Im Dezember 2011 hat mit dem schleswig-holsteinischen Landtag das letzte der 16 Länderparlamente der Einführung des Rundfunkbeitrages zugestimmt. Damit muss ab Januar 2013 jeder Haushalt pauschal den vollen Beitrag an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) zahlen, egal ob er Empfangsgeräte hat oder nicht. Vereinfacht wird die Gebührenerhebung dadurch nicht. Die GEZ bekommt für die Datenerhebung sogar noch weitergehende Kompetenzen.
Mit der Zustimmung aller Länder ist der 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unter Dach und Fach. An die Stelle der gerätebezogenen Rundfunkgebühr tritt ab Januar 2013 der Rundfunkbeitrag, der für jede Wohnung zu entrichten ist. Der Beitrag beläuft sich zunächst auf 17,98 Euro im Monat, also soviel wie bisher für die Nutzung von Fernsehen, Radio und internetfähigen Computern, Mobiltelefonen und ähnlichen Geräten, die als Empfangsgeräte gelten, gezahlt werden muss.
Mit der haushaltsbezogenen Abgabe soll die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf eine breitere Basis gestellt werden, indem man auch die sogenannten Schwarzseher zur Kasse bittet. Die GEZ spricht von bis zu zehn Prozent Zahlungspflichtigen, die mutmaßlich ihre Rundfunkgeräte nicht oder nicht vollständig angemeldet haben und sich so der Gebührenpflicht entziehen. Haushalte, die keine Rundfunkgeräte besitzen, zählt man großzügig mit.
Ein Leben ohne Fernsehen kann sich die GEZ offenbar nicht vorstellen. So werden ab nächstem Jahr die rundfunkabstinenten Haushalte für eine Dienstleistung zur Kasse gebeten, die sie nicht wollen. Auch die noch größere Zahl der Menschen, die zwar ein Radio oder einen Computer angemeldet haben, aber keinen Fernseher besitzen, müssen in Zukunft nicht mehr nur die Grundgebühr von 5,76 Euro zahlen, sondern den vollen Beitrag leisten.
„Es geht uns vor allem darum, die Kontrollbedürftigkeit innerhalb des Systems deutlich zu reduzieren und dabei die Privatsphäre der Rundfunkteilnehmer zu schonen“, erklärt der Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck. Die Hoffnung, dass nun die GEZ-Schnüffeleien aufhören oder gar die GEZ abgeschafft werden könnte, trügt jedoch. Die GEZ wird sich in Zukunft Namen und Anschriften derjenigen „Beitragsschuldner“ besorgen, die bisher keine Geräte angemeldet haben.
Der Vermieter als Erfüllungsgehilfe?
Nach dem neuen Staatsvertrag bekommt sie größere Zugriffsrechte: Wenn die GEZ selbst mit den Daten der Meldebehörde den Inhaber einer Wohnung nicht feststellen kann, soll zukünftig der Hauseigentümer oder der Verwalter umfangreiche Angaben über die Bewohner liefern: nicht nur den Namen und das Geburtsdatum, sondern auch „frühere Namen“, „alle vorhandenen Angaben zur Lage der Wohnung“ und den Beginn des Mietverhältnisses. Die GEZ kann sogar den Vermieter zur Auskunft zwingen, bei einer Weigerung droht ein Verwaltungszwangsverfahren.
Weil Schleswig-Holsteins Datenschutzbeauftragter Thilo Weichert darin eine „systematische Umgehung des Direkterhebungs- und Transparenzprinzips“ sah, hat sich die Abstimmung im dortigen Landtag lange verzögert.
Auch der Deutsche Mieterbund (DMB) und der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen bezogen gemeinsam Stellung: „Es ist vollkommen unverhältnismäßig, Vermieter, Grundstückseigentümer und Verwalter zu ‚Hilfsorganen‘ der Gebühreneinzugszentrale zwecks Eintreibung von Gebühren zu machen“, erklären DMB-Präsident Franz-Georg Rips und GdW-Präsident Axel Gedaschko. „Im Übrigen wird der Grundsatz der Unverletzlichkeit der Wohnung verletzt und in unverantwortlicher Weise das Vertrauensverhältnis zwischen Mietern und Vermietern belastet.“ Thilo Weichert vermutet zudem, dass „das herrschende Misstrauen gegenüber dem Erhebungssystem eher größer als geringer wird“.
Jens Sethmann
MieterMagazin 3/12
Der Bürger soll fürs Fernsehen bezahlen – auch wenn er keinen Fernseher hat
Foto: Sabine Münch
Rat und Tat
Hör- und Sehbehinderte zahlen ein Drittel
Wer Arbeitslosengeld II, Grundsicherung, Sozialhilfe, Hilfe zur Pflege oder eine ähnliche Leistung bezieht, kann sich auch zukünftig von der Beitragspflicht befreien lassen. Die Befreiung muss mit entsprechenden Nachweisen bei der GEZ beantragt werden. Jedoch werden finanziell leistungsfähige hörgeschädigte oder sehbehinderte Menschen, die bislang von der Rundfunkgebühr befreit waren, künftig zu einem Drittel des Beitrags herangezogen.
js
05.02.2018