Stand: 1/10
Grundsätzlich kann ein Vermieter nur dann kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, § 573 BGB.
Bei Einliegerwohnungen ist das gemäß § 573 a BGB anders; der Vermieter kann wählen, ob er
- wie sonst auch als Begründung ein berechtigtes Interesse (zum Beispiel Eigenbedarf) angeben will (dann muss er dies nachweisen),
- oder ohne Angabe von Gründen kündigen will (dann muss er ausdrücklich erklären, dass er die Kündigung nicht auf ein berechtigtes Interesse stützt: außerdem verlängert sich in diesem Fall die Kündigungsfrist jeweils um drei Monate).
Wichtig: Der Mieter kann sich auf die Sozialklausel (siehe Info Nr. 120) berufen. Kann er Härtegründe geltend machen, muss das Gericht abwägen. Und zwar zwischen den Vermieterinteressen, wie sie in der Kündigung beschrieben wurden und den Mieterinteressen (OLG Hamm RE WuM 92, 230). Praktische Konsequenz: Hat der Vermieter ohne Angabe von Gründen gekündigt und macht der Mieter Härtegründe im Sinne der Sozialklausel geltend, muss die Abwägung des Gerichts nahezu zwangsläufig zu Gunsten des Mieters ausgehen.
Was sind Einliegerwohnungen?
So wird die Wohnung des Mieters in einem Zweifamilienhaus bezeichnet, wenn die andere Wohnung vom Vermieter selbst bewohnt wird. Dabei schadet es dem Vermieter nicht, wenn er erst nach dem Mieter in eine der beiden Wohnungen eingezogen ist (OLG Karlsruhe RE WuM 92, 49; BayObLG RE WuM 91, 249; OLG Koblenz RE WuM 81, 204). Der Grund für das Sonderkündigungsrecht: Die besondere Wohnsituation von Mieter und Vermieter, die wegen der typischen Bauweise eines Ein- oder Zweifamilienhauses „in enger Tuchfühlung“ zusammen leben.
Daraus folgt aber auch, dass das Sonderkündigungsrecht ausscheidet, wenn der Vermieter „seine“ Wohnung nicht dauerhaft, sondern nur vorübergehend, z.B. für das Wochenende nutzt. Das LG Wuppertal (WuM 90, 156) erklärte, das Sonderkündigungsrecht bestehe nur, wenn der Vermieter in seiner Wohnung das Zentrum seiner privaten Lebensführung habe. Anmeldebescheinigung und/oder die vollständige Einrichtung der Wohnung reichen nicht unbedingt aus. Hält sich der Vermieter lediglich oft wegen Urlaub, Kur usw. nicht in seiner Wohnung auf, ändert das nichts an einem evtl. bestehenden Sonderkündigungsrecht (LG Hamburg WuM 83, 23). Aber: Nach einem Rechtsentscheid des OLG Saarbrücken (RE WuM 92, 520) ist es nicht Voraussetzung für das Sonderkündigungsrecht, dass Vermieter und Mieter im Zusammenhang mit der Benutzung ihrer Wohnungen im Haus eine Gelegenheit zum Zusammentreffen haben. Voraussetzung ist somit nicht mehr ein gemeinsames Treppenhaus, ein gemeinsamer Hauseingang oder sonstige gemeinschaftlich zu nutzende Räume oder Flächen. Danach besteht das Sonderkündigungsrecht immer dann, wenn Mieter und Vermieter zusammen in einem Wohngebäude mit zwei Wohnungen wohnen.
Anders ist es beispielsweise bei je einer Wohnung in einer Reihenhaushälfte, bei Wohnungen in nebeneinander liegenden, aber miteinander verbundenen Bungalows oder bei völlig getrennten Terrassenwohnungen: Hier besteht das Sonderkündigungsrecht nicht. Grund: Es liegt kein einheitliches Wohngebäude vor (BGH v. 25.6.2008 – VIII ZR 307/07, WuM 08, 564).
