Leitsatz:
Zum Anspruch des Mieters auf Wiederherstellung der Bezugsfertigkeit seiner in Folge eines Brandes im Hause stark beschädigten Mietwohnung. Zu den Gegenargumenten „Unmöglichkeit“ und „Opfergrenze“ des Vermieters.
AG Kreuzberg vom 31.1.2023 – 11 C 208/20 –,
mitgeteilt von RAin Andrea Klette
Hinweis: Das Urteil des AG Kreuzberg ist nicht rechtskräftig geworden. Die Prozessparteien haben sich in zweiter Instanz auf einen gerichtlichen Vergleich verständigt, so dass der Prozess ohne Urteil beendet worden ist.
Anmerkungen des Berliner Mietervereins
Im Januar 2020 ereignete sich in der über der Wohnung des Mieters befindlichen Wohnung ein Wohnungsbrand, dessen Ursache bislang ungeklärt ist. Die Wohnung des Mieters ist durch den Brand und die darauf folgenden Löscharbeiten massiv beschädigt worden und ist bislang noch nicht wieder bewohnbar. Seitdem lebt der Mieter in Ferienwohnungen.
Infolge des Brandes wurde das gesamte Gebäude baupolizeilich gesperrt, der Mieter wurde aufgefordert, die Wohnung zur Durchführung der Instandsetzungsarbeiten zu räumen. Dem kam er zum 30. März 2020 nach und forderte die von der Vermieterin beauftragte Hausverwaltung auf, die Wohnung unter Fristsetzung zum 15. August 2020 instand zu setzen, so dass diese wieder bezugsfertig sei.
Weil die Vermieterin sich nicht rührte, erhob der Mieter schließlich Klage auf Instandsetzung der Wohnung.
Die Vermieterin beantragte Abweisung der Klage.
Sie behauptete, derzeit sei von Kosten für die Herstellung einer Bewohnbarkeit in Höhe von 1.844,50 Euro (brutto)/m2, absolut rund ca. 170.000,00 Euro auszugehen (von denen die Versicherung 10.000 Euro geleistet habe), dem lediglich Mieteinnahmen für 10 Jahre in Höhe von 67.430,00 Euro entgegenstünden. Der Verkehrswert der Wohnung liege bei 212.566,00 Euro.
Sie ist der Ansicht, die Wohnung sei vollständig zerstört und der Mietvertrag damit wegen Unmöglichkeit nach § 275 Absatz 1 BGB beendet. Die Abgeschlossenheit der Wohnung sei wegen der fast ganz zerstörten Decke nicht mehr gewährleistet. Zudem stünden die für die Herstellung einer Bewohnbarkeit aufzuwendenden Kosten in keinem zumutbaren wirtschaftlichen Verhältnis zu den im Rahmen der Opfergrenze anzunehmenden Einnahmen für eine 10-fache Jahresnettokaltmiete.
Das Amtsgericht entschied jedoch, dass die Klage des Mieters begründet ist.
Dem Mieter stehe gegen die Vermieterin ein Anspruch auf Überlassung der Mietsache zum Gebrauch gemäß § 535 Absatz 1 Satz 1 BGB zu.
Die Leistungspflicht der Vermieterin sei nicht gemäß § 275 Absatz 1 BGB ausgeschlossen. Vorliegend sei von keiner Unmöglichkeit der Leistung auszugehen, sondern lediglich von einem lnstandsetzungsbedarf. Maßgebend für die Einordnung zwischen Unmöglichkeit und lnstandsetzungsbedarf sei, ob die Beschädigung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichstehe bzw. ob dem Vermieter die Wiederherstellungskosten nach den Umständen des Falles zuzumuten seien. Sei somit eine erhebliche Beschädigung der völligen Zerstörung der Mietsache gleichzustellen, griffen die Unmöglichkeitsregeln ein und der Vermieter werde von seiner Primärleistungspflicht frei (§ 275 Absatz 1 BGB). Sei die Mietsache zwar erheblich beschädigt, führe aber eine Abwägung (§ 242 BGB) zu dem Ergebnis, dass die Sache als nicht zerstört anzusehen sei, könne die grundsätzliche Pflicht zur Instandsetzung entfallen, wenn dem Vermieter die Wiederherstellung der Sache nicht zuzumuten sei.
Die Überschreitung der Opfergrenze lasse sich nicht aus einer bloßen Gegenüberstellung zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert herleiten. Vielmehr sei eine Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen erforderlich.
Die Opfergrenze könne beispielsweise erreicht werden, wenn die teilweise Zerstörung wirtschaftlich einer völligen Zerstörung gleichkomme, also die Reparaturkosten den Zeitwert des Mietobjekts erheblich überschreiten oder wenn die aufgewendeten finanziellen Mittel nicht innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Objekt wieder ausgeglichen werden können.
