsten rechtswirksamen Mieterhöhungsverlangen nur einen höchstzulässigen Mietzins in Höhe von 419,18 € nettokalt zu zahlen hätten, gab das Amtsgericht teilweise statt und stellte eine höchstzulässige Miete in Höhe von 435,78 € nettokalt ab dem 1. August 2016 fest. …
Gegen das ihr am 4. Juli 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit am 25. Juli 2017 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 4. September 2017 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei wegen des Vorrangs der Leistungsklage bereits teilweise unzulässig. Das Amtsgericht habe die ortsübliche Vergleichsmiete dem Grunde und der Höhe nach fehlerhaft ermittelt. Die Berliner Mietspiegel 2015 und 2017 könnten zur Berechnung der ortsüblichen Miete nicht herangezogen werden, da sie weder die Anforderungen an einen qualifizierten noch an einen einfachen Mietspiegel erfüllten. Zudem befände sich in der Küche ein hochwertiger Bodenbelag, der in dieser Merkmalgruppe für den Fall der Heranziehung des Berliner Mietspiegels ebenso zu berücksichtigen sei wie das Sondermerkmal „hochwertiger Bodenbelag“ für die in der Wohnung verlegten und abgezogenen Holzdielen. Mit Blick auf die erhebliche Mietpreisentwicklung zwischen den Stichtagen der Berliner Mietspiegel 2015 und 2017 sei für die Bemessung der zulässigen Miete zumindest ein Stichtagszuschlag in Höhe von 9,6 % (0,64 €/m²) vorzunehmen. Sie ist ferner der Ansicht, die Bestimmungen der §§ 556d ff. BGB seien verfassungswidrig.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Kläger beantragen – nach Rücknahme einer zwischenzeitlich erhobenen Anschlussberufung – die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und vertiefen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie sind der Auffassung, das Amtsgericht habe die zur Bemessung der zulässigen Miete maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete zwar nicht vollständig rechtsfehlerfrei ermittelt, doch belaufe sie sich auf keinen Fall auf mehr als den erstinstanzlich festgestellten Betrag. Die gesetzlichen Vorschriften der sog. Mietpreisbremse seien verfassungsgemäß.
…
II.
Der Rechtsstreit ist gemäß Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen, da die Vorschrift des § 556d Abs. 1, Abs. 2 BGB zur Überzeugung der Kammer mit Art. 3 Abs. 1, 80 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar und für die mit der Berufung verfolgte vollständige Klageabweisung entscheidungserheblich ist. Es käme auf die Verfassungsgemäßheit des § 556d BGB nur dann nicht an, wenn die übrigen Berufungsangriffe der Beklagten Erfolg hätten. An diesen Voraussetzungen aber fehlt es, so dass die Kammer nur bei Annahme der Verfassungswidrigkeit der genannten Vorschriften der Berufung stattgeben könnte.
1.
Die von den Klägern erhobene Feststellungsklage ist zulässig. Befindet sich der anspruchsbegründende Sachverhalt zur Zeit der Klageerhebung noch in der Fortentwicklung, so ist entgegen der Auffassung der Berufung die Feststellungsklage insgesamt zulässig, auch wenn ein Kondiktionsanspruch durch die Kläger für bereits abgelaufene Zeiträume bereits beziffert und zum Gegenstand einer Leistungsklage erhoben werden könnte (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 19. April 2016- VI ZR 506/14, NJW-RR 2016, 759, juris Tz. 6 m.w.N.; Greger, in: Zöller, ZPO, 32. Auf!. 2017, § 256 ZPO, Rz. 7a m.w.N.; Börstinghaus, in: Schmidt-Futterer, MietR, 13. Auf!. 2017, § 556d Rz. 76). Anders läge der Fall nur, wenn das Mietverhältnis beendet und es den klagenden Mietern bereits jetzt möglich wäre, sämtliche im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die sog. Mietpreisbremse stehenden Ansprüche im Wege der Leistungsklage geltend zu machen. An diesen Ausnahmevoraussetzungen aber fehlt es.
2.
Auch die Angriffe der Berufung gegen die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete durch das Amtsgericht verfangen nicht. Die ortsübliche Vergleichsmiete zu Beginn des Mietverhältnisses belief sich allenfalls auf die vom Amtsgericht festgestellten 6,68 EUR/qm.
Die Ermittlung der zwischen den Parteien streitigen ortsüblichen Vergleichsmiete ist anhand des Berliner Mietspiegels 2015 vorzunehmen. Der Berliner Mietspiegel 2015 entspricht den Anforderungen des § 558c BGB und kann daher als einfacher Mietspiegel zur Überzeugungsbildung des Gerichts gemäß §§ 286, 287 ZPO zur Ermittlung der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden. Das Amtsgericht war ebenso wenig wie die Kammer veranlasst, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt der Mietspiegel 2015 trotz der von der Beklagten erhobenen Einwände eine taugliche Schätzgrundlage zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete dar. Die Kammer hält insoweit an ihrer ständigen Rechtsprechung, die im Einklang mit der des BVerfG und des BGH steht, nach erneuter Überprüfung nicht nur für den Mietspiegel 2015, sondern auch für den Mietspiegel 2017 einschränkungslos fest (vgl. Kammer, Urt. v. 7. Juli 2016 – 67 S 72/16, NJW-RR 2016, 1294, juris Tz. 3 ff.; LG Berlin, Urt. v. 29. März 2017-65 S 424/16, WuM 2017, 266 juris Tz. 7 (Mietspiegel 2015)). Ob die Berliner Mietspiegel (2015 und 2017) nicht ohnehin qualifiziert i.S.d. § 558d Abs. 1 und 2 BGB sind und den Klägern deshalb die gesetzliche Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB zu Gute käme, bedarf davon ausgehend keiner Entscheidung.
Die vom Amtsgericht vorgenommene Einordnung der streitgegenständliche Wohnung in den Mietspiegel 2015 und die darauf beruhende Ermittlung der zulässigen Miete ist zumindest insoweit rechtsfehlerfrei erfolgt, als die ortsübliche Vergleichsmiete sich auf nicht mehr als 6,68 EUR/qm und die gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete sich auf nicht mehr als die im angefochtenen Urteil zuerkannten 435,78 EUR beläuft.
Die Wohnung ist in das Mietspiegelfeld D 2 des Berliner Mietspiegels 2015 einzuordnen, das einen Mittelwert von 5,68 EUR/qm und einen Oberwert von 6,93 EUR/qm ausweist.
Die Merkmalgruppe 1 (Bad/WC) ist unstreitig als wohnwerterhöhend zu berücksichtigen.
Die Küche (Merkmalgruppe 2) ist abweichend vom Amtsgericht als negativ zu bewerten. Das wohnwertmindernde Merkmal „fehlende Spüle“ liegt ungeachtet des von den Klägern zu Beginn des Mietverhältnisses erklärten Verzichts auf den Einbau einer Spüle vor. Maßgeblich für die Anwendung der Spanneinordnung ist die tatsächlich vorhandene Ausstattung. Der vereinbarte Verzicht ist an dieser Stelle nicht zu berücksichtigen, da der Mietspiegel ein Abbild der Mieten unter Einbeziehung tatsächlich vorhandener, die Miethöhe bestimmender Merkmale ist und die wohnwertbeeinflussenden Merkmale Ausdruck einer generalisierenden Betrachtung im Hinblick auf die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete sind. Ob der Mieter im Einzelfall einen Nutzen aus vorhandenen Merkmalen zieht oder ziehen will, wird nicht berücksichtigt Vereinbarungen der Mietvertragsparteien können nur dann ausnahmsweise einfließen, wenn sie gerade der Klarstellung im Hinblick auf das Vorliegen eines Merkmals in tatsächlicher Hinsicht dienen, was hier nicht der Fall war (vgl. LG Berlin, Urt. v. 27. November 2007- 63 S 144/07, GE 2008, 124, juris Tz. 11). Die Wandfliesen im Arbeitsbereich sind nicht wohnwerterhöhend zu berücksichtigen, da ein derartiges Merkmal in der Orientierungshilfe des Mietspiegels 2015 fehlt. Schließlich ist auch in der Berufung kein konkreter Vortrag zum angeblich vorhandenen und wohnwerterhöhenden hochwertigen Bodenbelag in der Küche erfolgt. Terrazzo in gutem Zustand ist bereits ausweislich des eingereichten Lichtbildes ebenso wenig vorhanden wie ein hochwertiger PVC-Belag; den gegenteiligen Vortrag der Kläger hat die Beklagte in der von der Kammer anberaumten mündlichen Verhandlung folgerichtig auch nicht weiter in Abrede gestellt.
