Leitsatz:
Zur Frage, welche Art von Ersatzwohnraum dem Mieter zumutbar ist, wenn er die Wohnräume seiner Wohnung vollständig für vier Wochen wegen Sanierungsarbeiten an der Holzbalkendecke räumen muss.
AG Schöneberg vom 21.8.2015 – 19 C 458/14 –
Mitgeteilt von RA Johann Heinrich Lüth
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Mieter verweigerten die Duldung notwendiger Instandsetzungsarbeiten, weil der Vermieter ihnen nur unzureichenden Ersatzwohnraum für die Zeit der Arbeiten angeboten hatte. Das Gericht folgte der Argumentation der Mieter und verurteilte sie zur Duldung lediglich Zug um Zug gegen Zahlung eines Vorschusses von 2800 Euro gemäß § 555 a Abs. 3 BGB für die Räumung der Wohnung und Unterbringung in einem 3-Zimmer-Appartement/Ferienwohnung für einen Zeitraum von vier Wochen.
Für den geplanten Zeitraum sei eine Hotelunterbringung nicht zumutbar. Auch die angebotene Nachbarwohnung käme als Ausgleichswohnung nicht in Betracht. Denn es war entsprechend dem Angebot des Vermieters vorgesehen, dass Bad und Küche der Nachbarwohnung nicht zu nutzen seien. ln dem Angebot des Vermieters hieß es unter anderem: „Erfreulicherweise hat sich eine andere für Sie sicher praktikablere Variante ergeben. ln der Wohnung gegenüber werden für Sie für die Zwischennutzung zwei Zimmer hergerichtet. So können Sie diese zur Unterstellung für Möbel und/oder als Schlafraum und Arbeitsraum nutzen. Bad- und Küchennutzung bitten wir wie bisher in Ihrer eigenen Wohnung vorzunehmen …“ Das Gericht folgte der Auffassung der Mieter, dass es ihnen nicht zumutbar sei, in den zwei Zimmern der Nachbarwohnung zu wohnen und gleichzeitig Bad und Küche in der streitgegenständlichen Wohnung, in der die geplanten Arbeiten stattfinden sollen, zu nutzen. Zudem hätten in der Nachbarwohnung lediglich zwei Zimmer und nicht wie in der streitgegenständlichen Wohnung drei Zimmer zum Wohnen zur Verfügung gestanden. Unabhängig davon, dass in der streitgegenständlichen Wohnung Arbeiten stattfinden sollen, die nach dem Vortrag der Mieter keine normale Nutzung des Sanitärbereichs oder der Küche möglich machen sollen, sei es bereits unzumutbar, in der Nachbarwohnung zu wohnen, dort jedoch nicht Bad und Küche benutzen zu können, sondern hierfür jeweils in die streitgegenständliche Wohnung gehen zu müssen, zumal sich dort tagsüber Arbeiter aufhielten. Der von den Mietern genannte Vorschuss von 2800 Euro für die Räumung der Wohnung und Unterbringung in einem 3-Zimmer-Appartement/Ferienwohnung erscheine hingegen angemessen.
Urteilstext
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Die Beklagten sind gemäß § 555 a BGB zur Duldung der streitgegenständlichen Instandsetzungsmaßnahmen verpflichtet. Die Beklagten haben die Notwendigkeit dieser Instandsetzungsarbeiten ausdrücklich nicht in Abrede gestellt. Die Beklagten sind lediglich Zug um Zug gegen Zahlung eines Vorschusses·von 2.800,00 € für die Räumung der Wohnung und Unterbringung in ein 3 -Zimmer-Appartement/Ferienwohnung für einen Zeitraum von vier Wochen zur Duldung verpflichtet.
Die Beklagten haben gemäß § 555 a Absatz 3 BGB einen Anspruch auf einen solchen Vorschuss über den dann später abzurechnen ist. Das Gericht folgt der Auffassung der Beklagten, dass für den geplanten Zeitraum eine Hotelunterbringung nicht zumutbar ist.
Auch die angebotene Nachbarwohnung kam als Ausgleichswohnung nach Auffassung des Gerichts nicht in Betracht. Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Wohnung in einem unzumutbaren Zustand war oder nicht. Jedenfalls war entsprechend dem Angebot in dieser Nachbarwohnung vorgesehen, dass Bad und Küche der Nachbarwohnung nicht zu nutzen seien. ln dem Angebot (Anlage K 7) heißt es unter anderem: „Erfreulicherweise hat sich eine andere für Sie sicher praktikablere Variante ergeben. ln der Wohnung gegenüber werden für Sie für die Zwischennutzung zwei Zimmer hergerichtet. So können Sie diese·zur Unterstellung für Möbel und/oder als Schlafraum und Arbeitsraum nutzen. Bad- und Küchennutzung bitten wir wie bisher in Ihrer eigenen Wohnung vorzunehmen….“ Das Gericht folgt der Auffassung der Beklagten, dass es den Beklagten nicht zumutbar ist, in den zwei Zimmern der Nachbarwohnung zu wohnen und gleichzeitig Bad und Küche in der streitgegenständlichen Wohnung, in der die geplanten Arbeiten stattfinden sollen, zu nutzen. Zudem hätten in der Nachbarwohnung lediglich zwei Zimmer und nicht wie in der streitgegenständlichen Wohnung drei Zimmer zum Wohnen zur Verfügung gestanden. Unabhängig davon, dass in der streitgegenständlichen Wohnung Arbeiten stattfinden sollen, die nach dem Vortrag der Beklagten keine normale Nutzung des Sanitärbereichs oder der Küche möglich machen sollen, so ist es nach Auffassung des Gerichts bereits unzumutbar, in der Nachbarwohnung zu wohnen, dort jedoch nicht Bad und Küche benutzen zu können, sondern hierfür jeweils in die streitgegenständliche Wohnung gehen zu müssen, zumal sich dort tagsüber Arbeiter aufhalten. Der von den Beklagten genannte Vorschuss von 2.800,00 € für die Räumung der Wohnung und Unterbringung in einem 3-Zimmer-Appartement/Ferienwohnung erscheint angemessen. Ein solcher Vorschuss, und zwar auch für die Unterbringung in·einem 3-Zimmer-Appartement/Ferienwohnung, ist von der Klägerin den Beklagten bisher nicht gezahlt worden. …
01.07.2016