Im vorliegenden Fall sei nach Ansicht des Gerichts nicht von einer vollständigen Zerstörung der Wohnung auszugehen, die zu einer Unmöglichkeit gemäß § 275 Absatz 1 ZPO führe.
Zwischen den Parteien sei unstreitig, dass die Mietsache als erheblich beschädigt anzusehen sei, wobei der konkrete Umfang der Beschädigung zwischen den Parteien streitig sei. Eine Abwägung nach § 242 BGB führe jedoch zu dem Ergebnis, dass die Mietsache nicht zerstört sei. Entgegen der Auffassung der 63. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (Urteil vom 25.2.2020 – 63 S 189/18 –) gehe das Gericht davon aus, dass es für die Frage der Unmöglichkeit darauf ankomme, inwieweit das Gebäude als Ganzes zerstört sei. Soweit die 63. Zivilkammer darauf abstelle, dass von einem Fortbestand der Mietsache dann nicht auszugehen sei, wenn wesentliche Teile der Abgeschlossenheit der Wohnung in Form von Decken und Boden fehlten, teile das Gericht diese Auffassung nicht. Vielmehr dürfte entscheidend sein, ob die wesentlichen Bestandteile der Wohnung, nämlich Außenmauern und tragende Wände sowie tragende Decken- und Bodenbalken noch vorhanden seien. Ob die sonstige Deckensubstanz, die überwiegend aus Schüttung und Verkleidung bestanden haben dürfte, noch vorhanden sei, könne nicht das entscheidende Kriterium sein, da diese mit verhältnismäßig geringen Kosten wiederherzustellen sein dürfte. Vorliegend seien unstreitig wesentliche Teile der Wohnung noch vorhanden, insbesondere die Außenmauern. Der Boden sei vorhanden, auch stünden überwiegend die Innenwände. Auch die übrigen von der Vermieterin vorgetragenen Reparaturarbeiten – innenliegende Bekleidung der Wände, Türen/Fenster, Balkon, technische Gebäudeausrüstung – führten nicht zur Bewertung einer vollständigen Zerstörung. Diese Annahme werde durch die von der Vermieterseite vorgelegten Lichtbilder bestätigt.
Sonstige Umstände, die eine Unmöglichkeit nach § 275 Absatz 1 BGB begründen könnten, seien nicht ersichtlich. Zwar sei eine gewisse zeitliche Verzögerung bei der Schadensbeseitigung durch den erheblichen Umfang und des nachvollziehbaren Abstimmungsbedarfs zwischen den involvierten Sachverständigen, der Versicherung, der Sanierungsfirma und der Hausverwaltung – auch wegen der Corona-Virus-Pandemie – durchaus nachvollziehbar. Allerdings liege das Brandereignis mittlerweile fast genau drei Jahre zurück. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, was eine Schadensbeseitigung über einen solch langen Zeitraum verhindere.
Mangels Unmöglichkeit gemäß § 275 Absatz 1 BGB komme es daher darauf an, ob die aufzuwendenden Kosten für die Sanierung der Wohnung noch innerhalb der Opfergrenze liegen, § 275 Absatz 2 BGB.
Hierbei könne eine abschließende Klärung der tatsächlich aufzuwendenden Kosten dahinstehen, da selbst bei Zugrundelegung der von der Vermieterseite vorgetragenen Kosten die Opfergrenze nach Ansicht des Gerichts nicht überschritten sei. Nach Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass der Vermieterin eine Wiederherstellung der Mietsache wegen Überschreitens der Opfergrenze nicht zumutbar wäre. In die Gesamtbetrachtung sei zunächst einzustellen, dass die Beschädigung der Mietsache nicht durch eine der Parteien verschuldet wurde. Die Ursache des Brandereignisses liege weder in der Risikosphäre des Mieters noch in der der Vermieterin. Der Nutzen für den Mieter an der Wiederherstellung der Wohnung und der Wiedereinräumung des Gebrauchs sei erheblich, denn es handele sich um ein seit 1997 bestehendes Mietverhältnis in einer urbanen und nachgefragten Wohngegend mit guter Infrastruktur. Der Mieter habe nachvollziehbar vorgetragen, dass er sich aufgrund der langen Wohndauer im Bezirk verwurzelt fühle und aufgrund der angespannten Wohnungsmarktsituation zu vergleichbaren Konditionen keine Ersatzwohnung mit gleicher Lage erhalten könne.
