Leitsatz:
Ein Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungsgenehmigung besteht dann nicht, wenn der begehrte Untermietzins den Regelungen der §§ 556 d ff. BGB widerspricht.
LG Berlin vom 26.4.2022 – 65 S 221/21 –
Mitgeteilt von RAin Andrea Klette
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Hier ging es um den etwas skurrilen Fall, dass ein Vermieter (!) sich auf die Mietpreisbremse beruft. Der Mieter hatte den Vermieter auf Schadensersatz verklagt, weil dieser sich geweigert hatte, ihm die von ihm in Aussicht genommene Untervermietung zu gestatten.
Das Landgericht wies die Klage ab, weil vorliegend ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis nicht bestand. Denn die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 BGB lägen hier nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei als berechtigt jedes Interesse des Mieters zur Untervermietung von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang stehe.
Die hier begehrte Untervermietungserlaubnis stünde aber nicht im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung, sondern im Widerspruch zum sozialen Wohnraummietrecht des BGB, hier den Vorschriften über die zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, §§ 556 d ff BGB (sogenannte „Mietpreisbremse“). Die Mietpreisbremse binde grundsätzlich auch den Mieter, der im Verhältnis zum Untermieter rechtlich als Vermieter anzusehen sei. Der Vermieter habe zu Recht geltend gemacht, dass der Mieter mit der Mietpreisabrede im Untermietvertrag gegen § 556 d Abs. 1 BGB i.V.m. der Mietenbegrenzungsverordnung Berlin verstoßen habe.
Der Mieter zahle im Hauptmietverhältnis an den Vermieter für die aus drei Zimmern, Küche, und Bad bestehende, mit zwei Balkonen ausgestattete Wohnung mit einer Größe von 77,56 Quadratmetern monatlich eine Nettokaltmiete von 560 Euro (= 7,22 Euro pro Quadratmeter).
Der vom Mieter erstellte Untermietvertrag weise eine monatliche Kaltmiete von 447 Euro für die Überlassung (nur) eines von drei Zimmern sowie die Mitbenutzung von Küche und Bad aus, zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 103 Euro. Selbst wenn zugunsten des Mieters eine hälftige Überlassung der Wohnung unterstellt würde (38,78 Quadratmeter), obwohl lediglich ein Zimmer zur Alleinnutzung untervermietet werden sollte, ergäbe sich eine Untermiete von 11,53 Euro pro Quadratmeter nettokalt.
Auch die Tatsache, dass die Räumlichkeiten mit einer Einbauküche, Badezimmermobiliar und einem Bett „möbliert“ gewesen sein sollen, vermöge die erhebliche Diskrepanz zwischen der vom Mieter gezahlten Nettokaltmiete und der im Untermietvertrag ausgewiesenen nicht erklären. Die vom Vermieter geltend gemachte Überschreitung der nach § 556 d Abs. 1 BGB höchst zulässigen Miete sei evident.
Dass der Untermieter bei Abschluss des Untermietvertrages mit dem Mietpreis einverstanden gewesen sei, sei für die Anwendung der §§ 556 d ff BGB ohne Belang beziehungsweise entspreche der vom Gesetzgeber vorausgesetzten typischen Situation bei der Anmietung von Wohnraum.
Auch § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB stehe der Anwendung der Mietpreisbremse hier nicht entgegen. Der Mieter habe sich – ausweislich der maßgeblichen Vereinbarungen im Untermietvertrag – nicht verpflichtet, den an den Untermieter vermieteten Wohnraum überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten. Denn die Ausstattung der gemeinsam genutzten Funktionsräume (Küche und Bad) mit einer Einbauküche und Badezimmermobiliar sowie des zur Alleinnutzung zu überlassenden Zimmers (allein) mit einem Bett erfülle die Anforderungen des § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht.