Die Merkmalgruppen 3 (Wohnung) und 4 (Gebäude) sind unstreitig als positiv zu bewerten.
Auch die Merkmalgruppe 5 (Wohnumfeld) kann wegen der gepflegten und nur den Mietern zugänglichen Müllstandsfläche mit sichtbegrenzender Gestaltung als wohnwerterhöhend gewertet werden, wobei die Kammer nach Rücknahme der Anschlussberufung zu Gunsten der Beklagten den vom Amtsgericht nicht berücksichtigten Vortrag der Kläger zur angeblichen Fluglärmbelastung auch im zweiten Rechtszug außer Betracht lässt.
Die Berufung der Beklagten greift auch nicht durch, soweit sie rügt, das Amtsgericht hätte zu ihren Gunsten das Sondermerkmal „hochwertiges Parkett, Natur-/Kunststein, Fliesen oder gleichwertiger Bodenbelag in der überwiegenden Zahl der Wohnräume“ berücksichtigen müssen, da in der Wohnung abgezogene Dielen verlegt seien. Nach dem für die Einordnung maßgeblichen Gesamteindruck sind abgezogene – und in Berliner Altbauwohnungen typische – Dielen bereits qualitativ weder mit den im Mietspiegel ausdrücklich genannten Bodenbelägen noch mit einem modernen PVC-Boden gleichzusetzen, da sie in Bezug auf die entscheidenden Kriterien der Qualität, Ästhetik und Haltbarkeit nicht mit diesen vergleichbar sind (vgl. LG Berlin, Urt. v. 27. November 2007 – 63 S 144/07, a.a.O., juris Tz. 27; Urt. v. 9. Dezember 2011 – 63 S 220/11, GE 2012, 271, juris Tz. 30; a.A. LG Berlin, Urt. v. 16. November 2016 – 65 S187/16, GE 2017, 53, juris Tz. 25). Sie rechtfertigen deshalb den wirtschaftlich erheblichen Zuschlag von 0,83 EUR/qm, der sich in der Wohnung der Kläger auf allein 49,21 EUR monatlich beliefe, nicht.
Schließlich verhilft es der Berufung auch nicht zum Erfolg, dass das Amtsgericht bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete keinen sog. Stichtagszuschlag vorgenommen hat. Nach der von der Kammer geteilten Rechtsprechung des BGH kann der Tatrichter im Rahmen des ihm zustehenden weiten Beurteilungsspielraums einen Stichtagszuschlag erheben, wenn zwischen dem Erhebungsstichtag des Mietspiegels und dem Zugang des Mieterhöhungsverlangens nachträglich ungewöhnliche Steigerungen der ortsüblichen Vergleichsmiete festzustellen sind und ihm dies zur Bildung einer sachgerechten Einzelvergleichsmiete angemessen erscheint (vgl. BGH, Urt. v. 15. März 2017- VIII ZR 295/15, NZM 2017, 321, juris Tz. 20 ff.). Dieser Stichtagszuschlag ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht nur im Rahmen des § 558 BGB, sondern wegen der vom Gesetzgeber in den §§ 556d, 556g BGB angeordneten statischen (Teil-)Nichtigkeit – selbstverständlich – erst recht bei der Bemessung der preisrechtlich zulässigen Miete nach § 556d BGB in Betracht zu ziehen (vgl. Börstinghaus, a.a.O., § 556g Rz. 6, 7).
Hier fehlt es schon an einer signifikanten nachträglichen Steigerung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach Inkrafttreten des Berliner Mietspiegels 2015 (Stichtag: 1. September 2014), die hinreichende Zweifel rechtfertigte, der Mietspiegel 2015 bilde anders als der Mietspiegel 2017 (Stichtag: 1. September 2016) die ortsübliche Vergleichsmiete zum für die Beurteilung der höchstzulässigen Miete maßgeblichen Vertragsbeginn am 1. März 2016 nicht mehr hinreichend ab.
Der zutreffend unter Zugrundelegung von im Ergebnis drei positiven Merkmalgruppen der Orientierungshilfe zur Spanneneinordnung nach dem Berliner Mietspiegel 2015 mit 6,43 EUR/qm zu bemessenden ortsüblichen Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung stünde unter Zugrundelegung des Berliner Mietspiegels 2017 eine Miete von 6,794 EUR/qm gegenüber. Anders als bei Heranziehung des Mietspiegels 2015 käme der Beklagten die Merkmalgruppe 5 im Mietspiegel 2017 nach Wegfall des positiven Merkmals „gepflegte Müllstandsfläche“ nicht mehr zu Gute. Der daraus abzuleitende Anstieg der ortsüblichen Vergleichsmiete ist für die Erhebung eines Stichtagszuschlags nicht hinreichend signifikant, da er sich auf lediglich monatlich 0,236 % und jährlich auf 2,83 % beläuft. Eine noch geringere und damit ebenso unerhebliche Steigerung ergäbe sich, wenn in der Merkmalgruppe 5 zusätzlich die von den Klägern behauptete Belastung durch Fluglärm mit der Folge zu berücksichtigen wäre, dass bei Zugrundelegung des Mietspiegels 2015 nur noch zwei positive Merkmalsgruppen verblieben, während bei Zugrundelegung des Mietspiegels 2017 nur noch eine positive Merkmalsgruppe zu Gunsten der Beklagten ins Gewicht fiele. Die ortsübliche Vergleichsmiete wäre in diesem Fall bei Einordnung in das Mietspiegelfeld D 2 von 6,18 EUR/qm (Mietspiegel 2015) auf 6,362 EUR/qm (Mietspiegel 2017) angestiegen, was einer Steigerung von monatlich 0,1225 EUR und einer jährlichen von lediglich 1,47 % entspräche.
Die Kläger haben unzweifelhaft – und von der Berufung unangegriffen – auch die (Formal)Anforderungen einer qualifizierten Rüge nach § 556g Abs. 2 BGB für den Zeitraum ab dem 1. August 2016 erfüllt (vgl. dazu Kammer, Beschl. v. 14. September 2017 – 67 S 149/17, WuM 2017, 600, juris Tz. 2 f.).
Schließlich hat die Berufung auch keinen Erfolg, soweit sie sich gegen die. Umsetzung der in § 556d Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB enthaltenen Verordnungsermächtigung durch die Mietenbegrenzungsverordnung des Berliner Senats vom 28. April 2015 (GVBI. 2015, S. 101) richtet. Die Verordnung ist verfassungsgemäß und wirksam; sie wird insbesondere dem Begründungserfordernis des § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB gerecht (vgl. Kammer, Beschl. v. 14. September 2017- 67 S 149/17, WuM 2017, 600, juris Tz. 6; LG Berlin, Urt. v. 29. März 2017- 65 S 424/16, WuM 2017, 266 juris Tz. 50 ff.; AG Neukölln, Urt. v. 8. September 2016-11 C 414/15, NZM 2017, 31, juris Tz. 72 ff.).
III.
Die Kammer ist davon überzeugt, dass § 556d BGB verfassungswidrig ist.
Der Gesetzgeber interveniert durch die im MietNovG neu geschaffenen §§ 556d ff. BGB in die Preisbildung bei der Neu- und Wiedervermietung bislang preisfreien Wohnraums. Er hat sich dabei gemäß § 556d Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB auf die Gebiete beschränkt, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen in einer Gemeinde oder einem Teil der Gemeinde zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist und die zusätzlich von der jeweiligen Landesregierung im Verordnungswege als solche mit angespannten Wohnungsmärkten bestimmt worden sind.