Umgekehrt sei zu berücksichtigen, dass die von der Vermieterin innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren erzielbare Rendite durch die Nettokaltmiete in Höhe von 561,91 Euro von insgesamt 67.429,20 Euro nur etwa die Hälfte der von der Vermieterseite veranschlagten Reparaturkosten ausmache. Allerdings schlage gewichtig zu Buche, dass der Verkehrswert der Immobilie vor dem Brandereignis 276.000,00 Euro betragen habe und damit die von der Vermieterseite veranschlagten Renovierungskosten in Höhe von 170.000,00 Euro abzüglich des von der Versicherung unstreitig gezahlten Betrags in Höhe von (bislang) 10.000,00 Euro deutlich übersteige. Das Gericht habe auch keinerlei Anhaltspunkte, die von der Vermieterseite angenommenen Renovierungskosten in Höhe von 170.000,00 Euro als nicht ausreichend zu bewerten.
Dass der Verkehrswert des streitgegenständlichen Objekts mit ca. 276.000,00 Euro zu bemessen sei, stehe zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten gutachterlichen Beweisaufnahme fest.
Urteilstext
Zum Anspruch des Mieters auf Wiederherstellung der Bezugsfertigkeit seiner in Folge eines Brandes im Hause stark beschädigten Mietwohnung. Zu den Gegenargumenten „Unmöglichkeit“ und „Opfergrenze“ des Vermieters.
AG Kreuzberg vom 31.1.2023 – 11 C 208/20 -,
mitgeteilt von RAin Andrea Klette
Tatbestand
Der Kläger ist seit 01. November 1997 Mieter der 92,42 m2 großen Wohnung im VH, 1.OG rechts in der G.-straße 1xx in 10967 Berlin, die Beklagte ist Vermieterin. Die monatliche Bruttowarmmiete beträgt 840,91 Euro, die Nettokaltmiete 561,91 Euro.
Am 29. Januar 2020 um 12:40 Uhr ereignete sich in der über der streitgegenständlichen Wohnung befindliche Wohnung im VH, 2. OG rechts ein Wohnungsbrand, dessen Ursache bislang ungeklärt ist. Die streitgegenständliche Wohnung ist durch den Brand und die darauf folgenden Löscharbeiten massiv beschädigt worden und ist bislang noch nicht wieder bewohnbar. Seitdem lebt der Kläger in Ferienwohnungen.
Infolge des Brandes wurde das gesamte Gebäude baupolizeilich gesperrt, der Kläger wurde aufgefordert, die Wohnung zur Durchführung der Instandsetzungsarbeiten zu räumen. Dem kam der Kläger zum 30. März 2020 nach und bat um Abstimmung der Sanierungsarbeiten. Mit E-Mail vom 24. April 2020 bat der Kläger nochmals um Mitteilung eines Terminplans für die Sanierung und Rückzugstermin in die Wohnung. Mit E-Mail vom 20. Juli 2020 forderte der Kläger die von den Beklagten beauftragte Hausverwaltung auf, die Wohnung unter Fristsetzung zu 15. August 2020 instand zu setzen, so dass diese wieder bezugsfertig ist.
Der Kläger behauptet, die erforderlichen Maßnahmen zur Instandsetzung würden von der Beklagten nicht durchgeführt bzw. gefördert.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die von dem Kläger im Hause G.-straße xx, 10967 Berlin, VH, 1.OG rechts innegehaltene 3-Zimmer-Wohnung unverzüglich dergestalt instand setzen zu lassen, so dass diese für den Kläger wieder bewohnbar ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten behaupten, die erforderlichen Maßnahmen seien von erheblichem Umfang und würden aufgrund des umfassenden Abstimmungsbedarfs zwischen den involvierten Sachverständigen, der Versicherung, der Sanierungsfirma und der Hausverwaltung – auch wegen der Corona-Virus-Pandemie – einige Zeit in Anspruch nehmen.
Die Beklagten behaupten, die Decke zur darüber gelegenen Brandwohnung habe in der Wohnung infolge der Brandschadensbeseitigung (Löschwasser) bis auf die Balken zurückgebaut werden müssen. Bezogen auf die Deckensubstanz seien nur noch ca. 10 % vorhanden. Der Boden sei über 50 % des Grundrisses der Wohnung zu ertüchtigen. Im Bereich der Küche sei Asbest im Fußbodenbelag festgestellt und entfernt worden; zudem habe es dort einen Nassfäuleschaden gegeben. Der Bodenbelag (Eichenparkett) im von der Straße aus gesehenen rechten Zimmer hätte entfernt werden müssen, zum Teil mit dem Blindboden und der Schüttung. Die zwischen dem hofseitigen Zimmer und dem Bad gelegene Wand habe mangels Tragfähigkeit für notwendige Sanitärinstallationen entfernt werden müssen; die Wand zwischen Bad und Küche habe Schimmelpilzbefall aufgewiesen. Die innenliegende Bekleidung sämtlicher Wände sei brandbedingt malermäßig herzurichten; auch Wohnungseingangstür und die Innentüren müssten malermäßig überarbeitet werden. Zudem müssten die Fenster überarbeitet und der Balkon instandgesetzt werden. Die in der Wohnung vorhandene technische Gebäudeausrüstung sei nicht mehr funktionstüchtig und müsse ersetzt werden (asbesthaltige Baustoffe im Entwässerungssystem des gesamten Stranges, Zentralheizung im Einrohrsystem; kupferhaltige Frischwasserleitungen). Die Stromversorgung der Wohnung inklusive FI-Absicherung in Küche und Bad müsse ertüchtigt werden. Das Bad müsse nach den heutigen anerkannten Regeln der Technik abgedichtet werden; zudem fehle es an funktionstüchtigen Sanitäreinrichtungen. Eine funktionierende Küche sei nicht vorhanden.
