Leitsatz:
Eine ordentliche Kündigung nach §573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzuges scheidet aus, wenn der Mieter sich im Hinblick auf den geminderten Mietzins in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum befindet.
LG Berlin, Urteil vom 17.3.2009 – 65 S 54/08 –
Mitgeteilt von RA Bernd Schütze
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Die ordentlichen Kündigungen der Klägerin sind aber im Übrigen ebenfalls unwirksam, weil die Voraussetzungen des § 573 BGB nicht vorliegen. Danach ist ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses erforderlich, das insbesondere dann vorliegt, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Dies ist hier nicht der Fall. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte ihren Mietzahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen ist.
Dies gilt auch im Hinblick darauf, dass die von der Beklagten geltend gemachte Minderungsquote zu hoch bemessen war. Denn insoweit befand sich die Beklagte zumindest in einem unvermeidbaren Rechtsirrtum.
Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Maßstäbe anzulegen. Der Schuldner muss die Rechtslage sorgfältig prüfen, soweit erforderlich Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig beachten. Dabei ist er auch für das schuldhafte Verhalten eines Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB verantwortlich (vgl. statt aller BGH, Urteil vom 25.10.2006 – VIII ZR 102/06 m.w.N.). Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so ist bei einer schwierigen und unübersichtlichen Rechtslage aber regelmäßig ein unvermeidbarer Rechtsirrtum anzunehmen (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., 2007, § 543 Rn 102 m.w.N.), weil sich insoweit nicht eindeutig vorhersehen lässt, wie die entsprechenden Gerichte entscheiden werden. So liegt der Fall hier [Anmerkung der Redaktion: Es ging um die Minderung wegen fehlerhaft verlegten Laminat-Fußbodens]. Bereits aus den abweichenden Entscheidungen des Amtsgerichts im Vorprozess und im hiesigen Verfahren wird deutlich, dass eine schwierige und unübersichtliche Rechtslage vorliegt. Auch ist nicht in jedem Einzelfall vorhersehbar, wie hoch die Gerichte die Minderungsquote bemessen werden. Die Beklagte befand sich insoweit hier folglich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum. …
14.06.2017