Leitsatz:
Der Vermieter macht sich nicht schadensersatzpflichtig, wenn er den Mieter nicht oder zu spät darüber informiert, dass dieser beim Bezirksamt eine Einkommensbescheinigung zu beantragen hat, damit er auch nach Ablauf der Grundförderung weitere 5 Jahre in den Genuss einer einkommensorientieren Zusatzförderung kommt.
LG Berlin vom 10.5.2016 – 63 S 229/15 –
Mitgeteilt von RAin Ute Malinowski
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Das gegenteilig lautende erstinstanzliche Urteil des AG Pankow-Weißensee ist in MM 12/2015, 29 veröffentlicht.
Urteilstext
Gründe:
I.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Feststellung, dass er nur eine geringere Miete schulde, zu.
Der Beklagte hat keine vertragliche Pflicht verletzt, die einen Anspruch des Klägers begründen könnte.
Insbesondere trifft den Vermieter entgegen dem angefochtenen Urteil nicht die vertragliche Nebenpflicht, den Mieter ungefragt auf das Auslaufen der Grundförderung durch Zeitablauf hinzuweisen.
Eine derartige Verpflichtung des Beklagten besteht weder als mietvertragliche Nebenpflicht, noch ergibt sie sich aus dem Fördervertrag als Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB.
Vielmehr hätte es dem Kläger oblegen, vom Vermieter Auskunft bzgl. des Förderzeitraumes und Einsicht in die zugrundeliegenden Verträge zu verlangen. Dies hat der Kläger unstreitig jedoch zu keinem Zeitpunkt getan.
Inwiefern sich dagegen aus dem Mietvertrag eine Nebenpflicht des Vermieters ergeben könne, den Mieter ungefragt auf für ihn drohende nachteilige Vermögensfolgen hinzuweisen, bzw. den Mieter darauf hinzuweisen, dass er seinerseits Anträge an Behörden zu stellen hat, um Zuschüsse zu erhalten, ist nicht ersichtlich. Den Vermieter trifft aus einem Mietvertrag grundsätzlich keine Vermögensbetreuungspflicht oder auch nur eine Fürsorgepflicht für das Vermögen des Mieters. Dies gilt im vorliegenden Fall insbesondere deshalb, da der Fördervertrag zwischen der IBB und dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt bestanden hat. Seinem Rechtsvorgänger und Vorvermieter wurde der Vertrag durch die IBB gekündigt, da dieser die Auflagen nicht erfüllte. Der Beklagte selbst hat keine öffentlichen Fördermittel in Anspruch genommen.
Ferner hat der Kläger auch seinerseits gegen die ihm aus dem Fördervertrag obliegende Verpflichtung zum regelmäßigen Einkommensnachweis verstoßen. So hat der Kläger es unstreitig entgegen seiner Verpflichtung aus Ziff. 5 der Anlage 2 zum Mietvertrag versäumt, auch dem vorherigen Vermieter alle drei Jahre seine Bedürftigkeit nachzuweisen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem vom Amtsgericht zutreffend angenommenen echten Vertrag zugunsten Dritter i.S.d. § 328 BGB.
Zum einen ist der Fördervertrag, wie zuvor dargestellt gar nicht auf den Beklagten übergegangen, so dass dieser zu keinem Zeitpunkt Vertragspartei des Vertrags zugunsten Dritter war, weshalb ihn auch keine entsprechende Verpflichtung treffen kann; zum anderen gibt ein Vertrag zugunsten Dritter dem begünstigten Dritten lediglich einen unmittelbar einklagbaren Anspruch, jedoch kann dieser gemäß § 328 Abs. 2 BGB an gewisse Entstehungsvoraussetzungen geknüpft werden. Dies ist in diesem Fall der Antrag des Vermieters und der Berechtigungsnachweis des Mieters. Erfüllt der Mieter diese ihm obliegende Voraussetzung nicht, hat er bereits nach dem Gesetzeswortlaut keinen Anspruch aus§ 328 BGB gegen den Dritten.
Der Kläger hat unstreitig zu keinem Zeitpunkt Auskunft verlangt, obwohl das Mietverhältnis bereits 10 Jahre bestand, oder entsprechend der vorgenannten Anlage 2 seine Einkommensverhältnisse dargetan.
Auch bei Mieterhöhungsverlangen und Betriebskostenabrechnungen bei öffentlich geförderten Wohnraum hat der Mieter gemäß § 29 NMV Auskunft zu verlangen und der Vermieter nicht ungefragt auf alles hinzuweisen. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern hier ein Unterschied bestehen sollte. Es ist dem Vertrag zugunsten Dritter gerade immanent, dass der Begünstigte gegen die Vertragsparteien auch einen eigenen Auskunftsanspruch bzgl. des Vertragsinhalts hat.
Sofern der Kläger meint, es sei ihm nicht zumutbar gewesen, Auskunft zu verlangen, ist der diesbezügliche Vortrag nicht geeignet, eine abweichende Beurteilung zu rechtfertigen. Selbst wenn die Hausverwaltung nicht reagiert hätte, hätte der Kläger seinen Auskunftsanspruch gerichtlich durchsetzen können. Inwiefern der Datenschutz der Erteilung der Auskunft in Bezug auf den Zeitpunkt des Auslaufens der Förderung entgegenstehen sollte, lässt sich nicht erkennen.
Darauf, ob der Mieter gehalten ist, Auskunft bei der IBB zu verlangen, kommt es nicht an, weil dem Mieter der Auskunftsanspruch gegen den Vermieter zusteht.
27.09.2016