Es kann dahinstehen, ob sich die Verfassungswidrigkeit bereits aus einem Verstoß gegen die Art. 2 Abs. 1, 14 GG ergibt, dabei insbesondere, ob das vom Gesetzgeber in den §§ 556d ff. BGB gewählte gesetzliche Instrumentarium angesichts seiner seit geraumer Zeit allgemein erkannten vollständigen Wirkungslosigkeit zur Verwirklichung des Gesetzeszwecks objektiv ungeeignet ist und der Gesetzgeber trotz seines weiten Prognose-, Beurteilungs- und Anpassungszeitraums wegen der mit der Regelung verbundenen erheblichen Eingriffstiefe zumindest mittlerweile verpflichtet gewesen wäre, den Mängeln der Regelung abzuhelfen oder sie vollständig abzuschaffen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15. Dezember 1999 -1 BvR 1904/95, BVerfGE 101, 331 juris Tz. 82). Es bedarf ebenfalls keiner Entscheidung, ob die mit dem Gesetz verfolgten Ziele – die Marktöffnung für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten und die Verhinderung von Gentrifizierung nicht nur auf Gemeindeebene, sondern sogar auf der Ebene bloßer Gemeindeteile – angesichts der fehlenden Anspannung des bundesweiten Gesamtwohnungsmarktes überhaupt hinreichend gewichtig sind, um die mit der gesetzlichen Regelung verbundenen erheblichen Eingriffe in die Grundrechte von Vermietern und Mietern zu rechtfertigen. Die Kammer lässt ebenfalls dahinstehen, ob der Gesetzgeber zur verfassungsgemäßen Umsetzung seines Gesetzesvorhabens nicht auch verpflichtet gewesen wäre, seine gesetzlichen Maßnahmen in der von § 556d BGB erfassten Gebietskulisse nicht allein auf vermieteten Wohnraum, sondern auch auf die Veräußerung und den Erwerb von Wohnungseigentum zu erstrecken.
§ 556d BGB verstößt zur Überzeugung der Kammer gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 GG.
Der durch Art. 3 Abs. 1 GG verbürgte allgemeine Gleichheitssatz gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Zwar ist es grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselben Rechtsfolgen knüpft und die er so als rechtlich gleich qualifiziert. Diese Auswahl muss er jedoch sachgerecht treffen. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen. Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen aus dem allgemeinen Gleichheitssatz im Sinne eines stufenlosen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierten Prüfungsmaßstabs unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (st. Rspr. des BVerfG, vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 29. März 2017- 2 BvL 6/11, ZIP 2017, 1009, juris Tz. 98 m.w.N.). Gemessen an diesen Grundsätzen verstößt § 556d BGB zur Überzeugung der Kammer in verfassungswidriger Weise gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot des § 80 Abs. 1 Satz 2 GG und den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
1.
Die §§ 556d Abs. 1 und 2 BGB verstoßen zunächst deshalb zur Überzeugung der Kammer gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 GG, da der Bundesgesetzgeber die staatliche Preisintervention nicht allein vom Vorliegen eines angespannten kommunalen Wohnungsmarktes, sondern zusätzlich von der politischen Willensbildung auf Landesebene und der darauf beruhenden Entscheidung der jeweiligen Landesregierung abhängig gemacht hat, von der Ermächtigung des § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB zum Erlass einer entsprechenden Verordnung Gebrauch zu machen oder nicht. Damit hat er eine bloße lnkraft-setzungsermächtigung geschaffen, die den Landesregierungen als Verordnungsadressaten auch bei Vorliegen der tatbestandliehen Voraussetzungen des § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB vollständige politische Entscheidungsfreiheit zum Verordnungserlass einräumt. Eine derart weit gefasste Delegation des Bundesgesetzgebers ist aber nach der von der Kammer geteilten Rechtsprechung des BVerfG unzulässig (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. Juni 1988 – 2 BvL 9/85, BVerfGE 78, 249, juris Tz. 57 ff.; Brenner, in: v. Mangoldt/Kiein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 80 Rz. 19). Sie führt im Ergebnis dazu, dass Vermieter in Bundesländern, in denen die Landesregierungen – wie in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und im Saarland – trotz zumindest nicht auszuschließender Anspannung einzelner kommunaler Wohnungsmärkte weiterhin davon absehen, die bundesgesetzliche Ermächtigung in § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB im Verordnungswege umzusetzen oder sich – wie in Nordrhein-Westfalen (vgl. Koalitionsvertrag v. 26. Juni 2017, S. 79) und Schleswig-Holstein (vgl. Koalitionsvertrag v. 16. Juni 2017, S. 93) – sogar dazu entschließen, bereits erlassene Verordnungen wieder aufzuheben, sich gegenwärtig oder zukünftig keiner staatlichen Preisintervention bei der Vermietung preisfreien Wohnraums ausgesetzt sehen. Hingegen unterfallen Vermieter, die wie die Beklagte in einem Bundesland vermieten, in dem die Landesregierung eine auf § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB beruhende Verordnung erlassen hat, dem durch § 556d Abs. 1 BGB gesetzlich angeordneten Preisstopp. Damit verstößt der Bundesgesetzgeber zur Überzeugung der Kammer nicht nur gegen das Bestimmtheitsgebot des § 80 Abs. 1 Satz 2 GG und die bundesstaatliche Kompetenzverteilung, sondern unterläuft gleichzeitig auch in verfassungswidriger Weise das am Gesamtstaat zu messende Gleichheitsgebot (vgl. BVerfG, Beschl. v. 14. Oktober 2008-1 BvF 4/05, BVerfGE 122, 1, juris Tz. 95; Burghardt, in: Leibholz/Rinck, GG, 75. Lieferung Oktober 2017, Art. 3 Rz. 221 m.w.N.).
Den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und Art. 3 Abs. 1 GG an die Delegation auf den Verordnungsgeber wäre allerdings dann genügt, wenn die §§ 556d Abs. 1 und 2 BGB die Landesregierungen als Verordnungsadressaten bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 556d Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB – unter Gewährung eines Beurteilungs- und Ermessensspielraums – verpflichteten, eine Verordnung i.S.d. § 556d Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB zu erlassen. Ein derartiger Verpflichtungscharakter ist den § 556d Abs. 1 und 2 BGB indes nicht beizumessen, auch wenn zum Teil vertreten wird, die Vorschriften seien ihrem Wortlaut zuwider verfassungskonform im Sinne einer den Verordnungsgeber verpflichtenden „Programmentscheidung“ des Bundesgesetzgebers zum Verordnungserlass auszulegen (vgl. AG Neukölln, Ur!. v. 8. September 2016 – 11 C 414/15, NZM 2017, 31, juris Rz. 43; Lange, DVBI 2015, 1551, 1557; Lehmann-Richter, WuM 2015, 204, 205; Schuldt, Mietpreisbremse, Eine juristische und ökonomische Untersuchung der Preisregulierung für preisfreien Wohnraum, Diss. Potsdam 2017, 245 f.). Dem ist nicht zu folgen.