Die Beklagten behaupten, derzeit sei von Kosten für die Herstellung einer Bewohnbarkeit in Höhe von 1.844,50 Euro(brutto)/m2, absolut rund ca. 170.000,00 Euro auszugehen (von denen die Versicherung 10.000 Euro geleistet hat), dem lediglich Mieteinnahmen für 10 Jahre in Höhe von 67.430,00 Euro entgegenstünden. Der Verkehrswert der Wohnung liege bei 212.566,00 Euro.
Die Beklagten sind der Ansicht, die streitgegenständliche Wohnung sei vollständig zerstört und der Mietvertrag damit wegen Unmöglichkeit nach § 275 Absatz 1 BGB beendet. Die Abgeschlossenheit der Wohnung sei wegen der fast ganz zerstörten Decke nicht mehr gewährleistet. Zudem stünden die für die Herstellung einer Bewohnbarkeit aufzuwendenden Kosten in keinem zumutbaren wirtschaftlichen Verhältnis zu den im Rahmen der Opfergrenze anzunehmenden Einnahmen für eine 10-fache Jahresnettokaltmiete.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nach Maßgabe des Beweisbeschlusses vom 17. Dezember 2021 nach Maßgabe der gerichtlichen Verfügung vom 23. Mai 2022. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. B. vom 22. Juni 2022 sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 06. Dezember 2022 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Überlassung der Mietsache zum Gebrauch gemäß § 535 Absatz 1 Satz 1 BGB zu.
Unstreitig besteht zwischen den Parteien ein Mietvertrag betreffend die streitgegenständliche Wohnung im Hause G.-straße xx, 10967 Berlin, VH, 1.OG rechts. Seit dem Brand in der darüber liegenden Wohnung im 2. OG am 29. Januar 2020 ist der Gebrauch beeinträchtigt, der Kläger hat die Wohnung zum 30. März 2020 geräumt.
Die Leistungspflicht der Beklagten ist nicht gemäß § 275 Absatz 1 BGB ausgeschlossen. Vorliegend ist von keiner Unmöglichkeit der Leistung auszugehen, sondern lediglich von einem lnstandsetzungsbedarf. Maßgebend für die Einordnung zwischen Unmöglichkeit und lnstandsetzungsbedarf ist, ob die Beschädigung wirtschaftlich einer vollständigen Zerstörung gleichsteht bzw. ob dem Vermieter die Wiederherstellungskosten nach den Umständen des Falles zuzumuten sind. Ist somit eine erhebliche Beschädigung der völligen Zerstörung der Mietsache gleichzustellen, greifen die Unmöglichkeitsregeln ein und der Vermieter wird von seiner Primärleistungspflicht frei (§ 275 Absatz 1 BGB). Ist die Mietsache zwar erheblich beschädigt, führt aber eine Abwägung (§ 242 BGB) zu dem Ergebnis, dass die Sache als nicht zerstört anzusehen ist, kann die grundsätzliche Pflicht zur Instandsetzung entfallen, wenn dem Vermieter die Wiederherstellung der Sache nicht zuzumuten ist. Diese Fälle werden, wie schon vor der Schuldrechtsreform, unter dem Gesichtspunkt diskutiert, ob die aufzuwendenden Kosten noch innerhalb der Opfergrenze liegen. Wegen der grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Vermieters für die Einhaltung objektbezogener öffentlich-rechtlicher Vorschriften ist ein Wegfall der Wiederherstellungspflicht infolge des Erreichens der Opfergrenze auf enge Ausnahmen beschränkt. Die Opfergrenze ist erreicht, wenn zwischen dem Reparaturaufwand einerseits und dem Nutzen der Reparatur für den Mieter sowie dem Wert des Mietobjekts und den aus ihm zu ziehenden Einnahmen andererseits ein krasses Missverhältnis entsteht. Somit lässt sich eine Überschreitung der „Opfergrenze“ nicht aus einer bloßen Gegenüberstellung zwischen Sanierungskosten und Verkehrswert herleiten. Vielmehr ist eine Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen erforderlich, wie bspw. ein etwaiges Verschulden des Schuldners (§ 275 Absatz 2 Satz 2 BGB) (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. Januar 2014, Az. VIII ZR 135/13, zitiert nach juris, Rn. 2; LG Berlin, Urteil vom 25. Februar 2020, Az. 63 S 189/18, zitiert nach juris, Rn. 40; OLG Karlsruhe, Urteil vom 30. Dezember 1994, Az. 19 U 113/94, zitiert nach juris, Rn. 1O; LG Dresden, Urteil vom 14. Juni 2007, Az. 4 S 640/06, NZM 2008, 165; Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2022, § 535 Rn. 94, 248 ff., 557 ff.; Häublein in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Auflage 2020, § 535 Rn. 123).
