Leitsatz:
Der Mieter kann dem Vermieter mittels einstweiliger Verfügung untersagen, das Haus mittels einer Videoanlage überwachen zu lassen.
AG Schöneberg vom 8.6.2012 – 19 C 166/12 –
Mitgeteilt von RA Hans-Christoph Friedmann
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Die Installation einer Kamera, mit der eine gezielte Überwachung des Eingangsbereichs möglich ist, stellt – wie das Amtsgericht zutreffend feststellt – einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Mieters dar. Die Voraussetzungen für eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO lägen vor. Eine Videoüberwachungsanlage bedürfe der Zustimmung sämtlicher Mieter. Unstreitig liege die Zustimmung der Mieterin nicht vor. Ihr stehe ein entsprechender Unterlassungsanspruch gemäß der §§ 823, 1004 BGB zu, da die Anlage einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht darstelle. Hierbei könne dahin gestellt bleiben, ob die Kameras bereits im Betrieb seien. Nach dem Vortrag des Vermieters plane er jedenfalls die Inbetriebnahme der Kameras. Bereits eine Attrappe einer Videoüberwachungskamera im Hauseingangsbereich würde einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Mieterin darstellen. Dadurch, dass Kameras vorhanden seien, entstünde ein „Überwachungsdruck“ und zwar unabhängig davon, ob eine Bildaufzeichnung im Einzelfall tatsächlich erfolge. Durch die Kameras könne sich der Mieter in seinem privaten Bereich nicht mehr ungestört und unbeobachtet fühlen. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch die Freiheit vor ungewünschter Kontrolle oder Überwachung durch Dritte. Der Mieter eines Mietshauses habe einen Anspruch darauf, dass der Vermieter nicht jederzeit feststellen könne, wann er das Haus betritt und verlässt und welchen Besuch der Mieter gegebenenfalls empfängt und wie lange der Besucher sich in dem Haus aufhält. Für die Mieterin sei nicht überprüfbar, ob, wie der Vermieter vorträgt, eine Aufzeichnung lediglich ereignisgesteuert erfolgen solle.
Der Vermieter könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass andere Mieter des Objekts ein besonderes Sicherheitsbedürfnis hätten. Die Mieterin sei bereits seit 1981 Mieterin im streitgegenständlichen Haus. Sofern der Vermieter Mietverträge mit gefährdeten Personen geschlossen haben sollte, so hätten diese anderen Mieter gegebenenfalls vor Abschluss des Mietvertrages darauf hingewiesen werden müssen, dass möglicherweise deren Sicherheitsverlangen nicht nachgekommen werden könne, weil nicht sämtliche Mieter des Mietshauses bereits eine Zustimmung zu den Kameras in den Eingangsbereichen erteilt haben.
30.01.2013