Dem Bundesgesetzgeber war und ist der Unterschied zwischen einer bloßen Ermächtigung des Verordnungsgebers und einer weit darüber hinausgehenden Bindung, die das „Ob“ des Verordnungserlasses und die damit verbundene Inkraftsetzung des Bundesgesetzes dem politischen Belieben des Verordnungsadressaten entzieht, bekannt. Ermächtigungen des Verordnungsgebers, die ihn bei Vorliegen der tatbestandliehen Voraussetzungen der Ermächtigungsnorm zum Erlass der Verordnung verpflichten, sind ständige gesetzgeberische Praxis. Sie können im Falle unterlassener Umsetzung sogar die Möglichkeit zur Inanspruchnahme des untergesetzlichen Normgebers im Wege der sog. Normerlassklage vor den Verwaltungsgerichten eröffnen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 17. Januar 2006 – 1 BvR 542/02, BVerfGE 115, 81, juris Tz. 40 ff; BVerwG, Urt. v. 4. Juli 2002 – 2 C 13/01, NVwZ 2002, 1505, juris Tz. 13, Urt. v. 28. November 2007 – 9 C 10/07, DVBI 2008, 520, juris Tz. 13, 33; Urt. v. 5. September 2013 – 7 C 21/12, BVerwGE 147, 312, juris Tz. 38; Schenke, NJW 2017, 1062, 1067). Hätte der Gesetzgeber das „Ob“ des Verordnungserlasses der freien – politischen – Entscheidung der jeweiligen Landesregierung entziehen wollen, wäre es ihm ein Leichtes gewesen, deren Umsetzungsermessen entweder im Wortlaut des § 556d Abs. 2 BGB oder zumindest in der Gesetzesbegründung einzuschränken. Beides indes hat er bewusst unterlassen:
Der Wortlaut des§ 556d Abs. 2 Satz 1 BGB „verpflichtet“ die Landesregierung nicht zum Verordnungserlass, sondern „ermächtigt“ lediglich dazu. Diese bloße Gestattung zum untergesetzlichen Tätigwerden entspricht dem in der Gesetzesbegründung unmissverständlich zu Tage getretenen Willen des Gesetzgebers. Denn er sieht den Verordnungsadressaten ausweislich der Gesetzesbegründung schon nicht zur tatsächlichen Feststellung angespannter Wohnungsmärkte durch statistische Vorerhebungen und erst recht nicht zum Verordnungserlass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 556d Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB verpflichtet. Stattdessen „sollte“ – und nicht „muss“ – die jeweilige Landesregierung eine statistische Erhebung zur Prüfung der Wohnungsmarktsituation vornehmen (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 29, erster Absatz), die zudem „kein(em) Zwang“ zur Erstreckung auf alle in § 556d Abs. 2 Satz 3 BGB genannten Indikatoren unterliegt (vgl. BT-Drucks 18/3121, a.a.O.). Sie soll – ebenso wie der Verordnungserlass – ohnehin entbehrlich sein, wenn „praktische Probleme“ der Ermittlung der „zulässigen Miete“ entgegen stünden (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 29, zweiter Absatz). Dass der Ausweis angespannter Wohnungsmärkte im Verordnungswege nach dem Willen des Gesetzgebers keine Frage des „Müssens“, sondern des bloßen „Sollens“ ist, ergibt sich nicht nur aus dem weiteren Wortlaut der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 29, zweiter Absatz („Bei der Entscheidung, ob eine Gemeinde oder ein Teil der Gemeinde als Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt ausgewiesen werden soll, …“)). Sie folgt im Umkehrschluss auch aus den in § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB enthaltenen Begründungsanforderungen an den Verordnungsgeber für den Fall des Verordnungserlasses. Nach § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB „muss“ – und nicht „soll“ – der Verordnungsgeber die Verordnung im Falle ihres Erlasses umfangreich begründen. Damit hat der Gesetzgeber den Ermächtigungsadressaten – anders als bei der Frage des „Ob“ einer Verordnung – nicht nur ausweislich des Gesetzeswortlauts, sondern auch in der Gesetzesbegründung ausdrücklich verpflichtet (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 29, fünfter Absatz („Die Sätze 5 bis 7 enthalten eine Begründungspflicht für die Rechtsverordnungen.“)). Hätte der Gesetzgeber den Verordnungsadressaten nicht nur beim „Wie“, sondern auch beim „Ob“ des Verordnungserlasses in Anspruch nehmen wollen, hätte er das – wie bei § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB – entweder im Wortlaut der Norm oder zumindest in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht. An beidem aber fehlt es. Anhaltspunkte dafür, dass Wortlaut und Begründung des § 556d Abs. 2 BGB im maßgeblichen Kontext nicht auf einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, sondern auf einem bloßen Redaktionsversehen beruhen, fehlen.
Es kommt hinzu, dass § 556d Abs. 2 Satz 4 BGB den Erlass von Verordnungen i.S.d. § 556d Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB nach dem 31. Dezember 2020 ausschließt. Damit aber wären im Falle einer vorherigen Verpflichtung zum untergesetzlichen Tätigwerden auch diejenigen Landesregierungen ab dem 1. Januar 2021 vom Verordnungserlass befreit, die ihn zuvor trotz tatsächlicher Anspannung einzelner Wohnungsmärkte aus politischen Gründen unterlassen hätten. Diese Entpflichtungswirkung stünde in unauflösbarem teleologischen und systematischen Widerspruch zu § 556d Abs. 2 Satz 1 BGB, wenn diesem der – tatsächlich nicht gegebene – Verpflichtungscharakter zum Erlass einer Verordnung bei Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des§ 556d Abs. 2 Satz 2 und 3 BGB beizumessen wäre.
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 556d Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB, die die Vorschrift nicht als verfassungswidrige lnkraftsetzungsermächtigung verstünde, sondern sie stattdessen in Einklang mit Art. 80 Abs. 1 Satz 2 und 3 Abs. 1 GG brächte, scheidet aus. Gesetze sind einer verfassungskonformen Auslegung nicht zugänglich, wenn der Wortlaut und der klar gegensätzliche Wille des Gesetzgebers entgegen stehen (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschl. v. 29. März 2017-2 BvL 6/11, ZIP 2017, 1009, juris Tz. 152 m.w.N.). Genauso liegt der Fall hier. Damit ist auch einem Rückgriff auf die Auslegung der im Wortlaut des gesetzlichen Ermächtigungstatbestandes jeweils ähnlichen §§ 558 Abs. 3 Satz 3, 577a Abs. 2 Satz 2 BGB, § 1 Abs. 4 AFWoG a.F. und Art. 6 § 1 Satz 1 MietRVerbG a.F. in Gestalt einer für die Gesetzesauslegung beachtlichen „Programmentscheidung“ der Boden entzogen. Denn der Gesetzgeber hat dort – anders als bei § 556d Abs. 2 BGB – seinen Willen zur Bindung des Ermächtigungsadressaten weder in einer ausführlichen Begründung noch einer gestuften Systematik des Gesetzes hinreichend eindeutig zum Ausdruck gebracht.
2.
Die in § 556d Abs. 1 BGB angeordnete Begrenzung der Neu- und Wiedervermietungsmieten verstößt unabhängig davon, dass bereits die unzureichend gebundene Delegation der Gesetzgebungsmacht des Bundesgesetzgebers auf die Landesexekutive zur Verfassungswidrigkeit führt, in weiterer – zweifacher – Hinsicht und jeweils unabhängig voneinander zur Überzeugung der Kammer gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn sie stellt ohne hinreichende sachliche Rechtfertigung einerseits für die Bemessung der zulässigen Neu- und Wiedervermietungsmiete als Bezugsgröße auf die jeweilige – erheblichen regionalen und kommunalen Unterschieden unterworfene – ortsübliche Vergleichsmiete ab und nimmt andererseits gemäß § 556e Abs. 1 BGB diejenigen Vermieter von der Preisintervention des § 556d Abs. 1 BGB bis zur Höhe der Vormiete aus, die die Mietsache vor der Wiedervermietung unter Überschreitung der nunmehr durch § 556d Abs. 1 BGB angeordneten Mietobergrenze vermietet haben.
a.