Die Opfergrenze kann bspw. erreicht werden, wenn die teilweise Zerstörung wirtschaftlich einer völligen Zerstörung gleichkommt, also die Reparaturkosten den Zeitwert des Mietobjekts erheblich überschreiten oder wenn die aufgewendeten finanziellen Mittel nicht innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren durch eine erzielbare Rendite aus dem Objekt wieder ausgeglichen werden können (Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2022, § 535 Rn. 558).
Im vorliegenden Fall ist nach Ansicht des Gerichts nicht von einer vollständigen Zerstörung der Wohnung auszugehen, die zu einer Unmöglichkeit gemäß § 275 Absatz 1 ZPO führt.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Mietsache als erheblich beschädigt anzusehen ist, wobei der konkrete Umfang der Beschädigung zwischen den Parteien streitig ist. Eine Abwägung nach § 242 BGB führt jedoch auch unter vollständiger Berücksichtigung des Vortrags der Beklagtenseite zu dem Ergebnis, dass die Mietsache nicht zerstört ist. Entgegen der Auffassung der 63. Zivilkammer des Landgerichts Berlin (vgl. Urteil vom Urteil vom 25. Februar 2020, Az. 63 S 189/18, zitiert nach juris) geht das erkennende Gericht davon aus, dass es für die Frage der Unmöglichkeit darauf ankommt, inwieweit das Gebäude als Ganzes zerstört ist. Soweit die 63. Zivilkammer darauf abstellt, dass von einem Fortbestand der Mietsache dann nicht auszugehen ist, wenn wesentliche Teile der Abgeschlossenheit der Wohnung in Form von Decken und Boden fehlen, teilt das erkennende Gericht diese Auffassung nicht. Vielmehr dürfte entscheidend sein, ob die wesentlichen Bestandteile der Wohnung, nämlich Außenmauern und tragende Wände so wie tragende Decken- und Bodenbalken noch vorhanden sind. Ob die sonstige Deckensubstanz, die überwiegend aus Schüttung und Verkleidung bestanden haben dürfte, noch vorhanden ist, kann nicht das entscheidende Kriterium sein, da diese mit verhältnismäßig geringen Kosten wiederherstellen sein dürfte. Vorliegend sind unstreitig wesentliche Teile der Wohnung noch vorhanden, insbesondere die Außenmauern. Der Boden ist – soweit unstreitig – vorhanden, auch stehen überwiegend die Innenwände. Auch die Übrigen von der Beklagten vorgetragenen Reparaturarbeiten – innenliegende Bekleidung der Wände, Türen/Fenster, Balkon, technische Gebäudeausrüstung – führen nicht zur Bewertung einer vollständigen Zerstörung. Diese Annahme wird durch die von der Beklagtenseite vorgelegten Lichtbilder betreffen die streitgegenständliche Wohnung bestätigt.
Sonstige Umstände, die eine Unmöglichkeit nach § 275 Absatz 1 BGB begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Zwar ist eine gewisse zeitliche Verzögerung bei der Schadensbeseitigung durch den erheblichen Umfang und des nachvollziehbaren Abstimmungsbedarfs zwischen den involvierten Sachverständigen, der Versicherung, der Sanierungsfirma und der Hausverwaltung – auch wegen der Corona-Virus-Pandemie – durchaus nachvollziehbar. Allerdings liegt das Brandereignis mittlerweile fast genau drei Jahre zurück. Das Gericht vermag nicht zu erkennen, was eine Schadensbeseitigung über einen solch langen Zeitraum verhindert.
Mangels Unmöglichkeit gemäß § 275 Absatz 1 BGB kommt es daher darauf an, ob die aufzuwendenden Kosten für die Sanierung der Wohnung noch innerhalb der Opfergrenze liegen, § 275 Absatz 2 BGB.
Hierbei ist zwischen den Parteien zunächst streitig, wie hoch die aufzuwendenden Kosten anzusetzen sind. Während die Beklagtenseite von Kosten in Höhe von 170.000,00 Euro – abzüglich bereits geleisteter 10.000 Euro durch die Versicherung – ausgeht, bestreitet die Klägerseite diese Kosten und wendet ein, dass diese zu hoch angesetzt seien.
