Wohnräume sind häufiger von Schimmel befallen, als viele vermuten – weil das Problem oft nicht erkannt wird. Ist das Übel entdeckt, folgt meist ein Streit zwischen Mieter und Eigentümer: Wer hat Schuld? Baumängel oder falsches Heizen und Lüften können die Ursache sein. Beim Kampf gegen Schimmel ist Umsicht geboten.
Jede fünfte Wohnung weist Feuchtigkeitsschäden oder gar Schimmel auf. Das schätzt der Schornsteinfegerverband. Experten warnen, das Problem nehme deutlich zu.
Die Ursache für Schimmelpilz ist Feuchtigkeit. Und deren Wege sind vielfältig. Baumängel etwa öffnen viele Tore: Regen kann durch undichte Stellen im Dach oder in den Fenstern eindringen oder durch Risse und Löcher in der Fassade. Oft ist es Pfusch am Bau, der durch den Schimmel erst entdeckt wird: ungedämmte Wasserleitungen unter Putz, Lecks im Heizungsrohr, undichtes Flachdach, fehlerhafte Kellerabdichtung, Löcher in der Dachrinne. In einer Untersuchung der Universität Jena hatten 22 Prozent von 5530 Wohnungen sichtbare Feuchtigkeitsschäden, in neun Prozent wurde Schimmelpilz gefunden, vor allem in älteren Häusern ohne Wärmedämmung. Bei Häusern mit Dämmung ist das Risiko signifikant geringer.
Warum entsteht Schimmel?
Feuchtigkeit kann aber auch von innen kommen: Menschen atmen, schwitzen, duschen, kochen. Die war-me Luft speichert diese Feuchtigkeit. Sobald sie auf kalte Stellen trifft, kondensiert sie. Es bilden sich nasse Stellen, meist an der Zimmerwand, die an der kalten Außenseite des Hauses liegt. Manchmal tragen die Mieter selbst dazu bei. Schlecht geheizte Wohnungen sind überdurchschnittlich oft von Schimmel befallen. Etwa 20 bis 25 Prozent der Fälle gehen auf Baumängel zurück, schätzt der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Bei ebenfalls 20 bis 25 Prozent sei falsches Heiz- und Lüftungsverhalten die Ursache. Und zu 45 bis 55 Prozent komme beides zusammen.
Grundsätzlich gilt: Der Vermieter muss beweisen, dass der Schaden nicht durch Pfusch am Bau entstanden ist, dass es keine Lecks, Risse oder Löcher gibt und die Wärmedämmung den Vorschriften zur Bauzeit entspricht. Er muss die Wohnung nicht laufend den jeweils gültigen Normen anpassen. Gelingt es dem Vermieter, alle Ursachen aus seinem Verantwortungsbereich auszuschließen, ist der Mieter dran: Dann muss er darlegen, dass er genug geheizt und gelüftet hat und auch seine Möblierung den Schaden nicht begünstigt. Wird ihm jedoch die Schuld am Schimmel nachgewiesen, muss er die Kosten für die Sanierung tragen. Ist Schimmel entstanden, obwohl der Mieter ordentlich geheizt und gelüftet hat, kann er auch dann eine nachhaltige Beseitigung des Problems verlangen, wenn beim Bau des Hauses die technischen Normen eingehalten wurden. Solange der Schaden nicht beseitigt wird, kann der Mieter die Miete mindern. In besonders schweren Fällen, wenn das Haus wegen extremen Schimmelbefalls praktisch unbewohnbar ist, kann er auch fristlos kündigen, vorausgesetzt er hat den Vermieter vergeblich zur Schadensbeseitigung schriftlich aufgefordert.
Sichtbare Schimmelflecken oder muffige Luft sind Indizien für Schimmelbefall. Wenn das Übel allerdings hinter Holzvertäfelungen oder Schrankwänden blüht, bleibt es lange unentdeckt. Sporen können auch – gänzlich unsichtbar – im Staub vorhanden sein. Ob eine Wohnung zu feucht ist – bedenklich wird es ab etwa 60 Prozent Luftfeuchtigkeit –, kann jeder Verbraucher leicht selbst überprüfen: mit einem Luftfeuchtigkeitsmessgerät. Die billigsten Geräte kosten rund sechs Euro, der Preis kann aber auch mehr als das Zehnfache betragen. Die Stiftung Warentest hat eine Reihe dieser Geräte unter die Lupe genommen („Test“, Ausgabe 3/2003) und empfiehlt Käufern, wegen möglicher Abweichungen das Hygrometer immer vor dem ersten Einsatz nach Anleitung zu eichen. Empfehlenswerte Hygrometer gebe es schon für etwa 20 Euro. „Selten“, so das Fazit der Stiftung, „bietet eine Investition so große Chancen.“ Das gelte für die Gesundheit und für das Wohlfühlen, aber auch für die Brieftasche, wenn es etwa um Baumängel oder Mietminderung geht. „Wo mit einer solchen kleinen Spürnase ein schwerer Schaden vermieden oder früh bekämpft werden kann, lassen sich oft einige tausend Euro sparen.“
Wer nicht selbst zum Hygrometer greifen, sondern Experten zu Rate ziehen möchte, sollte sich zunächst an die Rechtsberater des Berliner Mietervereins wenden. Sie haben die richtigen Ansprechpartner. Auch die Stiftung Warentest bietet Analysen möglicher Schimmelpilzbelastungen von Wohnräumen an und gibt Tipps und Handlungsempfehlungen (siehe Marginalspalte).
