Leitsatz:
Aufgrund des technischen Fortschritts haben Mieter – auch solche mit Migrationshintergrund – heutzutage in der Regel keinen Anspruch auf Anbringung einer sichtbaren Parabolantenne am Balkon.
AG Neukölln vom 7.1.2016 – 3 C 143/15 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Hier hatten die kurdischen Mieter einen großen Parabolspiegel oberhalb der Brüstung der Loggia angebracht. Auch wenn die Loggia nicht zur Straßenseite des Gebäudes ausgerichtet war, so war sie und damit auch der montierte Parabolspiegel doch vom Innenhof für Nachbarn und andere Passanten sichtbar. Der Vermieter verlangte Entfernung der Satellitenschüssel. Er bekam vor dem Amtsgericht Recht.
Die Parabolantenne sei nicht mit einem in der Loggia abgestellten Sonnenschirm vergleichbar, der lediglich saisonal- und wetterbedingt aufgestellt werde. Da das äußere Erscheinungsbild der Hausfassade vom Eigentümer bestimmt werde, und mit der streitgegenständlichen Parabolantenne eine beachtliche ästhetische Beeinträchtigung des Eigentums des Vermieters zu befürchten sei, sei ihre Installation von dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache nicht mehr gedeckt. Diesen Eingriff in sein Eigentumsrecht hätte der Vermieter nur dann zu dulden, wenn ein höherrangiges Recht des Mieters – hier das Informationsrecht des Artikel 5 GG – dies erfordere. Das sei vorliegend aber nicht der Fall.
Zwar hätten die Mieter vorgetragen, aus der Stadt Samsun zu stammen und sich untereinander und mit dem Rest der Familie überwiegend auf kurdisch zu verständigen. Auf das Bestreiten des Vermieters hätten sie für ihre Behauptung jedoch keinen Beweis angetreten und seien damit beweisfällig geblieben.
Die Mieter hätten auch nicht vorgetragen, welchen konkreten Sender sie nur über die Parabolantenne empfangen können. Ohne eine bestimmte Bezeichnung des Senders könne die Vermieterseite den Vortrag der Mieter jedoch nicht überprüfen und nach Überprüfung auch nicht dazu vortragen, ob dieser Sender gegebenenfalls mit Hilfe eines Decoders, eines Digitalreceivers oder per Internet doch zu empfangen seien. Die Mieter seien daher insoweit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen.
Zwischenzeitlich sei es darüber hinaus entsprechend dem Fortschritt der Technik ohne Weiteres möglich, auch über das Internet ausländische Fernsehprogramme und Informationssendungen zu empfangen. Der Vermieter habe insoweit substanziiert unter namentlicher Bezeichnung der einzelnen Sender dargelegt, dass zahlreiche kurdische Sender per Internet zu empfangen seien. Dem seien die Mieter nicht substanziiert entgegen getreten. Sie hätten zwar vorgetragen, dass der Empfang mehrerer kurdischer Sender durch Geoblocking verhindert werde, jedoch eingeräumt, dass einige wenige kurdische Sender über das Internet zu empfangen seien. Soweit sie vorgetragen hätten, die Internetverbindung sei zu langsam, um ruckelfreie Bilder zu sichern, erfolgte dieser Vortrag offenbar ins Blaue hinein, denn sie hätten auch vorgetragen, sich bislang ein internetfähiges Fernsehen nebst Decoder nicht angeschafft zu haben. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass sie bislang gar nicht ausprobiert hätten, über das Internet fernzusehen.
Bei der gegebenen Sachlage sei davon auszugehen, dass das Informationsbedürfnis der Mieter auch ohne Parabolantenne ausreichend befriedigt werde.
Unerheblich sei schließlich auch der Vortrag der Mieter, der Vermieter hätte das Aufstellen der Antenne zehn Jahre lang geduldet. Denn auch eine jahrelange Duldung des Vermieters würde nicht zu einer Verwirkung des Anspruchs führen, denn die Mieter hätten nicht darauf vertrauen können, dass der Vermieter seine Rechte nicht mehr geltend mache.
09.06.2018