Leitsatz:
Verursacht der Mieter einen Schaden an der Mietsache, hat der Vermieter gegen ihn nur dann einen Schadensersatzanspruch, wenn der Mieter den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, es sein denn, der Vermieter hat ein berechtigtes Interesse, den Versicherer nicht in Anspruch zu nehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vermieter den Mieter durch Betriebskostenumlage an den Versicherungskosten beteiligt hat oder diese nur kalkulatorisch auf den Mieter abwälzt.
AG Neukölln vom 30.10.2014 – 6 C 146/13 –
Mitgeteilt von RA Dr. Dilip D. Maitra
Urteilstext
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht bereits durch Teilurteil entschieden ist, unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzes in Höhe von 241,46 EUR des Mietvertrages in Verbindung mit § 280 Abs. 1 BGB.
Dabei kann es dahinstehen, ob der Beklagte den Schaden vorsätzlich oder durch einfache Fahrlässigkeit verursacht hat. Eine schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten im Sinne des § 280 BGB unterstellt, hat die Klägerin allein dann einen Anspruch, wenn der Beklagte den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat.
Unstreitig besteht für das Gebäude, in welcher sich die Wohnung des Beklagten befindet, eine Gebäudeversicherung. ln der Rechtsprechung ist nach den nunmehr angewandten Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung anerkannt, dass der Mieter bei leicht fahrlässigem Verhalten vor einem Regress des Versicherers geschützt ist (03.11.2004 – VIII ZR 28/04, Rz. 14 ff, zitiert nach juris). Die versicherungsrechtliche Lösung geht davon aus, dass sich dieser Regressverzicht aus einer ergänzenden Vertragsauslegung des Versicherungsvertrages ergibt (BGH 08.11.2000 – IV ZR 298/99, NJW 2001, 1353, 1354).
Die versicherungsrechtliche Lösung wirkt sich sodann im Verhältnis Vermieter Mieter derart aus, dass der Vermieter grundsätzlich kein Interesse daran haben kann, Schäden gegenüber dem Mieter geltend zu machen, soweit diese durch die Versicherung gedeckt sind. Aus einer vorhandenen Gebäudeversicherung folgt grundsätzlich die Pflicht des Vermieters die Gebäudeversicherung in Anspruch zu nehmen (vgl. dazu auch ausführlich LG Cottbus – 18.06.2010 – 5 S 46/09, BeckRS 2010, 17268). Verletzt der Vermieter diese Pflicht, so stehen dem Mieter Schadensersatzansprüche zu, welche er dem Schadensersatzanspruch des Vermieters im Sinne des § 242 BGB (dolo agit Einrede) entgegenhalten kann (LG Cottbus – 18.06.2010 – 5 S 46/09, BeckRS 2010, 17268; Emmerich, Anm. zu BGH 03.11.2004 – VIII ZR 28/04, NZM 2005, 100, 101).
Den Grundsätzen der versicherungsrechtlichen Lösung kommt nach der Rechtsprechung allein dann keine Bedeutung zu, wenn der Schaden nicht von der Versicherung gedeckt ist, ein Regressanspruch des Versicherers gegen den Mieter. besteht oder aber der Vermieter ein berechtigtes Interesse hat, den Versicherer nicht in Anspruch zu nehmen (BGH 03.11.2004, aaO).
Unter Anwendung der versicherungsrechtlichen Lösung scheidet ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz aus. Unstreitig bestand eine gebäudebezogene Sach- und Haftpflichtversicherung für die streitgegenständliche Wohnung. Von dieser sind grundsätzlich auch Wasserschäden im Gebäude gedeckt. Dass dies ausnahmsweise nicht zutreffe, ist von der Klägerin nicht eingewandt worden.
Unerheblich ist auch der Einwand der Klägerin, der Beklagte sei an der Versicherung nicht durch die Umlage der Betriebskosten beteiligt gewesen. Maßgeblicher Beweggrund des BGH zur Änderung seiner Rechtsprechung von der haftungsrechtlichen Lösung, nach welcher ein konkludenter Haftungsausschluss bei offensichtlicher Übernahme der Versicherungsprämie zwischen den Miet-Vertragsparteien vereinbart sein sollte, war die Kritik, dass die haftungsrechtliche Lösung davon abhänge, ob der Vermieter die Kosten der Versicherung offen oder kalkulatorisch auf den Mieter abwälze (BGH 08.11.2000, aaO; Rz. 10; ausführlich dazu auch Armbrüster, NVersZ 2001, 193, 194).
Dass ein Regressanspruch des Versicherers gegen den Mieter bestünde, ist von der Klägerin nicht dargelegt und bewiesen worden. Ein Ausschluss käme allein dann in Betracht, wenn der Beklagte vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hätte. Insoweit ist die Klägerin jedoch beweisfällig geblieben. Sie hat lediglich vorgetragen, dass der Wasserschaden durch einen nicht fachgerechten Duschanschluss entstanden sei, ohne – auch nicht nach richterlichem Hinweis mit Beschluss vom 12.08.2014 – konkret darzulegen, welcher Verschuldensgrad dem Beklagten dabei zuzurechnen sei.
Ob ein besonderes Interesse der Klägerin daran bestanden habe, den Versicherer nicht in Anspruch zu nehmen, hat die Klägerin nicht dargelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, dabei hat das Gericht berücksichtigt, dass das Interesse der Klägerin die Wohnung zu betreten mit 600,00 EUR zu werten ist und die Klägerin insoweit obsiegt hat. Der Streitwert wäre auch nicht durch die Klageänderung der Kläger geringer anzusetzen, so dass hier auch keine anteilige Kostentragungspflicht für den später konkretisierten Antrag der Klägerin aufzugeben war. Hinsichtlich des Klageantrages zu 2) ist die Klägerin vollständig unterlegen.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
14.05.2017