Leitsatz:
Zur Frage, wann ein Anspruch auf Untervermietung an einer Überbelegung der Wohnung scheitern kann.
AG Tempelhof-Kreuzberg vom 6.3.2014 – 23 C 226/13 –
Mitgeteilt von RAin Andrea Klette
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im hiesigen Fall konnte der Vermieter die Versagung der Untervermietungsgenehmigung nicht auf Überbelegung stützen. Denn diese war weder hinsichtlich des für die Hauptmieterin verbleibenden Teils der Wohnung, noch hinsichtlich des unterzuvermietenden Teils gegeben.
Ab wann eine Überbelegung vorliegt, entzieht sich – so das Amtsgericht – einer pauschalisierten Betrachtung. Für die Feststellung einer Überbelegung seien in erster Linie die Wohnfläche, die Zimmerzahl und die Bewohneranzahl maßgeblich. Zusätzlich könnten aber auch besondere Einzelfallumstände, wie das Vorhandensein von Nebenräumen, der Wohnungszuschnitt, familiäre Beziehungen oder die allgemeine Wohnungsmarktlage herangezogen werden.
ln Berlin schreibe § 7 Abs. 1 Wohnungsaufsichtsgesetz (WoAufG) zur Belegung vor, dass Wohnungen nur überlassen oder benutzt werden dürften, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 9 Quadratmetern, für jedes Kind bis zu sechs Jahren eine Wohnfläche von mindestens 6 Quadratmetern vorhanden sei. § 7 Abs. 2 WoAufG lasse bei der Überlassung einzelner Wohnräume für jede Person sogar eine Wohnfläche von mindestens 6 Quadratmetern und für jedes Kind bis zu sechs Jahren eine Wohnfläche von mindestens 4 Quadratmetern zu, wenn ausreichende Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stünden. Als Anhaltspunkt für das definitive Vorliegen einer Überbelegung könnten diese Werte als Richtwerte jedenfalls herangezogen werden.
Aus der – mittlerweile etwas zurückliegenden – übrigen zivilgerichtlichen Rechtsprechung ergäben sich keine einheitlichen Werte (beispielsweise keine Überbelegung: LG Berlin vom 12.10.1985 – 64 S 137/85 –. bei einer Fünfzimmerwohnung von 96 Quadratmetern für sieben Personen; OLG Frankfurt vom 11 5.1994 – 20 W 216/ 94 – bei 50 Quadratmetern für fünf Personen – demgegenüber Überbelegung beispielsweise: BVerfG vom 18.10.1993 – 1 BvR 1335/93 – bei sieben Personen auf 70 Quadratmetern). Als Faustregel gelte bei über 12 Quadratmetern für jede erwachsene Person oder jeweils zwei Kinder bis zum 12. Lebensjahr eine Überbelegung als ausgeschlossen (AG Nürnberg vom 10.1.1991 – 25 C 7386/90).
Auch wenn man im Jahr 2014 konstatieren könne, dass der Pro-Kopf-Wohnraum in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich stetig steige und im Bundesdurchschnitt mittlerweile etwa bei 45 Quadratmetern Wohnfläche pro Person angekommen sein mag, könne auch unter Fortentwicklung der Rechtsprechung frühestens ab einer Wohnfläche von unter 15 Quadratmetern pro erwachsener Person beziehungsweise zwei bis zu 12-jährigen Kindern oder bei über zwei Personen pro Zimmer eine Überbelegung überhaupt in Erwägung gezogen werden. So sei etwa das AG Stuttgart (vom 24.5.2011 – 37 C 5827/10 –) im Falle einer Dreizimmerwohnung mit 64,3 Quadratmetern für zwei Erwachsene mit sechs unter 12-jährigen Kindern über die oben genannte „Faustregel“ hinweggegangen, nach der 60 Quadratmeter grundsätzlich ausgereicht hätten. Im Einzelfall komme es unter diesen Werten aber noch auf weitere – so die bereits erwähnten – konkrete Umstände an, die dann für oder gegen eine Überbelegung sprechen könnten.
