Leitsatz:
Zum Unterschied zwischen einem „einfachen“ und einem „qualifizierten“ Vorbehalt bei einer Zahlung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB.
LG Berlin, Urteil vom 8.2.2010 – 67 S 218/09 –
Mitgeteilt von RA Jörg Grützmacher
Urteilstext
Aus den Gründen:
… Diese Kündigung ist jedoch gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden, da die Beklagte eine sogenannte Schonfristzahlung geleistet hat. Unstreitig hat sie nach Zustellung der Klage am 19. April 2008 eine am 4. Juni 2008 bei den Klägern eingegangene Zahlung von 5430 Euro unter Vorbehalt geleistet, um den Minderungsbetrag auszugleichen. Mit dieser Zahlung sind die Kläger vor Ablauf von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete nebst Nutzungsentschädigung befriedigt worden. …
Entgegen der Ansicht der Kläger kommt dieser Zahlung trotz des erklärten Vorbehalts Erfüllungswirkung zu. Denn auch Zahlungen unter Vorbehalt sind als Erfüllung zu werten (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. § 569 Rz 37). Soweit die Kläger geltend machen, es liege ein qualifizierter Vorbehalt vor, ist den Gesamtumständen ein qualifizierter Vorbehalt nicht zu entnehmen. Zwar tritt eine Erfüllung gemäß § 362 BGB dann nicht ein, wenn der Mieter ohne Anerkennung seiner Schuld unter Vorbehalt einer Rückforderung ohne Veränderung der den Vermieter treffenden Beweislast seine Leistung erbringt, dem Leistungsempfänger im Rückforderungsprozess also die Beweislast für das Bestehen des Anspruchs auferlegt werden soll. Ein Vorbehalt dieser Art lässt die Schuldtilgung in der Schwebe und ist keine Erfüllung im Sinne des § 362 BGB. Derartige qualifizierte Vorbehalte lauten in etwa „Zahlung unter Vorbehalt der rechtlichen Klärung“ oder „Zahlung unter der Bedingung, dass die Forderung besteht“ (vgl. Schach in Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., § 535 Rz 66 m.w.N.). Dem vergleichbare Erklärungen hat die Beklagte indes nicht abgegeben, die Kläger haben die Zahlung auch nicht zurückgewiesen.
Vielmehr hat die Beklagte mit Schreiben ihres vormaligen Prozessbevollmächtigten vom 29. Mai 2008 Folgendes erklärt: „Dennoch wird meine Mandantin nunmehr ohne Anerkennung einer Rechtspflicht und unter Vorbehalt der Rückforderung einen Betrag von 5430 Euro an Ihre Mandanten überweisen. Der Betrag setzt sich aus der Klageforderung und den Minderungsbeträgen für April und Mai 2008 sowie einem „Sicherheitszuschlag“ zusammen. Wenn das Gericht entscheidet, dass Minderungen und Zurückbehaltungsrecht berechtigt waren, wird meine Mandantin den jetzt gezahlten Betrag oder einen dem Urteil entsprechenden Teil davon zurückverlangen.“
Da die Frage der Erfüllungswirkung maßgeblich an die Beweislastverteilung für den Rückforderungsprozess anknüpft, ist die Erklärung der Beklagten nur so zu verstehen, dass sie sich nicht dem Einwand des § 814 BGB aussetzen wollte und es bei der ihr obliegenden Beweislast für einen eventuellen Rückforderungsprozess verbleibt. …
02.02.2013