Letztlich kann eine abschließende Klärung der tatsächlich aufzuwendenden Kosten dahinstehen, da selbst bei Zugrundelegung der von der Beklagtenseite vorgetragenen Kosten die Opfergrenze nach Ansicht des Gerichts nicht überschritten ist. Nach Würdigung aller Umstände unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen vermag das Gericht nicht zu erkennen, dass der Beklagten eine Wiederherstellung der Mietsache wegen Überschreitens der Opfergrenze nicht zumutbar wäre. In die Gesamtbetrachtung ist zunächst einzustellen, dass die Beschädigung der Mietsache nicht durch eine der Parteien verschuldet wurde. Die Ursache des Brandereignisses in der über der streitgegenständlichen Wohnung gelegenen Mietwohnung liegt weder in der Risikosphäre des Klägers noch in der der Beklagten. Der Nutzen für den Mieter an der Wiederherstellung der Wohnung und der Wiedereinräumung des Gebrauchs ist erheblich, denn es handelt sich um ein seit 1997 bestehendes Mietverhältnis in einer urbanen und nachgefragten Wohngegend mit guter Infrastruktur. Der Kläger hat nachvollziehbar vorgetragen, dass er sich aufgrund der langen Wohndauer im Bezirk verwurzelt fühlt und aufgrund der angespannten Wohnungsmarktsituation zu vergleichbaren Konditionen keine Ersatzwohnung mit gleicher Lage erhalten kann. Umgekehrt ist zu berücksichtigen, dass die von der Beklagten innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren erzielbare Rendite durch die Nettokaltmiete in Höhe von 561,91 Euro von insgesamt 67.429,20 Euro nur etwa die Hälfte der von der Beklagtenseite veranschlagten Reparaturkosten ausmacht. Allerdings schlägt gewichtig zu Buche, dass der Verkehrswert der Immobilie vor dem Brandereignis auf 276.000,00 Euro betragen hat und damit die von der Beklagtenseite veranschlagten Renovierungskosten in Höhe von 170.000,00 Euro abzüglich des von der Versicherung unstreitig gezahlten Betrags in Höhe von (bislang) 10.000,00 Euro, den die Beklagte zur Schadensbeseitigung einzusetzen hat, deutlich übersteigt. Zwar hat die Klägerseite die von der Beklagtenseite in Ansatz gebrachten Kosten bestritten. Letztlich ist aber auch bei Zugrundelegung der von der Beklagtenseite behaupteten Kosten in Höhe von 170.000,00 Euro die Opfergrenze im Verhältnis zum vom Sachverständigen ermittelten Verkehrswert nicht überschritten, so dass insoweit das Bestreiten der Klägerseite dahinstehen kann. Das Gericht hat auch keinerlei Anhaltspunkte, die von der Beklagtenseite angenommenen Renovierungskosten in Höhe von 170.000,00 Euro als nicht ausreichend zu bewerten. Die Beklagtenseite hat hier nicht dargetan, wieso sie von den von ihr angenommenen Kosten abkehrt und welcher der in Anlage 18 aufgeführten Gewerke nunmehr höhere Kosten verursacht sowie wie sie sich überhaupt über den Stand der Renovierungsarbeiten ausschweigt. Soweit die Beklagte nunmehr im Schriftsatz vom 20. Januar 2023 nach Schluss der mündlichen Verhandlung insofern eine Ergänzung des Beweisbeschlusses betreffend die Höhe der Wiederherstellungskosten beantragt, war dem nicht nachzugehen.
Dass der Verkehrswert des streitgegenständlichen Objekts mit ca. 276.000,00 Euro zu bemessen ist, steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest.
Der Sachverständige Dipl.-Ing. B. kommt in seinem schriftlichen Gutachten vom 22. Juni 2022 zum Ergebnis, dass sich für das fiktive Wohnungseigentum Nr. 4 des Grundstücks G.-straße xx in 10967 Berlin-Kreuzberg zum Wertermittlungsstichtag vor dem 29. Januar 2020 ein Verkehrswert (Marktwert) in Höhe von 276.000,00 Euro ergibt. Der Sachverständige hat bei Ermittlung des Verkehrswerts zulässigerweise gemäß § 6 Absatz 1 lmmoWertV 2021 das Vergleichswertverfahren durch eine Überprüfung von Preisen vergleichbarer Eigentumswohnungen dieser Art und Lage zu Grunde gelegt. Bei seinen Ermittlungen hat der Sachverständige auf die Auswertungen der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin in Verbindung mit einer aggregierten Abfrage für Eigentumswohnungen für ca. den Zeitraum des letzten Jahres vor dem Brandereignis Bezug genommen. Eine Vergleichbarkeit der im Ergebnis zu Grunde gelegten 13 Eigentumswohnungen ist anzunehmen. In Auswertung der Vergleichspreise und angesichts der Lagequalität, der Ausstattung, Größe, Beschaffenheit der Wohnung sowie des Gebäudes selbst, aber auch im Hinblick auf die stichtagsbezogene Marktlage und die Objektbesonderheit geht der Sachverständige von einem Mittelwert von rd. 3.129,00 Euro/m2 aus. Unter weiterer Betrachtung der Nutzwertanalyse nimmt der Sachverständige sodann einen Zuschlag von 1,5 % von der Differenz zwischen Mittelwert und Maximalwert vor, so dass er zu einem vorläufigen Verfahrenswert von 290.178,93 Euro kommt. Abzüglich des Reparaturanstaus von 14.000 Euro ergibt dies einen Vergleichswert von ca. 276.000,00 Euro.