Die in § 556d Abs. 1 BGB vorgenommene Bemessung der zulässigen Neu- und Wiedervermietungsmiete anhand der ortsüblichen Vergleichsmiete verstößt selbst bei Anlegung eines am Willkürverbot orientierten großzügigen Prüfungsmaßstabs gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber greift durch die in den §§ 556d ff. BGB getroffenen Regelungen in die den Mietvertragsparteien im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit überantwortete Preisbildung ein. Ein solches Vorgehen ist zwar bis hin zur staatlichen Preisfestsetzung grundsätzlich zulässig (vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. November 1994- 1 BvR 351/91, BVerfGE 91, 294, juris Tz. 65), doch sind dabei die Grundrechte der Vertragsparteien einschließlich des durch Art. 3 Abs. 1 GG verbürgten Gleichheitssatzes zu beachten. Dem werden die §§ 556d ff. BGB nicht gerecht (vgl. Kammer, Beschl. v. 14. September 2017- 67 S 149/17, WuM 2017, 600, juris Tz. 14 ff.; Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 25 ff.), auch wenn sie in der bisherigen Rechtsprechung (vgl. LG Berlin, Urt. v. 29. März 2017 – 65 S 424/16, WuM 2017, 266, juris Tz. 48, LG München I, Urt. v. 6. Dezember 2017- 14 S 10058/17, juris Tz. 54; AG Frankfurt a.M., Urt. v. 20. September 2017- 33 C 3490/16 (98), WuM 2017, 593, juris Tz. 26; AG Neukölln, Urt. v. 8. September 2016- 11 C 414/15, NZM 2017, 31, juris Tz. 68) und Literatur (vgl. Börstinghaus, NJW 2015, 1553, 1556; Lange, a.a.O.,1558; Schuldt, a.a.O., 228 ff.) überwiegend als mit Art 3 Abs. 1 GG vereinbar erachtet werden.
Staatliche Preisfestsetzung erfolgt in der Regel durch eine Orientierung am Marktpreis, den tatsächlichen Kosten oder durch eine unmittelbare taxmäßige Festsetzung in Gestalt gesetzlich festgelegter Fixwerte (vgl. Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 27 m.w.N.). Das vom Gesetzgeber in § 556d Abs. 1 BGB gewählte Modell zur Preisbildung beinhaltet indes weder eine autonome taxmäßige Festsetzung noch orientiert es sich an den Kosten für die Bereitstellung der Mietsache oder an der für Neu- und Wiedervermietungen ortsüblichen Marktmiete, die für die Bemessung der Nutzungsentschädigung gemäß § 546a Abs. 1 Alt 2 BGB maßgeblich ist (vgl. BGH, Urt v. 18. Januar 2017- VIII ZR 17/16, NJW 2017, 387, juris Tz. 10). Stattdessen stellt § 556d Abs. 1 BGB auf die ortsübliche Vergleichsmiete ab. Diese wird gemäß § 558 Abs. 2 BGB im Wesentlichen gebildet aus den üblichen Entgelten, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde in den letzten vier Jahren für vergleichbaren Wohnraum vereinbart oder geändert worden sind. Damit unterwirft § 556d Abs. 1 BGB die Vermieter preisfreien Wohnraums in der von § 556d Abs. 2 BGB erfassten Gebietskulisse einer typisierenden Belastungsregelung, deren wirtschaftliche Folgen die Vermieter in Kommunen mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete erheblich härter treffen als die mit einer vergleichsweise hohen. Diese ungleichen Belastungsfolgen stehen in einem krassen Missverhältnis zu den mit der gesetzlichen Typisierung verbundenen Vorteilen und begründen deshalb zur Überzeugung der Kammer einen verfassungswidrigen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Gesetzgeber darf sich – wie stets bei der Ordnung von Massenerscheinungen – bei der Ausgestaltung seiner Normen zwar generalisierender, typisierender und pauschalisierender Regelungen bedienen. Er braucht nicht um die Gleichbehandlung aller denkbarer Einzelfälle besorgt zu sein. Er ist vielmehr berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den ihm vorliegenden Erfahrungen ergibt. Eine gesetzliche Typisierung darf aber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen verwenden, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 8. Oktober 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 359, juris Tz. 40). Die Typisierung setzt dabei allerdings voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Die wirtschaftlich ungleiche Wirkung einer Belastungsregelung darf ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung notwendig verbundenen Ungleichheit der Belastung stehen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12. Oktober 2010- 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, juris Tz. 52). Da die Sachverhalte in der Lebenswirklichkeit sich nie völlig gleichen, müssen gewisse Verschiedenheiten stets vernachlässigt werden. Jede pauschale Belastungsregelung bringt gewisse Ungleichheiten mit sich; denn sie lässt die individuelle Besonderheit des einzelnen Vorganges außer Acht und begnügt sich mit der „Typengerechtigkeit“ auf Grund eines typischen Tatbestandes. Darin allein liegt noch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (vgl. BVerfG, Beschl. v. 12. Oktober 1976 – 1 BvR 2328/73, BVerfGE 43, 1, juris Tz. 33). Wirkt sich jedoch ein Gesetz, das durch eine besonders weite Fassung des typisierten Sachverhalts äußerlich eine ungleiche Behandlung vermeidet, praktisch dahin aus, dass ganze Gruppen von Betroffenen wesentlich stärker belastet sind als andere, und stehen diese ungleichen wirtschaftlichen Folgen in einem Missverhältnis zu den mit der Typisierung verbundenen Vorteilen, genügt das Gesetz dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG insbesondere dann nicht, wenn eine andere, der Verfassung besser entsprechende Typisierung genauso möglich ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. April 1978 – 1 BvL 29/76, BVerfGE 48, 227, juris Tz. 41). So liegt der Fall hier:
§ 556d Abs. 1 BGB begrenzt in der von § 556d Abs. 2 BGB erfassten Gebietskulisse die zulässige Neu- und Wiedervermietungsmiete auf 110% der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dabei vermeidet die Vorschrift durch die besonders weite Fassung ihrer Typisierung zwar äußerlich eine ungleiche Behandlung sämtlicher Vermieter im gesetzlichen Geltungsbereich, da sich die zulässige Miete gleichmäßig an der „ortsüblichen Vergleichsmiete“ orientiert. Tatsächlich jedoch belastet die Regelung Vermieter in Kommunen mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete wesentlich stärker als solche in Kommunen mit einer hohen, selbst wenn die unterschiedliche Belastungswirkung wegen der kommunal ebenfalls nicht einheitlichen Höhe der Gestehungskosten und der erzielbaren Marktmiete eine – geringfügige – Milderung erfahren kann. Das hat wegen des bundesweit preislich seit langem stark gespreizten Wohnungsmietmarkes zur Folge, dass die gemäß § 556d Abs. 1 BGB zulässige Grenze für Neu- und Wiedervermietungen regional und kommunal ganz erhebliche Unterscheide aufweist: Während die Mietobergrenze unter Zugrundelegung des im Gesetzgebungsverfahren herangezogenen – und die durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete im Jahre 2013 betreffenden – Datenmaterials bei Vermietungen in Berlin pro Quadratmeter bei durchschnittlich 6,49 EUR (5,90 EUR + 10 %) lag, belief sie sich in Frankfurt a.M. auf 8,60 EUR (7,82 EUR + 10 %), in Stuttgart auf 9,02 EUR (8,20 EUR + 10%) und in München auf 11,28 EUR (10,25 EUR + 10%) (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 12). Davon ausgehend war es Vermietern in München gemäß § 556d Abs. 1 BGB gestattet, im Vergleich zu Vermietern in Berlin pro Quadratmeter vermieteten Wohnraums wirksam einen um durchschnittlich 4,79 EUR und damit um 73,8 % höheren Mietzins zu vereinbaren. Unter Zugrundelegung der identischen – und aktualisierten – Datenquelle für das Jahr 2016 beläuft sich die gemäß § 556d Abs. 1 BGB maßgebliche Obergrenze für Berlin (West) durchschnittlich auf 7,14 EUR (6,46 EUR + 10 %), für Frankfurt a.M. auf 8,73 EUR (7,94 EUR + 10 %), für Stuttgart auf 10,74 EUR (9,76 EUR + 10%) und für München auf 12,28 EUR (11,16 EUR + 10%) ((vgl. F+B Mietspiegelindex 2016, http:/www.f.-und-b.de/beitrag/fb-mietspiegelindex-2016-veröffentlicht.html, abgerufen am 12. September 2017). Danach unterscheidet sich die gemäß § 556d Abs. 1 BGB durchschnittlich zulässige Neu- oder Wiedervermietungsmiete für Wohnraum im Vergleich des hauptstädtischen Vermietungsmarktes (Berlin (West)) zum höchstpreisigen großstädtischen Vermietungsmarkt (München) um 5,14 EUR/qm, mithin um 72%.
