Leitsatz:
Die Formularklausel, wonach der Mieter Kalkfarben während des Mietverhältnisses nicht verwenden darf, stellt eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar und führt insgesamt zur Unwirksamkeit der Abwälzung der Schönheitsreparaturen.
LG Berlin vom 21.8.2015 – 65 S 176/15 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
In ihrem Beschluss begründet die 65. Zivilkammer des Landgerichts die Unwirksamkeit der Klausel damit, dass sie gegen das den Mietern während des Mietverhältnisses bestehende Recht, über die dekorative Gestaltung der Wohnung selbst zu entscheiden, verstößt. Der BGH habe dazu bereits 2008 (Urteil vom 18.6.2008 – VIII ZR 224/07) entschieden, dass Formularklauseln in Mietverträgen, mit welchen den Mietern bestimmte Farbgestaltungen während der Mietzeit aufgegeben wurden, zur Unwirksamkeit der gesamten Klausel zur Übertragung der Schönheitsreparaturen führten. Eine formularvertragliche Beschränkung des Mieters, sich in der Wohnung nach seinem Geschmack einzurichten, für die kein anerkennenswertes Interesse des Vermieters zu erkennen sei, sei nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam (BGH Urteil vom 28.3.2007 – VIII ZR 199/06). Ein anzuerkennendes Interesse des Vermieters ergebe sich hier nicht. Bereits nach § 28 Abs. 4 Satz 4 der Zweiten Berechnungsverordnung (ll. BV) stelle das Kalken von Wänden eine Möglichkeit zur malermäßigen Gestaltung der Wände dar. Diese in § 28 Abs. 4 Satz 4 der II. BV erfolgte Definition der Schönheitsreparaturen gelte nach allgemeiner Ansicht nicht nur unmittelbar für preisgebundene Wohnungen, sondern sei auch für preisfreie Wohnungen maßgeblich. Der Inhalt des Begriffs der Schönheitsreparaturen sei dahin zu bestimmen, dass die Arbeiten nach § 28 II. BV gemeint seien.
Selbst wenn, wie die verwendete Klausel nahelegt, diese Kalkfarben nicht einfach überstrichen werden können, so ließen sich doch Kalkfarben, das sei gerichtsbekannt, auch für den Laien leicht abwaschen und die Wände dann in jeder denkbaren und gewünschten Weise neu dekorieren.
Folge der unangemessenen Einengung des Mieters in der Art der Ausführung von Schönheitsreparaturen sei die Unwirksamkeit der Abwälzung der Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen schlechthin. Eine Aufrechterhaltung der Vertragsbestimmungen über die Schönheitsreparaturen ohne die Farbwahlklausel oder mit dem Inhalt, dass die Farbwahlklausel nur für das Ende des Mietverhältnisses gelte, wäre nur mittels einer inhaltlichen und gegebenenfalls sprachlichen Umgestaltung möglich und käme einer unzulässigen geltungserhaltenden Reduktion gleich. An die Stelle der unzulässigen Schönheitsreparaturklausel trete gemäß § 306 Abs. 2 BGB die dispositive gesetzliche Bestimmung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB, wonach der Vermieter die Schönheitsreparaturen schulde.
05.10.2017