Für die im hiesigen Fall betroffene Dreizimmerwohnung (mit einer Fläche von 80,62 Quadratmetern) sei eine Überbelegung ausgeschlossen, weil der Mindestplatzbedarf überschritten werde. Bei vier Personen, wovon es sich bei einer um einen Säugling handele, dessen Bedarf zunächst deutlich reduziert sei, stünden für jede Person im Mittel 20 Quadratmeter zur Verfügung. Dazu seien als Nebenräume „Küche, Toilette und Waschküche als Lagerraum“ gemäß § 1 a) des Mietvertrags vorhanden. Für die Hauptmieterin selbst stehe ein eigener Raum und anteilig ein Drittel der Wohnung zur Verfügung, mithin etwa 26 Quadratmeter, was weit über der Grenze einer Überbelegung liege. Ferner umfasse der Teil der Wohnung zur Untervermietung letztlich zwei Räume für drei Personen und habe einen Anteil von zwei Dritteln an der Gesamtwohnung, d.h. hier etwa 53 Quadratmeter beziehungsweise 18 Quadratmeter pro Person, womit ebenfalls der Mindestbedarf überschritten werde.
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
… Auf einen Ausschlussgrund nach § 553 Abs. 1 S. 2 BGB können sich die Beklagten nicht erfolgreich berufen. …
Auf Überbelegung können die Beklagten die Versagung der Genehmigung nicht stützen. Diese ist weder hinsichtlich des für die Klägerin verbleibenden Teils der Wohnung, noch hinsichtlich des unterzuvermietenden Teils gegeben.
a) Ab wann eine Überbelegung vorliegt entzieht sich einer pauschalisierten Betrachtung. Für die Feststellung einer Überbelegung sind in erster Linie die Wohnfläche, die Zimmerzahl und die Bewohneranzahl maßgeblich (Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl. 2013, § 540 BGB Rn. 28). Zusätzlich können aber auch besondere Einzelfallumstände, wie das Vorhandensein von Nebenräumen, der Wohnungszuschnitt, familiäre Beziehungen oder die allgemeine Wohnungsmarktlage herangezogen werden.
aa) ln Berlin schreibt das·Wohnungsaufsichtsgesetz (Gesetz zur Beseitigung von Wohnungsmissständen in Berlin i.d.F. v. 3.4.1990, GVBl. S. 1081, zuletzt geändert durch Artikel Llll des Gesetzes v. 16.7.2001, GVBI. S, 260) in § 7 Abs. 1 WoAufG zur Belegung vor, dass Wohnungen nur überlassen oder benutzt werden dürfen, wenn für jede Person eine Wohnfläche von mindestens 9 m², für jedes Kind bis zu sechs Jahren eine Wohnfläche von mindestens 6 m² vorhanden ist. § 7 Abs. 2 WoAufG lässt bei der Überlassung einzelner Wohnräume für jede Person sogar eine Wohnfläche von mindestens·6 m² und für jedes Kind bis zu sechs Jahren eine Wohnfläche von mindestens 4 m² zu, wenn ausreichende Nebenräume zur Mitbenutzung zur Verfügung stehen. Als Anhaltspunkt für das definitive Vorliegen einer Überbelegung können diese Werte als Richtwerte jedenfalls herangezogen werden (LG Berlin, Urteil v. 26.3.1990, Az.: 61 S 483/89 = GE 1991, S. 625; AG Schöneberg, Urteil v. 16.1.1990, Az.: 16 C 765/89 = GE 1990, S. 265 ff.; AG Charlottenburg, Urteil v. 14.8.1989, Az: 5 C 304/89 = WuM 1989, S. 626). Eine davon zu trennende·Frage ist, was unter ausreichendem Wohnraum i.S.v. § 17 Abs. 2 Nr. 2 AuslG zu verstehen ist, weil es dabei nicht um Mindestgrößen, sondern um in Deutschland übliche Standards geht. Dabei kann der Ansatz der Angemessenheit letztlich höher sein als die Vorgaben des Wohnungsaufsichtsgesetzes (vgl. VG Berlin, Urteil v. 18.2.2004, Az.: 23 V 6.03, das darin ausreichenden Wohnraum in einer 42 m² großen 2-Zimmerwohnung für drei Personen verneinte).