Die durch die gewählte Bezugsgröße hervorgerufene – und wesentliche – ungleiche bundesweite Belastung der Vermieter in der von § 556d Abs. 2 BGB erfassten Gebietskulisse lässt sich durch den verfolgten Gesetzeszweck, die mit der Typisierung verbundenen Vorteile und sonstige Sachgründe nicht rechtfertigen. Sie stellt sich vielmehr als gleichheitswidrig dar, da mit Blick auf die vom Gesetzgeber verfolgte Zielsetzung ein einleuchtender Grund für die Hinnahme der evident ungleichen Belastungswirkung fehlt und sie nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29. März 2017 – 2 BvL 6/11, ZIP 2017, 1009, juris Tz. 101). Der Gesetzgeber verfolgt mit den §§ 556d ff. BGB weder die Beseitigung von Wohnungsengpässen noch den abstrakten Selbstzweck, den Mietanstieg in der durch § 556d Abs. 2 BGB festgelegten Gebietskulisse zu dämpfen. Er beabsichtigt vielmehr, einkommensschwächeren Haushalten und Durchschnittsverdienern in angespannten Wohnungsmärkten auch weiterhin die bezahlbare Anmietung von Wohnraum zu ermöglichen und gleichzeitig deren Verdrängung aus ihren bisherigen Mietverhältnissen entgegen zu wirken (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 1, 11, 19; BGH, Urt. v. 4. November 2015 – VIII ZR 217/14, NJW 2016, 476, juris Tz. 56). Dabei ist er in Kenntnis der erheblich voneinander abweichenden ortsüblichen Vergleichs- und Marktmieten in den genannten Kommunen zu der Überzeugung gelangt, dass die Regelung der §§ 556d ff. BGB, mit der „in erster Linie sozialpolitische Zwecke“ verfolgt werden (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 15), auch in Kommunen mit einer hohen Vergleichs- und Marktmiete geeignet ist, sozial ausgewogene Strukturen zu erhalten, die Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Mieter aus begehrten Wohnlagen zu begrenzen und dort Wohnraum für breitere Bevölkerungsschichten bezahlbar zu halten (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 19). Wenn der Gesetzgeber allerdings davon ausgeht, die verfolgten sozialpolitischen Gesetzesziele zu Gunsten von einkommensschwächeren Haushalten und Durchschnittverdienern in hochpreisigen Kommunen – wie in München – auch bei einer durchschnittlichen Quadratmetermiete von 11,28 EUR (2013) bzw. 12,28 EUR (2016) zu verwirklichen, ist es nicht folgerichtig, Vermietern die Neu- und Wiedervermietung in für Mieter günstigeren Kommunen – wie Berlin – bereits bei einer ganz erheblich darunter liegenden Quadratmetermiete von über 6,49 EUR (2013) bzw. 7,14 EUR (2016) zu versagen.
Der Ausgangstatbestand einer Belastungsregelung – wie der §§ 556d ff. BGB – hat zur Wahrung des auf Art. 3 Abs. 1 GG beruhenden Gleichheitsgrundsatzes im Wesentlichen folgerichtig im Sinne von belastungsgleich zu erfolgen. Die Bemessungsgrundlage muss deshalb den erfassten wirtschaftlichen Vorgang sachgerecht aufnehmen und realitätsgerecht abbilden. Ausnahmen von einer belastungsgleichen Ausgestaltung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, der die Ungleichbehandlung nach Art und Ausmaß zu rechtfertigen vermag (st. Rspr. des BVerfG, vgl. zuletzt BVerfG, Beschl. v. 29. März 2017- 2 Bv6l /11, ZIP 2017, 1009, juris Tz·. 104 m.w.N.). Daran indes fehlt es bei den §§ 556d ff. BGB (so auch Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 28 (mit abweichender Begründung)). Das signifikant ungleiche bundesweite Ausmaß der auf die in der Gebietskulisse des § 556d Abs. 2 BGB tätigen Vermieter entfalteten Belastungswirkung entbehrt nicht nur eines besonderen sachlichen, sondern gleichzeitig auch eines sachlich einleuchten Grundes. Tragfähige Sachgründe für die Ungleichbehandlung lassen sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen, da der Gesetzgeber, der zur zeitnahen und realitätsgerechten Erfassung der maßgeblichen sozialen Wirklichkeit angehalten war (vgl. BVerfG, Urt. v. 9. Februar 2010 – 1 BvL 1/09, BVerfGE 125, 175, juris Tz. 138), im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die für eine mögliche sachliche Rechtfertigung relevanten einkommensbezogenen Sozialdaten von Mietinteressenten und Bestandsmietern in der zu erfassenden Gebietskulisse nicht erhoben hat (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23. Juni 2004- 1 BvL 3/98, BVerfGE 111, 115, juris Tz. 66, 69).
Eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung ist aber auch sonst nicht ersichtlich. Sie wäre allenfalls dann in Betracht zu ziehen, wenn die vom Gesetzgeber adressierten „einkommensschwächeren Haushalte und Durchschnittsverdiener“ in höherpreisigen Mietmärkten – wie München – über ein signifikant höheres „niedriges“ oder „durchschnittliches“ Einkommen verfügten als solche in günstigeren Mietmärkten – wie Berlin – oder wenn zumindest ein Zusammenhang zwischen der kommunal ganz erheblichen Unterschieden unterworfenen Höhe der aus dem Zeitraum der letzten vier Jahre ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete und der jeweiligen Einkommenssituation einkommensschwächerer oder durchschnittlich verdienender Haushalte zum Zeitpunkt der Neu- oder Wiedervermietung bestünde. Dafür allerdings fehlt jeglicher belastbare Anhalt, zumindest ein solcher, der in der Gebietskulisse des § 556d Abs. 2 BGB – auch unter der gebotenen Berücksichtigung unterschiedlicher Gestehungskosten und Markmieten – eine bundesweite Spreizung der zulässigen Neu- und Wiedervermietungsmiete um nahezu 75 % als Folge der vom Gesetzgeber mit den §§ 556d ff. BGB gesamtstaatlich verfolgten sozialpolitischen Ziele rechtfertigen würde. Der darauf beruhenden Verfassungswidrigkeit stehen mit der vom Gesetzgeber gewählten Typisierung verbundene Vorteile bereits deshalb nicht entgegen, da zur Verwirklichung des verfolgten Gesetzeszwecks mehrere unterschiedliche – auch taxmäßige, dem Modell des § 1 MiLOG entsprechende – Alternativmodelle zur kosten-, markt- oder einkommensbezogenen Preisintervention zur Verfügung standen, mit denen eine Art. 3 Abs. 1 GG und der Verfassung insgesamt besser entsprechende Typisierung genauso möglich gewesen wäre (vgl. BVerfG, Beschl. v. 26. April 1978 – 1 Bvl 29/76, BVerfGE 48, 227, juris Tz. 41; Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 27).