Das Gericht hat keine Anhaltspunkte, diese Verkehrswertermittlung in Zweifel zu ziehen und macht sich die Ausführungen des Sachverständigen vollständig zu eigen. Auch soweit die Beklagtenseite Einwendungen gegen das Gutachten erhoben hat, konnten diese nachvollziehbar vom Sachverständigen erörtert und entkräftet werden. Im Einzelnen:
Soweit die Beklagtenseite bemängelt hat, dass der Sachverständige im Rahmen der Gutachtenerstattung auf die aktuelle Baunutzungsverordnung Bezug genommen hat, obwohl die Baunutzungsverordnung von 1968 bzw. die Berliner Bauordnung von 1958 einschlägig ist, trifft dies zu, führt jedoch – anders als die Beklagtenseite meint – nicht dazu, die Richtigkeit des Gutachtens an sich in Frage zu stellen. Der Gutachter konnte hierzu nachvollziehbar darstellen, dass sich inhaltlich keine Änderungen des Gutachtens ergeben würden und die Berechnung des Verkehrswertes weiterhin korrekt sei. Die Fassung der Baunutzungsverordnung könnte dann eine Rolle spielen, wenn eine Baulücke vorhanden sei, was hier jedoch nicht der Fall ist. Da die Fassung der Baunutzungsverordnung mangels zu beantwortender Fragen zum Maß der baulichen Nutzung, der überbaubaren Grundstücksfläche, der Bauweise und der Art der baulichen Nutzung für die vorliegende Verkehrswertermittlung keine Rolle spielt, hat die fehlerhaft benannte Fassung der Baunutzungsverordnung keinerlei Einfluss auf die Verwertbarkeit des Gutachtens.
Der Sachverständige hat auch entgegen der Auffassung der Beklagtenseite die von ihr benannten Schäden in der Verkehrswertermittlung berücksichtigt und diese sodann im Rahmen der fiktiven Rücklage in Höhe von 250.000,00 Euro für das gesamte Objekt bzw. 14.000,00 Euro für die streitgegenständliche Wohnung angerechnet. Der Sachverständige hat hierzu ergänzend im Rahmen der mündlichen Erörterung des Gutachtens im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 06. Dezember 2022 ausgeführt, dass es sich bei den mitgeteilten Mängeln um Schäden handelt, die üblicherweise im Rahmen eines Altbaus, der 100 bis 140 Jahre alt ist, vorliegen und daher im Rahmen der sachverständigen Schätzung von ihm mit 250.000,00 Euro bemessen wurden. Gegen diese Schätzung bestehen aus Sicht des Gerichts entgegen der Auffassung der Beklagtenseite keine Bedenken. Der Sachverständige hat die von den Beklagten vorgetragenen Mängel als übliche Mängel eines Altbaus bewertet und hierfür eine fiktive lnstandhaltungsrücklage in Abzug gebracht. Damit ist der von den Beklagten beschriebene Zustand des Gebäudes – der von der Klägerseite im Übrigen bestritten wird – hinreichend berücksichtigt. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der für die fiktive lnstandhaltungsrücklage angenommene Wert des Sachverständigen in Höhe von 250.000,00 Euro als zu niedrig bemessen ist. Soweit die Beklagtenseite daher nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 20. Januar 2023 weitere Ergänzungsfragen gestellt hat, war dem nicht nachzugehen. Der Sachverständige hat zur Überzeugung des Gerichts die von der Beklagtenseite mitgeteilten Schäden bei seiner Bewertung hinreichend berücksichtigt.