bb) Aus der – mittlerweile etwas zurückliegenden – übrigen zivilgerichtlichen Rechtsprechung ergeben sich keine einheitlichen Werte (bspw. keine Überbelegung: LG Berlin, Urteil v. 12.10.1985, Az.: 64 S 137/85 = GE 1986, S. 659 ff. bei einer 5-Zirnmerwohnung von 96m² für sieben Personen; OLG Frankfurt, Beschluss v. 11 5.1994, Az.: 20 W 216/94 = ZMR 1994, S. 378 bei·50 m² für fünf Personen – dem gegenüber Überbelegung bspw.: BVerfG, Beschluss v. 18.10.1993, Az.: 1 BvR 1335/93 = NJW 1994,8.11 f. bei sieben Personen auf 70m²; BGHZ 123, 233 ff. bei 30 m² für zwei Erwachsene mit drei Kindern, dort aber differenzierend zwischen einer einfachen und einer erheblichen Überbelegung). Als Faustregel galt demnach bei über 12 m² für jede erwachsene Person oder jeweils zwei Kinder bis zum 12. Lebensjahr eine Überbelegung als ausgeschlossen (AG Nürnberg, Urteil v. 10.1.1991, Az.: 25 C 7386/90 = WuM 1991, S. 690; dem auch heute noch unverändert folgend Blank, in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Aufl., 2013, § 540 BGB Rn. 28).
cc) Auch wenn man im Jahr 2014 konstatieren kann, dass der Pro-Kopf-Wohnraum in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich stetig steigt und im Bundesdurchschnitt mittlerweile etwa bei 45 m² Wohnfläche pro Person angekommen sein mag, kann auch unter Fortentwicklung der Rechtsprechung frühestens ab einer Wohnfläche von unter 15 m² pro erwachsener Person bzw. zwei bis zu 12-jährigen Kindern oder bei über zwei Personen pro Zimmer eine Überbelegung überhaupt in Erwägung gezogen werden. So ging etwa das AG Stuttgart (Urteil v. 24.5.2011, Az.: 37 C 5827/10 = WuM 2012, S. 150 ff.) im Falle einer 3-Zimmerwohnung mit 64,3 m² für zwei Erwachsene mit sechs unter 12-jährigen Kindern über die oben genannte „Faustregel“ hinweg, nach der 60 m² grundsätzlich ausgereicht hätten. Im Einzelfall kommt es unter diesen Werten aber noch auf weitere – so bspw. die bereits erwähnten – konkrete Umstände an, die dann für oder gegen eine Überbelegung sprechen könnten.
b) Für die betroffene 3-·Zimmerwohnung [mit einer Fläche von 80,62 m²] ist eine Überbelegung ausgeschlossen, weil der Mindestplatzbedarf überschritten wird. Bei vier Personen, wovon es sich bei einer um einen Säugling handelt, dessen Bedarf zunächst deutlich reduziert ist, stehen für jede Person im Mittel 20 m² zur Verfügung. Dazu sind als Nebenräume „Küche, Toilette und Waschküche als Lagerraum“ gemäß § 1 a) des Mietvertrags vorhanden. Für die Klägerin selbst steht ein eigener Raum und anteilig ein Drittel der Wohnung zur Verfügung, mithin etwa 26 m², was weit über der Grenze einer Überbelegung liegt. Ferner umfasst der Teil der Wohnung zur Untervermietung letztlich zwei Räume für drei Personen und hat einen Anteil von zwei Dritteln an der Gesamtwohnung, d.h. hier etwa 53 m² bzw. 18 m² pro Person, womit ebenfalls der Mindestbedarf überschritten wird. …
06.05.2018