Die gegenwärtigen Energiesparaktivitäten im Gebäudesektor entsprechen bei weitem noch nicht den Notwendigkeiten, stellt das Darmstädter Institut für Wohnen und Umwelt (IWU) in einer Studie fest. Vor allem die Sanierung des Bestandes verläuft schleppend.
Im Auftrag des Verbandes der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft hat das IWU einen Querschnittsbericht über die Entwicklung energetischer Wohngebäudesanierung erstellt und die Schnittstellen zwischen technologisch machbaren und wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen beleuchtet. Die Studie lenkt das Augenmerk auch auf gering investive Maßnahmen, mit denen ebenfalls ein durchaus beachtlicher Beitrag zur Energieeinsparung geleistet werden kann. Dazu zählt die kontinuierliche Überwachung des Anlagenbetriebs sowie die hydraulische Optimierung der Heizanlage. Dadurch wird gewährleistet, dass alle Heizkörper gleichmäßig mit Wärme versorgt werden und die elektrische Leistungsaufnahme der Pumpe auf das erforderliche Maß reduziert wird.
Bei der Bewertung der Wirtschaftlichkeit ließ das IWU diese Energiesparmaßnahmen aber außer Betracht. Wirtschaftlich sind Energieeinsparungen für den Vermieter dann, wenn die Kosten einer durch diese Maßnahmen eingesparten Kilowattstunde niedriger als der für die nächsten Jahre zu erwartende mittlere Energiepreis sind.
Besonders geeignet sind bei dieser Übersicht die Wärmedämmungen der Außenwand, des Daches, der obersten Geschossdecke und der Kellerdecke sowie der Einbau eines Brennwertkessels, mit dem sich allerdings auch nur eine geringe Primärenergieeinsparung erzielen lässt.
Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser halbierbar
Das IWU präsentiert in der Studie Beispiele für energetisch modernisierte Mehrfamilienhäuser und deren Verbrauchskennwerte nach Energiesparmaßnahmen. So wurde in einem Wiesbadener Altbau aus dem 19. Jahrhundert mit einem Wärmedämmverbundsystem von 12 Zentimetern für die Außenwand zuzüglich 6 Zentimeter Innendämmung und der Dämmung von Dach, oberster Geschossdecke sowie Kellerdecke immerhin eine Verringerung des Verbrauchs auf 124 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr erzielt. Der mittlere Verbrauchskennwert von Mehrfamilienhäusern liegt nach Angaben der Firma Techem für Gasheizung und Warmwasser bei 173 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr. Generell sei, so heißt es in der Studie, eine Halbierung des Verbrauchs gegenüber dem Durchschnitt erzielbar.
Das IWU hat auch eine ökonomische Bewertung der Energieeinsparmaßnahmen unter den mietrechtlichen Rahmenbedingungen vorgenommen. Zwar sei es schwierig, Pauschalaussagen zur Wirtschaftlichkeit vorzunehmen. Gleichwohl spreche das Untersuchungsergebnis für die Durchführung von energiesparenden Maßnahmen. Ohne Leerstand und unter der Voraussetzung, dass die Ausgangsmiete vor der Maßnahme die ortsübliche Vergleichsmiete darstellt sowie unter der Annahme eines einprozentigen Anstiegs der ortsüblichen Vergleichsmiete und der vollen Umlagefähigkeit von 122 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche sind Energiesparmaßnahmen wirtschaftlich, die das „Sieben-Liter-Haus“ zum Ziel haben. Bei Vorliegen eines Öko-Mietspiegels würde sich die Rentabilität energiesparender Investitionen zusätzlich erhöhen.
Damit wird untermauert, dass die von der FDP und vom Eigentümerverband „Haus & Grund“ geforderte Liberalisierung des Mietrechts für den Klimaschutz unsinnig ist.
Reiner Wild
MieterMagazin 4/08
Wärmedämmung: Was im Neubau selbstverständlich ist, wird in Bestandsgebäuden eher zögerlich umgesetzt
Foto: Christian Muhrbeck
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Höhere Investitionen sind notwendig
Die Rate energetischer Erneuerungsmaßnahmen der Gebäudehülle ist mit geschätzten 0,75 Prozent pro Jahr derzeit zu niedrig, um die gegebenen langfristigen Klimaschutzziele zu erreichen. Bei einer Erneuerungsrate von 2,5 Prozent wären für den Bereich Wärmeschutz gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) jährlich 3,4 Milliarden Euro an Investitionen bundesweit erforderlich. Soll der Standard im Wärmeschutz besser sein als nach EnEV und auch die Wärmeversorgung auf einen besonders hohen Wirkungsgrad unter Nutzung regenerativer Energiequellen umgestellt werden, so wäre von einem Mehraufwand von 10,4 Milliarden Euro auszugehen, was eine Steigerung der Investitionen um 13 Prozent nach sich ziehen müsste.
rw
01.12.2020