Ebenfalls nachvollziehbar und in sich schlüssig sind die Ausführungen des Sachverständigen zum Merkmal Geschoss. Hier hat der Sachverständige plausibel dargestellt, dass die Geschosszahl keinen Einfluss auf den Verkehrswert eines Gebäudes ohne Aufzug hat, da in niedrigeren Geschossen die Emissionen zwar höher seien, andererseits bei höheren Geschossen der Nachteil der zusätzlichen Treppenstufen ins Gewicht falle und daher die Geschosszahl im vorliegenden Gutachten keinen Einfluss als Merkmal bei der Verkehrswertermittlung gefunden habe. Soweit die Beklagtenseite daher einwendet, der Sachverständige habe die Lage der Wohnung im Hinblick auf das Geschoss nicht berücksichtigt, ist dies nicht zutreffend. Vielmehr hat der Sachverständige der Geschosslage für die konkrete Wohnung keinen Einfluss auf den Verkehrswert aus nachvollziehbaren Gründen zugeschrieben. Soweit beklagtenseits im Schriftsatz vom 20. Januar 2023 weitere Ergänzungsfragen betreffend der Geschosslage gestellt wurden, war dem nicht nachzugehen, weil der Sachverständige diese nach Ansicht des Gerichts bereits beantwortet hat.
Soweit der Sachverständige im Rahmen der vorgenommen Zu- und Abschläge der Vergleichsobjekte die Zu- bzw. Abschläge jeweils separat für die einzelnen Wohnungen berechnet hat, ist diese Berechnung nicht fehlerhaft. Wie der Sachverständige zutreffend ausgeführt hat, muss im Rahmen der Verkehrswertermittlung jedes einzelne Objekt für sich betrachtet werden. Der bei allen Objekten vorgenommene Abschlag in Höhe von 20 % für den Umstand, dass es sich vorliegend beim streitgegenständlichen Objekt nicht um Wohnungseigentum handelt, ist daher zutreffend separat für jede einzelne Wohnung zu berücksichtigen. Jedes Vergleichsobjekt, welches sich in der Rechtsform „Wohnungseigentum“ befindet, ist daher separat mit dem Abschlag zu versehen, damit das einzelne Vergleichsobjekt mit der streitgegenständlichen Wohnung vergleichbar ist. Die von der Beklagtenseite vorgenommene Berechnung führt zu Verfälschungen, denn die mit den 20 % abgedeckten Kosten für eine bei der streitgegenständlichen Wohnung zur Vergleichbarkeit fiktiv unterstellten Teilungserklärung würden damit über Gebühr berücksichtigt. Allerdings ist in diesem Zusammenhang auch deutlich geworden, dass selbst dann, wenn die von der Beklagtenseite aufgeworfene Berechnung vorgenommen würde, es allenfalls eine Abweichung von 1,1 % gäbe, die sich im Rahmen der zulässigen Schätzung bewegt und keine maßgebliche andere Beurteilung des Verkehrswertes mit sich führe.
Auch die Gegenüberstellung mit den vom Sachverständigen ermittelten Wert des Realeigentums (= 273.000,00 Euro) bestätigt die Plausibilität des vom Sachverständigen ermittelten Verkehrs wertes (= 276.000,00 Euro), da diese Werte nahezu deckungsgleich sind. Mit diesem Plausibilitätsabgleich bewegt sich der Sachverständige auch in ihm durch das Gericht übertragenen Gutachtenauftrag durch Beweisbeschluss. Dem Sachverständigen war aufgegeben, eine fiktive Bewertung der streitgegenständlichen Wohnung als „Wohnungseigentum“ vorzunehmen und gegenüberstellend zusätzliche Ausführungen zu stichtagsbezogenen Verkaufspreisen, die sich auf Realeigentum beziehen, zu machen. Dass der Sachverständige sich hierzu der Vergleichspreise des im Immobilienmarktbericht Berlin 2019/2020 der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin bedient, ist nach Auffassung des Gerichts zulässig. Die Ermittlung des Kaufpreises für Realeigentum sollte lediglich der Prüfung der Plausibilität der fiktiven Bewertung des Objekts als Wohnungseigentum dienen. Soweit die Beklagtenseite bemängelt, dass im Immobilienmarktbericht Berlin 2019/2020 der Geschäftsstelle des Gutachterausschusses in Berlin für die Objekte mit „schlechtem Bauzustand“ in Citylage lediglich 10 (2018) bzw. 9 (2019) verkaufte Objekte aufgeführt sind und damit kaum eine Belastbarkeit der ermittelten Zahlen gegeben sei, zumal deutliche Ausreißer wie das 2019 für 3.307,00 Euro/m2 verkaufte Objekt bei einer geringen Anzahl von Objekten den Mittelwert deutlich nach oben treibe, so hat dieser Einwand für die vorliegende Plausibilitätskontrolle keine Auswirkungen, da der Sachverständige deutlich gemacht hat, dass er bei seiner Bewertung des Objekts nicht von einem schlechten Bauzustand ausgegangen ist, sondern trotz der von der Beklagtenseite vorgetragenen Schäden von einem normalen Bauzustand ausgehen muss, da es sich um Schäden handelt, die üblicherweise bei einem Altbau, der 100 bis 140 Jahre alt ist, von solchen Schäden ausgegangen werden muss.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Absatz 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre gesetzliche Grundlage in§§ 708 Nr. 7, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 41 Absatz 5 GKG.
18.09.2024