Eine Folge dieser Rechtsauffassung des Landgerichts dürfte sein, dass bei der Beantragung einer Untervermietungsgenehmigung der beabsichtigte Untermietvertrag vom Hauptvermieter eingefordert und eingesehen werden darf. Denn die Vorlage des Untermietvertrages ist – jedenfalls in Gebieten, wo wie in Berlin die Mietpreisbremse gilt – Voraussetzung für die Beurteilung des Vermieters, ob er die Genehmigung erteilen muss oder nicht.
Urteilstext
Gründe:
…
1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist begründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.
Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Ersatz eines Mietausfallschadens für den Zeitraum April bis Juli 2020 aus § 280 Abs. 1 BGB.
Der Beklagte hat mit seiner Weigerung, dem Kläger die von ihm in Aussicht genommene Untervermietung zu gestatten, keine Pflichten aus dem Mietverhältnis verletzt. Ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis bestand nicht; die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 BGB lagen nicht vor.
Nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrages ein berechtigtes Interesse hieran entsteht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist als berechtigt jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung im Einklang steht (st. Rspr. BGH, Urt. v. 11.06.2014 – VIII ZR 349/13, nach juris Rn. 14; Urt. v. 23.11.2005 – VIII ZR 4/05, nach juris Rn. 8; Rechtsentscheid v. 03.10.1984 – VIII ARZ 2/84, in NJW 1985, 130, [131], nach beckonline).
Die hier begehrte Untervermieterlaubnis stand nicht im Einklang mit der geltenden Rechtsordnung, sondern im Widerspruch zum sozialen Wohnraummietrecht des BGB, hier den Vorschriften über zulässige Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten, §§ 556d ff BGB. Diese binden grundsätzlich auch den Mieter, der im Verhältnis zum Untermieter rechtlich als Vermieter anzusehen ist.
Die weiter gehenden Einwände des Beklagten gegen die Regelung des § 553 BGB und die vom BGH entwickelten Grundsätze bedurften daher keiner Entscheidung.
a) Der Beklagte macht zu Recht geltend, dass der Kläger mit der Mietpreisabrede im Untermietvertrag gegen § 556d Abs. 1 BGB iVm der Mietenbegrenzungsverordnung Berlin vom 28. April 2015 (MietBegrV Berlin 2015) verstößt.
Der Kläger zahlt im Hauptmietverhältnis an den Beklagten für die aus drei Zimmern, Küche, und Bad bestehende, mit zwei Balkonen ausgestattete Wohnung mit einer Größe von 77,56 qm monatlich eine Nettokaltmiete von 560,00 € (= 7,22 €/qm).
Der vom Kläger erstellte Untermietvertrag vom 26. Februar 2020 weist eine monatliche Kaltmiete von 447,00 € für die Überlassung (nur) eines von drei Zimmern sowie die Mitbenutzung von Küche und Bad aus, zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 103,00 €.
Selbst wenn – wie vom Beklagten berechnet – zugunsten des Klägers eine hälftige Überlassung der Wohnung unterstellt würde (38,78 qm), obwohl lediglich ein Zimmer zur Alleinnutzung untervermietet werden sollte, ergibt sich eine Untermiete von 11,53 €/qm nettokalt.
Die Räumlichkeiten sollen mit einer Einbauküche, Badezimmermobiliar und einem Bett „möbliert“ sein. Die Einbauküche mag – wie im Hauptmietverhältnis – als wohnwerterhöhendes Merkmal die ortsübliche Vergleichsmiete anheben; dass sich damit und mit den weiteren im Mietvertrag genannten Ausstattungen die erhebliche Diskrepanz zwischen der vom Kläger gezahlten Nettokaltmiete und der im Untermietvertrag ausgewiesenen erklären ließe, lässt sich dem Vortrag des Klägers nicht entnehmen; der vom Beklagten geltend gemachten Überschreitung der nach § 556d Abs. 1 BGB höchst zulässigen Miete ist der Kläger nicht entgegengetreten.