Wird der Ernstfall diagnostiziert – und ist der Mieter verpflichtet, für die Beseitigung des Schimmels selbst aufzukommen – gibt es mehrere Wege, um Abhilfe zu schaffen. Mit den herkömmlichen Mitteln, die in der Regel auf die betroffenen Stellen aufgetragen werden, wird zwar der Schimmel entfernt – also das Symptom. Doch wo Schimmel existiert, müssen auch immer die Ursachen beseitigt werden. Für den Mieter heißt das: ausreichend lüften und gut heizen. Auch Mittel zur Schimmelbekämpfung hat die Stiftung Warentest begutachtet („Test“, Ausgabe 5/2002). In der Regel wird den hartnäckigen Pilzen die Chemokeule verpasst – in Form von Sprays, Flüssigkeiten, Farben und Grundierungen. „Keine Wirkung ohne Nebenwirkung“, warnen die Tester. „Chemikalien mit biozider Wirkung gegen Schimmelsporen können auch für Menschen schädlich sein.“
Bei kleinen Flecken helfen Hausmittel
Generell gilt jedoch, dass kleine Schimmelflecken auch von Laien beseitigt werden können – zum Beispiel mit einem Spray. Als Hausmittel mit sehr guter Wirkung erwiesen sich zudem Essigessenz und Alkohol. Im Gegensatz zu anderen Mitteln verflüchtigt sich Alkohol relativ schnell. Er ist deshalb nur als direkt wirkender Schimmelkiller geeignet. Vorteil: Es bleiben keine bedenklichen Rückstände zurück. Nachteil: die Feuergefährlichkeit. Mittel mit vorbeugender Wirkung wie Farben, Grundierungen und Farbzusätze empfehlen sich lediglich in Problemzonen – zum Beispiel auf einer kalten Badaußenwand. Dauerhaften Schutz können die Mittel aber kaum bieten.
„Die Anbieter müssen mit ihren Rezepturen einen Spagat machen“, erläutert die Stiftung Warentest. „Einerseits sollen die Chemikalien für die Pilze tödlich oder wachstumshemmend wirken, andererseits dürfen sie Mensch und Umwelt nicht gefährden.“ Beides zusammen gelingt nur selten. So steht Carbendazim unter Verdacht, die Fortpflanzungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Und die Isothiazolinone und Benzalkoniumchlorid können Allergien auslösen. Chlorhaltige Mittel reizen Atemwege, Haut und Augen. Gefährlich viel Chlorgas wird freigesetzt, wenn diese Mittel mit Säure zusammentreffen, zum Beispiel sauren Badreinigern.
Die Möglichkeiten des Mieters beim Kampf gegen den Schimmel haben Grenzen. „Je massiver der Befall, desto eher ist das ein Fall für die Profis“, weiß die Stiftung Warentest. Bei größeren Schäden muss die Tapete herunter und eventuell auch der Putz. Ein bloßes Überstreichen reicht nicht aus. Sind Wände und Verschalungen großflächig betroffen, muss eine Fachfirma her.
Lars Klaaßen
MieterMagazin 1+2/08
Feuchtigkeit messen, Bausubstanz untersuchen, Schimmel entfernen: Bei hartnäckigem Befall braucht es den Fachmann
Fotos: Blue S GmbH
Foto: Christian Muhrbeck
Foto: Blue S GmbH
Raumluft speichert Feuchtigkeit – und Feuchtigkeit führt zu Schimmelbildung
Foto: Michael Jespersen
Das InfoblattNr. 14 des Berliner Mietervereins gibt Tipps und Hinweise rund ums Heizen und Lüften:
www.berliner- mieterverein.de
Baubiologen,die eine Schimmelpilzbegutachtung durchführen:
„Grüne Luft“, Dipl.-Ing. Beate Metzner-Klein,
Tel. 36992666,
„Oecolab“, Frank Leupold,
Tel. 88554402
Eine Umweltanalyse „Schimmel“ der Stiftung Warentest kostet 47 Euro.
Weitere Informationen: www.test.de
So arbeitet der Profi
Reinhard Hoenge ist Schimmelspezialist. Seine Arbeit beginnt mit einer Begehung der Wohnung: „Die Schäden und Ursachen werden bei der Erstbesichtigung protokolliert und bildlich festgehalten.“ Bei Verdacht auf Ursachen in der Bausubstanz werden an relevanten Stellen kleine Kernbohrungen vorgenommen. Die Proben gehen zur anschließenden Auswertung an externe und unabhängige Labore. Bei der Sanierung werden die sichtbar befallenen Stellen mit Schimmelvernichter eingespritzt. „Nach einer Einwirkzeit von mindestens 30 Minuten wird mittels Spezialschwamm oder Sauger der Schimmel abgewaschen oder abgesaugt“, erläutert Hoenge. Mit einer „Micro-Nebelmaschine“ wird feiner Sporenbeseitiger in die befallenen Räume gesprüht. Alle Alltagsgegenstände, auch Kleidung und Bettwäsche, sollten sich noch darin befinden. So werden alle Sporen restlos beseitigt. Nun wird auf das Mauerwerk noch Schimmelschutz mittels einer Spritzpistole aufgetragen. Dadurch wird das Mauerwerk ausgetrocknet und Feuchtigkeit kann künftig viel schwerer durchdringen. Die Sanierung einer 80 Quadratmeter großen Wohnung dauert drei bis vier Stunden. „Da sämtliche verwendeten Substanzen dermatologisch geprüft und verträglich sind“, so Hoenge, „können die Räume nach gutem Durchlüften sofort wieder bewohnt werden.“
Weitere Informationen:
www.schimmelspezialist.de
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11.06.2018