Nichts anderes folgt daraus, dass der Gesetzgeber auch in den §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG a.F. und 558 BGB tatbestandlich an die heterogene ortsübliche Vergleichsmiete anknüpft und diese Vorschriften mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschl. v. 4. Dezember 1985 – 1 BvL 23/84, BVerfGE 71, 230, juris Tz. 57; BGH, Urt. v. 4. November 2015- VIII ZR 217/14, NJW 2016, 476, juris Tz. 51). Zwar belasten auch die genannten Regelungen zur Erhöhung der Bestandsmiete die Vermieter bundesweit – abhängig von der unterschiedlichen Höhe der jeweiligen ortsüblichen Vergleichsmiete – wirtschaftlich nicht einheitlich intensiv, doch erwächst daraus noch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Denn dafür wäre eine wesentlich stärkere Belastung einzelner Gruppen von Vermietern erforderlich. An einer solchen indes fehlt es bei isolierter Betrachtung der für die Erhöhung der Bestandsmieten maßgeblichen gesetzlichen Regelungen allein deshalb, weil Vermieter, die in Gemeinden mit vergleichsweise niedriger ortsüblicher Vergleichsmiete tätig sind, nicht daran gehindert sind, die unterschiedliche Belastungswirkung der bundesweit heterogenen ortsüblichen Vergleichsmiete auf die Möglichkeit zur späteren Vergleichsmietenerhöhung im Moment der (Neu-)Begründung des Mietverhältnisses zumindest teilweise dadurch zu kompensieren, dass sie eine Ausgangsmiete vereinbaren, die der örtlichen Marktmiete entspricht oder diese sogar noch übersteigt. Diese Möglichkeit wird ihnen erstmals durch § 556d Abs. 1 BGB und dessen nochmalige tatbestandliehe Anknüpfung an die ortsübliche Vergleichsmiete bei gleichzeitiger Entkoppelung von der Marktmiete genommen, indem in das ausgewogene Vergleichsmietensystem eingegriffen und der folgerichtige Regelungskreis der Bindung von Bestandsmieten an die ortsübliche Vergleichsmiete dadurch gebrochen wird, dass der Marktpreis über die Neuvermietungen dann nicht mehr systemgerecht in die gemäß § 558 BGB am Markt orientierte Vergleichsmiete einfließen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. April1974- 1 BvR 6/74, BVerfGE 37, 132, juris Tz. 25; Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 21; Leuschner, NJW 2014, 1929, 1931). Die dadurch erzeugte Gesamtbelastung führt gegenüber Vermietern, die in Märkten mit einer vergleichsweise hohen ortsüblichen Vergleichsmiete tätig sind, im Ergebnis zu einer weiteren Vertiefung der ohnehin ungleichen Belastungswirkung nicht nur bei der Vereinbarung der Ausgangsmiete (§ 556d Abs. 1 BGB), sondern auch bei der Erhöhung der Bestandsmiete auf die ortsübliche Vergleichsmiete (§ 558 Abs. 1, Abs. 2 BGB) und bei der Bemessung der Kappungsgrenze (§ 558 Abs. 3 BGB). Diese durch § 556d Abs. 1 und 2 BGB noch einmal kumulierte ungleiche Belastungswirkung für Vermieter, die in Märkten mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete agieren, vermag die ohnehin gegebene Verfassungswidrigkeit des § 556d BGB nicht zu beseitigen; sie wäre allenfalls im Falle der verfassungsmäßigen Unbedenklichkeit von § 556d BGB geeignet, Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelungen über die Erhöhung der Bestandsmiete im Hinblick auf die auch dort erfolgte Anknüpfung an die ortsübliche Vergleichsmiete zu begründen.
Eine davon abweichende Beurteilung rechtfertigt schließlich nicht die Existenz des § 5 Abs. 2 WiStrG, der für die Bemessung einer ordnungswidrigen Mietpreisüberhöhung ebenfalls an die – unterschiedlich hohe – ortsübliche Vergleichsmiete anknüpft. Tragfähige Ableitungen für die Beurteilung der Verfassungsgemäßheit des § 556d Abs. 1 und 2 BGB wären nur statthaft, wenn § 5 WiStrG selbst unzweifelhaft verfassungsgemäß wäre. Daran aber fehlt es, da die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift durch das BVerfG weiterhin ungeklärt ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19. Juli 1995- 2 Bv3l /95, NJW-RR 1995, 1291, juris Tz. 3 ff.). Andererseits verstößt § 5 WiStrG im Hin blick auf die mit der Anknüpfung an die ortsübliche Vergleichsmiete verbundene unterschiedliche wirtschaftliche Belastungswirkung der Vermieter ohnehin nicht zur Überzeugung der Kammer gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Erforderlich wäre insoweit eine wesentlich stärkere wirtschaftliche Belastung derjenigen Vermieter, die in Märkten mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete vermieten. Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben, da die Anwendung des § 5 Abs. 2 WiStG anders als § 556d BGB nicht nur eine Mangellage im konkreten Teilmarkt voraussetzt (vgl. BGH, Urt. v. 25. Januar 2006- VIII ZR 56/04, NJW-RR 2006, 591, juris Tz. 10), sondern zudem verlangt, dass der Vermieter erkennt oder in Kauf nimmt, dass der Mieter sich in einer Zwangslage befindet, weil er aus nachvollziehbaren gewichtigen Gründen nicht auf eine preiswertere Wohnung ausweichen kann (vgl. BGH, Urt. v. 13. April 2005- VIII ZR 44/04, NJW 2005, 2156, juris Tz. 11). Damit ist der tatsächliche Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 WiStG im Vergleich zu § 556d BGB so stark eingeschränkt, dass § 5 WiStG im seltenen Falle seiner Anwendbarkeit zwar regional und kommunal unterschiedliche wirtschaftliche Belastungswirkungen auf Vermieterseite erzeugen kann, diese wegen der nur eingeschränkten Anwendbarkeit der Norm angesichts der mit der vom Gesetzgeber gewählten Typisierung verbundenen Vorteile aber nur unwesentlich ins Gewicht fallen.
Mit der ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Vermieter ist spiegelbildlich auch eine gleichheitswidrige Ungleichbehandlung von Mietern in höherpreisigen Mietmärkten verbunden. Denn die vom Gesetzgeber sozialpolitisch begründeten §§ 556d ff. BGB halten den Zugang zu bereits jetzt besonders hochpreisigen Wohnungsmärkten wie München unter Zugrundelegung der Durchschnittsdaten für 2016 wegen der dort erheblich höheren ortsüblichen Vergleichsmiete selbst noch bei einer Miete von 12,28 EUR/qm für (sozial schwache) Mieter verschlossen, während sie ihn Mietern in weniger hochpreisigen Märkten wie Berlin bereits ab einer Quadratmietermiete von 7,15 € öffnen. Auch dafür fehlen rechtfertigende Gründe. Ein darauf beruhender Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG hat hier aber dahinzustehen, da die klagenden Mieter Wohnraum in einer Kommune mit einer vergleichsweise niedrigen ortsüblichen Vergleichsmiete angemietet haben und deshalb insoweit nicht unmittelbar selbst negativ betroffen sind.
b.
Unabhängig davon verstößt § 556d BGB zur Überzeugung der Kammer auch deshalb in verfassungswidriger Weise gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil § 556e Abs. 1 BGB ohne sachliche Rechtfertigung diejenigen Vermieter von der Preisintervention des § 556d Abs. 1 BGB bis zur Höhe der Vormiete ausnimmt, die die Mietsache vor der Wiedervermietung unter Überschreitung der nunmehr durch § 556d Abs. 1 BGB angeordneten Mietobergrenze vermietet haben. Der allgemeine Gleichheitssatz gilt nicht nur für ungleiche Belastungen, sondern auch für ungleiche Begünstigungen. Verboten ist deshalb auch ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen hingegen ohne sachliche Rechtfertigung vorenthalten wird (vgl. BVerfG, Urt. v. 30. Juli 2008 – 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402/08, 1 BvR 906/08, BVerfGE 121, 317, juris Tz. 151). Daran gemessen ist der generelle Ausschluss aller – nicht von den weiteren Ausnahmetatbeständen der §§ 556e Abs. 2, 556f BGB erfasster – Vermieter, deren Vormiete die Grenzen des § 556d Abs. 1 BGB nicht überschreitet, von der durch § 555e Abs. 1 BGB gewährten Begünstigung nicht gerechtfertigt.