Durch das Wort „Gebäude“ (statt „Wohngebäude“) in § 573 a Abs. 1 BGB ist klargestellt, dass die Einliegerkündigung auch bei einem gewerblich genutzten Haus gilt, in dem außerdem zwei Wohnungen liegen, von der eine vom Vermieter bewohnt wird. Es kommt nicht darauf an, dass der Vermieter die Gewerberäume selber nutzt.
Dem Vermieter steht das Sonderkündigungsrecht auch nicht zu, wenn er ein Dreifamilienhaus durch entsprechende Umbauarbeiten zu einem Zweifamilienhaus und damit die verbleibende Mietwohnung zu einer Einliegerwohnung macht (OLG Hamburg RE WuM 82, 151).
Hat jedoch in einem Haus mit drei Wohnungen der Mieter die dritte Wohnung hinzu gemietet und seine beiden Wohnungen nach außen miteinander verbunden, so steht dem Vermieter das Sonderkündigungsrecht zu (OLG Karlsruhe RE WuM 83, 253). Ebenso ist es, wenn zwar ein ausbaufähiges Dachgeschoss vorhanden ist, dieses aber noch keine Wohnung darstellt (LG Wiesbaden WuM 81, 162; LG Mannheim WuM 81, 234). Ist jedoch im Dachgeschoss eine Wohnung vorhanden, spielt es keine Rolle, ob sie auch tatsächlich benutzt wird oder nicht (LG Bochum WuM 84, 133).
Ausnahme bei Dreifamilienhäusern
Wie in einem Zweifamilienhaus wird eine Einliegerwohnung in einem Dreifamilienhaus behandelt, wenn
- mindestens eine der Wohnungen durch Ausbau oder Erweiterung eines vom Vermieter selbst bewohnten Wohngebäudes nach dem 31.5.1990 und vor dem 1.6.1999 fertiggestellt worden ist und
- wenn der Vermieter den Mieter bei Abschluss eines Mietvertrages nach Fertigstellung der Wohnung bei Vertragsabschluss auf die erleichterte Kündigungsmöglichkeit hingewiesen hat.
Die erleichterte Kündigung kann aber nur noch bis zum 31.8.2006 ausgesprochen werden. Voraussetzung ist weiterhin, dass das Mietverhältnis schon am 1.9.2001 bestanden hat (Art. 229 § 3 Abs. 2 EGBGB).
Inhalt der Kündigung
Der Vermieter kann in demselben Kündigungsschreiben die Kündigung sowohl aus berechtigtem Interesse als auch aus dem Sonderkündigungsrecht für Einliegerwohnungen geltend machen (OLG Hamburg RE WuM 82, 151). In diesem Fall gilt aber auch für die Kündigung aus berechtigtem Interesse die längere Kündigungsfrist. Hat sich der Vermieter zunächst nur auf die ordentliche Kündigung gestützt, darf er diese fallen lassen und von seinem Sonderkündigungsrecht Gebrauch machen (OLG Karlsruhe RE WuM 82, 14).
Bedenken Sie: Bei Anmietung einer Einliegerwohnung sind Sie im Hinblick auf den Kündigungsschutz „Mieter zweiter Klasse“. Wenn Sie Gelegenheit haben, mit Ihrem Vermieter zu verhandeln, sollten Sie sich überlegen, ob nicht ein langfristiger Mietvertrag mit fester Mietzeit und Verlängerungsklausel für Sie vorteilhafter ist.
Der Gesetzeswortlaut:
§ 573 a BGB
Erleichterte Kündigung des Vermieters
(1) Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohnten Gebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigten Interesses im Sinne des § 573 bedarf. Die Kündigungsfrist verlängert sich in diesem Fall um drei Monate.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für Wohnraum innerhalb der vom Vermieter selbst bewohnten Wohnung, sofern der Wohnraum nicht nach § 549 Abs. 2 Nr. 2 vom Mieterschutz ausgenommen ist.
(3) In dem Kündigungsschreiben ist anzugeben, dass die Kündigung auf die Voraussetzungen des Absatzes 1 oder 2 gestützt wird.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
05.01.2018