Der Grundsatz „Eltern haften für ihre Kinder“ ist allgemein bekannt – und, nebenbei bemerkt, oft gar nicht zutreffend. Dass Mieter für Verfehlungen ihrer Besucher gerade stehen müssen, wissen aber die wenigsten.
Nach einer feucht-fröhlichen Party gab es für einen Mieter ein böses Erwachen. Seine Gäste hatten nicht nur das Treppenhaus bemalt und verschmutzt, sondern auch die Briefkästen demoliert und Bierflaschen vom Balkon geworfen. Die Hausverwaltung verlangte Schadensersatz, auch die Reinigungsarbeiten sollte der Gastgeber bezahlen. „Aber ich war doch gar nicht daran beteiligt, was kann ich dafür, wenn sich meine Gäste nicht benehmen können?“, argumentierte der Mieter. Er musste sich eines Besseren belehren lassen.
Grundsätzlich kann ein Mieter auch für Schäden oder Verstöße gegen die Hausordnung zur Rechenschaft gezogen werden, die Besucher, Untermieter oder von ihm beauftragte Handwerker verursacht haben. Der Gastgeber haftet für Beschädigungen durch Gäste, urteilte beispielsweise das Landgericht Berlin (27. Oktober 1989 – 56 S 71/89).
Nicht nur Schadensersatzansprüche drohen, sondern im Extremfall sogar die Kündigung. Die ordentliche Kündigung wegen einer nicht unerheblichen Vertragsverletzung setzt nicht ein eigenes schuldhaftes Verhalten des Mieters voraus, stellte der Bundesgerichtshof klar (BGH, 25. Oktober 2006 – VIII ZR 102/06). Auch für das Verhalten seines „Erfüllungsgehilfen“ (siehe Kasten) kann der Mieter zur Rechenschaft gezogen werden, so die Karlsruher Richter. „Unterlässt es der Mieter, in gebotenem Maße auf den Störer einzuwirken, kann ihm gekündigt werden“, heißt es in einem anderen Urteil (Landgericht Berlin, 11. Juni 1990 – 62 S 103/90). Im Einzelfall kommt es also darauf an, ob der Mieter auf seine Besucher entsprechend Einfluss genommen hat beziehungsweise ob er damit rechnen konnte, dass die Party außer Kontrolle gerät.
Kündigung nach fortgesetzter Ruhestörung
Wenn jemand regelmäßig zu nächtlichen Trinkgelagen in seine Wohnung einlädt, muss er sich das vertragswidrige Verhalten seines Besuchs zurechnen lassen, befand das Landgericht Köln (Landgericht Köln, 10. Juni 1992 – 10 S 121/92). In diesem Fall – es ging um die Ruhestörung der Nachbarn – hielt das Gericht die fristlose Kündigung für berechtigt, die vorausgegangene mündliche Abmahnung sei ausreichend gewesen.
In einem anderen Fall konnte sich der Vermieter damit nicht durchsetzen. Bei einer Silvesterparty hatten angetrunkene Gäste mit Böllern Hauswand und Briefkästen beschädigt. Der Mieter war sofort bereit, für den Schaden aufzukommen. Doch die Hausverwaltung kündigte ihm fristlos und verklagte ihn schließlich auf Räumung der Wohnung. Das Amtsgericht Lichtenberg war jedoch der Auffassung, dass der Mieter seine Sorgfaltspflicht nicht vernachlässigt habe und daher nicht für das Verhalten seiner Gäste verantwortlich gemacht werden kann (Amtsgericht Lichtenberg, 29. Juni 2005 – 11 C 80/05).
Fazit: Mieter sollten dafür sorgen, dass sich Besucher vernünftig verhalten. Man muss sich ja nicht gleich dem Landgericht Hamburg anschließen und Gäste als Risikofaktor betrachten. Im schönsten Juristendeutsch heißt es da: „Das Einladen von Gästen führt zu einer Erhöhung des Risikos im Rahmen des normalen Mietgebrauchs, für das der Mieter einstehen muss.“ (Landgericht Hamburg, 22. Oktober 1990 – 307 S 236/90)
Birgit Leiß
MieterMagazin 6/10
Achtung: Läuft die Fete aus dem Ruder,
haftet der Gastgeber
Illustration: Susanne Nöllgen /
GrafikBüro
Rat und Tat
Der Gast als Erfüllungsgehilfe
Gesetzliche Grundlage dafür, dass der Mieter für Verstöße Dritter verantwortlich gemacht werden kann, ist der Paragraph 278 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Darin heißt es: „Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.“ Der Mieter gilt in diesem Sinne als Schuldner, er schuldet dem Vermieter den pfleglichen Umgang mit der Mietsache. Besucher des Mieters sind juristisch betrachtet Erfüllungsgehilfen. Sobald sie die Wohnung (oder das Haus) mit Einwilligung des Mieters betreten, hat er ein schuldhaftes Verhalten seiner Gäste zu verantworten.
bl
14.06.2017