Das erklärte Ziel des im September 2006 in Kraft getretenen novellierten Berliner Meldegesetzes war es, den An- und Abmeldevorgang zu entbürokratisieren. Die Mitwirkungspflicht des Vermieters wurde komplett gestrichen. Jetzt verlangen Stadträte und Polizei, dass bei der Anmeldung wieder ein gültiger, von Mieter und Vermieter unterschriebener Mietvertrag vorzulegen sei.
Seit der Liberalisierung des Melderechts (das MieterMagazin berichtete in seiner Ausgabe 12/2005, Seite 19: „Vermieterunterschrift nicht mehr nötig“) kann sich jeder Berliner unter Vorlage des Personalausweises oder Passes anmelden, ohne die Richtigkeit der Angaben durch die Unterschrift des Vermieters zu belegen. Ob die angegebene Adresse überhaupt existiert, wird nur in begründeten Verdachtsfällen überprüft. Nicht selten melden sich Dutzende Mieter in einer Einzimmerwohnung an – ohne dass der tatsächliche Mieter davon weiß.
Immer wieder kommt es vor, dass die Polizei auf der Suche nach Straftätern in Wohnungen ahnungsloser Mieter eindringt, nur weil sich unter dieser Adresse Verdächtige angemeldet haben. Im Bezirk Mitte mussten im Jahre 2008 von Amts wegen etwa 7300 Personen abgemeldet werden, deren Adressen offensichtlich falsch waren – ein „unglaublicher Rechercheaufwand“, so Stephan von Dassel, der als Bezirksstadtrat für Soziales und Bürgerdienste von Mitte auch für das Meldewesen zuständig ist.
„Scheinanmeldungen sind ein Massenphänomen“, bestätigt auch Michael Böhl vom Berliner Landesvorstand des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK). Stephan von Dassel plädiert deshalb dafür, in Berlin möglichst schnell wieder die Regelung einzuführen, dass bei Ummeldungen ein gültiger Mietvertrag vorgelegt werden muss. Aus Mietervereinssicht sei aber Vorsicht geboten. Die jetzt bestehende Regelung habe auch Vorteile.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 7+8/09
Die Liberalisierung des Melderechts bringt in der Praxis auch Probleme für Bewohner und Polizei mit sich
Foto: Christian Muhrbeck
11.11.2015