Leitsätze:
Der Vermieter ist verpflichtet, dem Mieter Zugang zu den Bedien- und Messelementen der Stromversorgung zu ermöglichen, die typischerweise auch zur Benutzung und Einsichtnahme durch einen Laien geeignet und bestimmt sind. Dazu zählen sowohl der Sicherungskasten mit den der Wohnung des Mieters zuzuordnenden Sicherungen, als auch der Stromzähler.
AG Charlottenburg vom 3.7.2018 – 203 C 60/18 –
Mitgeteilt von RAin Anja Pamela Varduhn
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Hier befand sich im Treppenhaus ein Kasten direkt an der Wand, in dem sich der Stromzähler für die Wohnung der Mieterin sowie sämtliche Stromsicherungen für die Elektroversorgung der Wohnung befanden. Dieser Kasten war in der Vergangenheit durch einen einfachen Riegel verschlossen. Anlässlich einer Stromzählerablesung zu Beginn des Jahres 2016 stellte die Mieterin fest, dass der Kasten durch ein abschließbares Schloss ersetzt worden war. Ihr wurde hierfür kein Schlüssel ausgehändigt.
Am Samstag, den 30.9.2017 löste eine durchbrennende Glühbirne einen Kurzschluss in der Wohnung der Mieterin aus. Die Mieterin nahm Kontakt zu den anderen Mietern auf, um den Kasten im Flur zu öffnen und die Stromzufuhr wiederherzustellen. Diese Bemühungen blieben erfolglos. Der Hausmeister war im Urlaub, und die Verwaltung war nicht erreichbar. Die Mieterin rief die Polizei, die mittels eines Werkzeugs die Öffnung des Kastens durchführte. Auf die Aufforderung, ihr Zugang zu diesem Kasten zu ermöglichen, reagierte der Vermieter nicht, so dass die Mieterin Klage erhob.
Der Vermieter war der Ansicht, der Zugang beziehungsweise der Zugriff auf den Sicherungs- und Zählerkasten habe nichts damit zu tun, dass die Mieterin einen Anspruch darauf habe, dass die Räume mit Strom versorgt würden. Der Vermieter sei für den elektrischen Sicherungskasten verantwortlich, er müsse deshalb auch vom Vermieter gewartet werden. Der Mieter selbst habe keinen Anspruch darauf, dass ihm der Zugriff/Eingriff auf technische Anlagen ermöglicht werde. Dies sei allein Sache des Vermieters. Komme es zu einem Ausfall oder einer Störung, habe der Mieter dies zu melden und der Vermieter habe die Störung zu beseitigen. Gegebenenfalls könne der Mieter die Miete mindern. Ein Anspruch der Klägerin bestehe auch deswegen nicht, da in Notfällen die Hausverwaltung und/oder der Hausmeister erreichbar seien.
Dieser Ansicht folgte das Gericht nicht und gab der Klage der Mieterin statt. Sie habe einen Anspruch auf Gewährung des Zugangs zu dem Stromzähler- und Sicherungskasten aus §§ 535, 241 BGB.
Der Vermieter sei verpflichtet, der Mieterin Zugang zu den Bedien- und Messelementen der Stromversorgung zu ermöglichen, die typischerweise auch zur Benutzung und Einsichtnahme durch einen Laien geeignet und bestimmt seien. Dazu zählten sowohl der Sicherungskasten mit den der Wohnung der Mieterin zuzuordnenden Sicherungen als auch der Stromzähler.
Dabei genüge es nicht, dass die Mieterin die Möglichkeit habe, in Notfällen die Hausverwaltung und/oder den Hausmeister zu benachrichtigen. Dies zeige bereits der hier streitgegenständliche Vorfall am 30.9.2017, bei dem die Hausverwaltung und der Hausmeister gerade nicht erreichbar waren. Auch sei es der Mieterin – jedenfalls hinsichtlich des Zugangs zu den Sicherungen – nicht zumutbar, auf einen Dritten angewiesen zu sein. Die Mieterin müsse vielmehr in die Lage versetzt werden, selbst unmittelbar und ohne zeitliche Verzögerung auf die ihrer Wohnung zugehörigen Sicherungen zuzugreifen. Dies gelte gerade auch im Hinblick auf etwaige Notfälle, wie einen Brand oder auch einen Wasserschaden, in denen es gegebenenfalls geboten sein kann, ohne Zuwarten die Stromzufuhr durch Betätigung der Sicherung abzuschalten. Im Rahmen der Zumutbarkeitserwägungen sei allerdings ein Zuwarten auch dann nicht mehr hinzunehmen, wenn etwa aufgrund einer Überlastung des Wohnungs-Stromkreises durch die Nutzung übermäßig vieler Abnahmegeräte die Sicherung rausspringe und das Problem mit einer kurzen Betätigung der Sicherung behoben wäre. Auch in diesem Fall könne die Mieterin nicht darauf verwiesen werden, erst das – zeitlich ungewisse – Erscheinen des Hausmeisters vor Ort abzuwarten.
Es bleibe dem Vermieter überlassen, wie er der Mieterin den Zugang gewährt, insbesondere also, ob er das Schloss entfernt, oder ob er der Mieterin einen Schlüssel für das Schloss aushändigt, um dem von ihm angeführten Problem etwaiger Manipulationen durch Dritte entgegenzuwirken.
25.11.2020