b) Ob bzw. dass der – hier in Aussicht genommene – (Unter-)Mieter bei Abschluss des (Unter-)Mietvertrages mit dem Mietpreis einverstanden war, ist entgegen der Ansicht des Klägers für die Anwendung der §§ 556d ff BGB ohne Belang bzw. entspricht der vom Gesetzgeber vorausgesetzten typischen Situation bei der Anmietung von Wohnraum.
c) Entgegen der Darstellung des Klägers hat die Kammer zu keiner Zeit entschieden, dass eine Untervermieterlaubnis auch dann zu erteilen ist, wenn der Unter-Vermieter vom Untermieter eine wesentlich höhere Untermiete verlangt, als er selbst (anteilig) als Miete zahlt. Der Entscheidung der Kammer vom 29. März 2017 (65 S 424/16, juris) lässt sich diese Aussage nicht einmal andeutungsweise entnehmen. Im Gegenteil: Die Kammer hat in der erfolgreichen Rückforderung überzahlter Miete durch den Mieter auf der Grundlage der §§ 556g Abs. 1 Satz 3, 812 Abs. 1 Satz 1 BGB trotz eigenen Verstoßes gegen die „Mietpreisbremse“ einen Wertungswiderspruch gesehen, der allerdings im Verhältnis des Untermieters zum Mieter aufzulösen sei, um der Gefahr zu begegnen, dass die Regelungen der §§ 556d ff BGB – entgegen der Intention des Gesetzgebers – über Untervermietungen im Ergebnis leerlaufen.
Ein entsprechendes Ansinnen ist dem Beklagten hier gerade nicht vorzuwerfen, sondern ausschließlich dem Kläger als Mieter.
Ob das Interesse des Mieters als berechtigt und mit der Rechts- und Sozialordnung im Einklang stehend anzusehen ist, wenn er die eigene an den Vermieter zu zahlende Miete trotz überwiegender Eigennutzung der Wohnung zu Lasten eines Untermieters auf einen geringen Bruchteil reduziert, bedarf (auch) hier keiner Entscheidung.
d) § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB steht der Anwendung der §§ 556d ff BGB (hier) nicht entgegen. Der Kläger hat sich – ausweislich der maßgeblichen Vereinbarungen im Untermietvertrag – nicht verpflichtet, den an den Zeugen vermieteten Wohnraum überwiegend mit Einrichtungsgegenständen auszustatten (vgl. dazu näher: BeckOGK/H. Schmidt, 1.4.2022, BGB § 549 Rn. 21ff; Staudinger/Artz (2021) BGB § 549 Rn. 28).
Die Ausstattung der gemeinsam genutzten Funktionsräume (Küche und Bad) mit einer Einbauküche und Badezimmermobiliar sowie des zur Alleinnutzung zu überlassenden Zimmers (allein) mit einem Bett erfüllt die Anforderungen der Regelung nicht.
e) Soweit der Kläger die Miete nachträglich mit Möblierungszuschlägen für die beabsichtigte Überlassung von im Untermietvertrag nicht genannten Gegenständen geltend macht, erhöhen diese – ebenso wie in jedem Hauptmietverhältnis – nicht etwa die ortsübliche Vergleichsmiete bzw. die nach § 556d Abs. 1 BGB höchst zulässige Miete; Zuschläge, wie die hier geltend gemachten, werden von der ortsüblichen Vergleichsmiete begrifflich nicht erfasst.
Entscheidend hinzu kommt, dass der Kläger sich am Inhalt des von ihm verfassten Untermietvertrages festhalten lassen muss. Die Kaltmiete ist in diesem ohne (weitere) Gegenleistungen des Klägers mit 447,00 € angegeben: weshalb die fiktive Berechnung von Nutzungsentgelten durch den Kläger – erstmals im Schriftsatz vom 30. September 2021 – Berücksichtigung finden und (nachträglich) eine Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der Untervermieterlaubnis begründen sollte, ergibt sich nicht.
2. Die Kostenentscheidung beruht für auf § 91 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Die Entscheidung beruht auf dem Gesetz und höchstrichterlich bereits entwickelten Maßstäben.
28.06.2022