Die hier zu beurteilende Differenzierung zwischen Vermietern im Allgemeinen und solchen, die im Vormietverhältnis eine die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 10% überschreitende Miete vereinbart haben, behandelt Sachverhalte unterschiedlich. Gleichwohl ist bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von einer strengen Bindung des Gesetzgebers auszugehen, weil die Ungleichbehandlung der Sachverhalte hier eine Ungleichbehandlung von Personengruppen bewirkt, die eine negative Auswirkung auf deren grundrechtlich geschützte Freiheiten hat (vgl. BVerfG, a.a.O., juris Tz. 153). Die differenzierenden Regelungen der §§ 556d Abs. 1, 556e Abs. 1 BGB führen dazu, dass nicht privilegierte Vermieter anders als solche i.S.d. § 556e Abs. 1 BGB daran gehindert sind, die Mietsache in einer die Grenzen des § 556d Abs. 1 BGB überschreitenden Höhe zu vermieten. Für diese Ungleichbehandlung fehlt es an hinreichenden Sachgründen (vgl. Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 27; a.A. LG Berlin, a.a.O., juris Tz. 48; LG München I; AG Frankfurt a.M.; AG Neukölln; Börstinghaus; Lange; Schuldt jeweils a.a.O.)).
Der Gesetzgeber verfolgt mit den §§ 556d ff. BGB „in erster Linie sozialpolitische Zwecke“ (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 15). Die zu diesem Gesetzeszweck in Widerspruch stehende Begünstigung der durch § 555e Abs. 1 BGB in Höhe der „Vormiete“ privilegierten Vermieter hat er dabei mit Erwägungen des „Bestandsschutzes“ begründet (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 16, 19, 29, 30). Sofern die Vormiete die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete übersteige, solle der Vermieter nicht „gezwungen“ sein, die Miete im nachfolgenden Mietverhältnis zu senken; Gesetzeszweck sei nämlich nicht die „Absenkung bereits vereinbarter Mietentgelte“, sondern die „Unterbindung unangemessener Preissprünge“ bei der Wiedervermietung (vgl. BT-Drucks 18/3121, S. 29, 30). Diese Gründe sind nicht von solcher Art und solchem Gewicht, dass sie die ungleichen Rechtsfolgen für Vermieter mit einer die Grenzen des § 556d Abs. 1 BGB übersteigenden Vormiete und den übrigen in der Gebietskulisse des § 556d Abs. 2 BGB tätigen Vermietern rechtfertigen könnten. Zwar steht dem Gesetzgeber bei der Erstreckung des gesetzlichen Geltungsbereichs und der Begründung von Ausnahmetatbeständen ein Spielraum zu; dieser findet jedoch sein Ende, wenn es an einem hinreichenden Zusammenhang zwischen den gesetzlichen Regelungszielen und der Differenzierung fehlt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24. Januar 2012-1 Bv2l 1/11, BVerfGE 130, 131, juris Tz. 49). So liegt der Fall hier, in dem bereits die Begründung des durch § 556e Abs. 1 BGB geschaffenen Begünstigungstatbestandes den Gesetzeszweck des MietNovG aus dem Blick verloren hat. Denn dieser lag gerade nicht in der Unterbindung von „Preissprüngen“, sondern in der Marktöffnung für einkommensschwächere Bevölkerungsschichten und in der Verhinderung zunehmender Gentrifizierung. Für die Verwirklichung dieser Gesetzesziele sind gegenüber der Vormiete gesteigerte Wiedervermietungsmieten solange unschädlich, wie die absolute Höhe der neu verlangten Miete der Anmietung des Wohnraums durch einkommenschwächere Mieter nicht entgegen steht oder die Verdrängung von Bestandsmietern begünstigt. Schädlich hingegen sind stabile Wiedervermietungsmieten i.S.d. § 556e Abs. 1 BGB, die zwar zu keinem „Preissprung“ gegenüber der Vormiete führen, jedoch wegen ihrer beträchtlichen absoluten Höhe einkommensschwächere Mieter von einer Anmietung ausschließen oder über ihren Einfluss auf die Bildung der ortsüblichen Vergleichsmiete zumindest mittelbar die Verdrängung von Bestandsmietern fördern. Gemessen an den verfolgten Gesetzeszielen entbehrt es deshalb der sachlichen Rechtfertigung, die Vermieter danach zu differenzieren, ob eine Begrenzung der Wiedervermietungsmiete nach § 556d Abs. 1 BGB zu einer „Absenkung bereits vereinbarter Mietentgelte“ führt oder nicht.
Es kommt hinzu, dass die Ungleichbehandlung auch mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise schlichtweg unvereinbar ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29. März 2017 – 2 BvL 6/11, ZIP 2017, 1009, juris Tz. 101). Denn sie hat zur Folge, dass diejenigen Vermieter, die bislang zu einer maßvollen Miete vermietet und damit dem Gesetzeszweck des MietNovG entsprochen haben, auch einkommensschwächeren Mietern die Anmietung von Wohnraum zu ermöglichen, gegenüber denjenigen Vermietern benachteiligt werden, die Mietverträge in der Vergangenheit unter – maximaler – Ausschöpfung der am Markt erzielbaren Miete abgeschlossen und damit in einem ungleich höheren Maße zu einer Anspannung des betroffenen Wohnungsmarktes beigetragen haben (vgl. Blankenagel/Schröder/Spoerr, NZM 2015, 1, 27). Das gilt erst recht im Verhältnis zu solchen Vermietern, die in einer Gemeinde mit einer höheren ortsüblichen Vergleichsmiete tätig sind, da ihnen nicht nur die ohnehin gleichheitswidrige bundesweite Spreizung der durch § 556d Abs. 1 BGB bestimmten unterschiedlichen Mietobergrenzen zu Gute kommt, sondern über § 555e Abs. 1 BGB auch noch ein vorvermietungsbedingter Zusatzvorteil gewährt wird.
Schließlich sind auch die vom Gesetzgeber ins Feld geführten Erwägungen des „Bestandsschutzes“ nicht geeignet, die durch § 556e Abs. 1 BGB bewirkte Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Bestandschutzregelungen sind gerechtfertigt, wenn ein von einer gesetzlichen Verschärfung berührter Personenkreis im Vertrauen auf einen – durch ein Rechtsverhältnis – geschaffenen Bestand betroffen ist (vgl. BVerfG, Urt. v. 10. Juni 2009 – 1 BvR 706/08, BVerfGE 123, 186, juris Tz. 151). An einem solchen Bestand fehlt es bei der in einem Vormietverhältnis erzielten „Vormiete“, da ein Vermieter auf den geschaffenen vertraglichen Bestand nach Beendigung des Vertrages nicht mehr berechtigt auch für die Zukunft vertrauen kann (vgl. Lange, a.a.O.). Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn bei der Vermietung von Wohnraum stets vom unveränderten Fortbestand der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auszugehen wäre. Ein solches Vertrauen ist aber noch nicht einmal bei einem Bestandsmietverhältnis begründbar und damit erst recht nicht bei einer lediglich in Aussicht genommenen Vermietung (vgl. BGH, Urt. v. 4. November 2015 – VIII ZR 217/14, NJW 2016, 476, juris Tz. 57 m.w.N.). Zudem fehlen belastbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass das Refinanzierungskalkül der Vermieter nicht nur für die Dauer des Bestandsmietverhältnisses, sondern auch für die Zeit danach wesentlich auf der Höhe der zuvor vereinbarten Bestandsmiete beruht (a.A. Schuldt, a.a.O., 230), da Vermieter ohnehin nicht davon ausgehen, dass die rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die bei Begründung des Mietverhältnisses zur Bildung der vereinbarten Bestandsmiete geführt haben, nach Beendigung des Mietverhältnisses unverändert fortbestehen. Die Einführung der §§ 556d ff. BGB war allenfalls geeignet, das Vertrauen in den Bestand der vorherigen Gesetzeslage zu betreffen, auch weiterhin wirksam eine freie und lediglich durch die §§ 134, 138 BGB, 5 WiStG, 291 StGB beschränkte Vereinbarung über die Miethöhe treffen zu können. Dieses Vertrauens indes war nicht allein bei den durch § 556e Abs. 1 BGB privilegierten, sondern bei sämtlichen in der Gebietskulisse des § 556d Abs. 2 BGB tätigen Vermietern berechtigt.
22.02.2018