Leitsatz:
Ist das Telefonkabel zwischen der Telefonsteckdose in der Wohnung und dem Übergabepunkt im Keller defekt, haftet der Vermieter nicht.
LG Berlin vom 12.9.2014 – 63 S 151/14 –
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Der Mieter verlangte vom Vermieter die Reparatur des Telefonkabels zwischen Telefonsteckdose in der von ihm inne gehaltenen Wohnung und dem Übergabepunkt im Keller des Hauses. Der Vermieter weigerte sich. Das Landgericht gab ihm Recht.
Sowohl Wohn- als auch Geschäftsraummieter hätten bei fehlender konkreter Beschaffenheitsabrede unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung einen Anspruch darauf, dass ihnen Anschlüsse für Telekommunikation zur Verfügung stünden, sofern sich nicht aus dem vereinbartem Nutzungszweck oder dem Vertragsobjekt selbst etwas anderes ergebe. Der Vermieter habe dem Netzbetreiber gegenüber die erforderlichen Erklärungen abzugeben und das Anbringen der notwendigen Zuleitungen am Haus zu gestatten.
Eine eigene Verpflichtung des Vermieters, die entsprechende Signalübertragung eines bestehenden Anschlusses zu gewährleisten, ergebe sich hieraus indes in der Regel nicht. Denn seine Gebrauchserhaltungspflicht umfasse lediglich die Wohnung, die zur Ausstattung der Wohnung gehörenden Bauteile und Einrichtungen sowie den Zugang zu ihr.
Da die Wohnung des Mieters mit einem entsprechenden Anschluss versehen sei, schuldete der Vermieter keine darüber hinausgehende Einrichtung. Denn die Aktivierung des Anschlusses in der Weise, dass eine Signalübertragung tatsächlich stattfinden kann, sei bei bestehendem Übergabepunkt im Haus ohne weiteres möglich; damit genüge der Vermieter seiner Pflicht, dem Mieter diese Art der Kommunikation zu ermöglichen, wobei dahinstehen könne, wer ursprünglich die Telefonkabel verlegt habe.
Der Vermieter sei ferner verpflichtet, für diesbezügliche Arbeiten eines Telekommunikationsanbieters seine Zustimmung zu erteilen und derartige Arbeiten zu dulden.
Urteilstext
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Die Klägerin kann von den Beklagten die Reparatur des Telefonkabels zwischen Telefonsteckdose in der von ihr inne gehaltenen Wohnung und dem Übergabepunkt im Keller des Hauses nicht verlangen (§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB).
Soweit unstreitig eine Signalübertragung in der Leitung zwischen beiden Orten nicht stattfindet, handelt es sich nicht um einen Mangel der Mietsache, der von den Beklagten im Rahmen ihrer ihnen als Vermieter obliegenden Instandhaltungspflicht zu beheben wäre.
Der vertragsgemäße Zustand der Mietsache ist der Ausgangspunkt für die Beurteilung, ob ein solcher Mangel vorliegt. Maßstab für diese Beurteilung sind in erster Linie die Vereinbarungen der Mietvertragsparteien (BGH v. 23.9. 2009 – VIII ZR 300/08, GE 2009, 1426; v. 17.6.009 – VIII ZR 131/08, NJW 2009, 2441; v. 6.10.2004 – VIII ZR 355/03, NJW 2005, 218). Fehlt es an Parteiabreden zur Beschaffenheit der Mietsache, schuldet der Vermieter eine Beschaffenheit, die sich für den vereinbarten Nutzungszweck – hier die Nutzung als Wohnung – eignet und die der Mieter nach der Art der Mietsache erwarten kann (BGH v. 7.7.2010 – VIII ZR 85/09, GE 2010, 1110). Ansonsten ist der geschuldete Standard durch Auslegung zu ermitteln, wobei maßgebend auf die Verkehrsanschauung abzustellen ist (BGH v. 23.09.2009 a.a.O.).
Sowohl Wohn- als auch Geschäftsraummieter haben unter Berücksichtigung der vorstehenden Kriterien bei fehlender konkreter Beschaffenheitsabrede unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung einen Anspruch darauf, dass ihnen Anschlüsse für Telekommunikation zur Verfügung stehen, sofern sich nicht aus dem vereinbartem Nutzungszweck oder dem Vertragsobjekt selbst etwas anders ergibt. Der Vermieter hat dem Netzbetreiber gegenüber die erforderlichen Erklärungen abzugeben und das Anbringen der notwendigen Zuleitungen am Haus zu gestatten (Häublein in MüKo, 6. Aufl. 2012 § 535 Rn 74; Eisenschmid in Schmidt-Futterer, 11. Aufl. 2013, § 535 Rn 466 m.w.N.).
Eine eigene Verpflichtung des Vermieters, die entsprechende Signalübertragung eines bestehenden Anschlusses zu gewährleisten, ergibt sich hieraus indes in der Regel nicht. Denn seine Gebrauchserhaltungspflicht umfasst lediglich die Wohnung, die zur Ausstattung der Wohnung gehörenden Bauteile und Einrichtungen sowie den Zugang zu ihr.
Da die Wohnung der Klägerin mit einem entsprechenden Anschluss versehen ist, schulden die Beklagten keine darüber hinaus gehende Einrichtung. Denn die Aktivierung des Anschlusses in der Weise, dass eine Signalübertragung tatsächlich stattfinden kann, ist bei bestehendem Übergabepunkt im Haus ohne weiteres möglich; damit genügen die Beklagten ihrer Pflicht, der Klägerin diese Art der Kommunikation zu ermöglichen, wobei dahin stehen kann, wer ursprünglich die Telefonkabel verlegt hat.
Sie sind ferner verpflichtet, für diesbezügliche Arbeiten eines Telekommunikationsanbieters ihre Zustimmung zu erteilen und derartige Arbeiten zu dulden, wozu sich auch die Entscheidung des Amtsgerichts Neukölln v. 2.3.2011 (- 5 C 340/10, MM 2012, Nr. 3, 30; vgl. hierzu auch LG Göttingen v. 11.12.2013 – 5 S 53/12, zit. nach juris ) nur verhält. Ihr Einverständnis damit haben sie bereits vorprozessual mit Schreiben vom 1.10.2013 erklärt.
Die von der Klägerin in Bezug genommene Parallele zur Stromversorgung führt für den vorliegenden Fall der fehlenden Signalübertragung zu keinem anderen Ergebnis: Soweit der Vermieter verpflichtet ist, die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen, gehört dazu auch, dass die Räume mit Strom versorgt werden können. Will der Vermieter daher die Räumlichkeiten ohne eine derartige Energieversorgung überlassen, muss dies ausdrücklich vereinbart werden. Anderenfalls hat der Mieter einen Anspruch darauf, dass die Wohnung an das allgemeine Stromnetz angeschlossen ist.
Der Strombezug selbst unterliegt hingegen der inhaltlichen Ausgestaltung durch eine Vereinbarung der Parteien. Ist hierüber keine Abrede getroffen worden, ist der Mieter im Zweifel selbst für den Bezug verantwortlich, während der Vermieter die Zurverfügungstellung aller nötigen Einrichtungen schuldet, um ihm diesen Bezug zu ermöglichen (Eisenschmid a.a.O. Rn 540, 541). Mit der hier streitgegenständlichen nicht funktionierenden Signalübertragung korrespondiert indes der Bezug von Strom bei Existenz der nötigen Einrichtungen.
Ferner greift dementsprechend der Einwand, die bloße Existenz der Telefonsteckdose zur Zeit der Übergabe der Wohnung an sie – die Klägerin – führe etwa zu einer konkludent geschlossenen Beschaffenheitsabrede über eine funktionierende Signalübertragung – und damit vorliegend zu einer Abweichung des Ist- vom Sollzustand – nicht durch; eine solche könnte sich allenfalls darauf erstrecken, dass infolgedessen ein entsprechender Hausanschluss nebst Übergabepunkt vorhanden sind und die Telefonsteckdose selbst nicht bloße „Dekoration“ darstellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
29.06.2017