Seitdem die Siedlung Borggrevestraße 4-8 in Reinickendorf 2002 an die Immobilienfondsgesellschaft Rentadomo verkauft wurde, fühlt sich die zumeist langjährige Mieterschaft vielfach schikaniert. Vermutlich versucht Rentadomo die Mieter loszuwerden, um die Wohnungen teurer neu zu vermieten.
Paul Bossenmaier, Mieter in der Borggrevestraße und zugleich Mitglied der Bezirksleitung Reinickendorf des Berliner Mietervereins, hat bereits seine zweite fristlose Kündigung auf dem Tisch. In seiner Nachbarschaft ist das nichts Ungewöhnliches mehr: Bereits im Jahr 2002 erhielten zahlreiche Mieter Abmahnungen und Kündigungen, die jedoch als unberechtigt zurückgewiesen werden konnten, so Paul Bossenmeier. Dazu werden die Mieter „mit ungültigen und falschen Abrechnungen überhäuft und mit ungerechtfertigten Mieterhöhungsverlangen bombardiert.“
Seine aktuelle Kündigung hat Paul Bossenmaier erhalten, weil er einen Rentadomo-Mitarbeiter tätlich ange-griffen haben soll. „Das entbehrt jeder Grundlage“, sagt er. Er habe den Mitarbeiter zur Rede gestellt, als dieser auf seiner Terrasse fotografiert habe. Dass kein Angriff stattgefunden hat, können Nachbarn bezeugen.
Die drei zweigeschossigen Zeilenbauten in der Borggrevestraße 4-8 wurden 1959 als Teil einer größeren Siedlung im Sozialen Wohnungsbau errichtet und waren anfangs sehr kärglich ausgestattet. Von Seiten der Vermieter wurde bis heute nichts modernisiert. Die Modernisierung ihrer Küchen und Bäder haben die meisten Mieter selbst vorgenommen und bezahlt, auch die Gärten wurden eigenhändig angelegt.
Das hindert Rentadomo allerdings nicht, in Mieterhöhungsschreiben an acht Mieter die Mietereinbauten als wohnwerterhöhende Merkmale anzuführen. Dadurch errechnet sie nach dem Mietspiegel eine Miete von 4,38 Euro pro Quadratmeter. Paul Bossenmaier kommt bei der Bewertung der Wohnungen nur auf eine Miete von 3,08 Euro pro Quadratmeter – deutlich weniger, als die Mieter aktuell zahlen. Da keiner der acht Mieter der Mieterhöhung zugestimmt hat, verklagt Rentadomo sie auf Zustimmung.
Die Rentadomo-Hausverwaltung weist den Vorwurf der Mietervertreibung als „abwegig“ zurück. Außer gegen Bossenmaier seien keine Abmahnungen ausgesprochen und nur eine Kündigung wegen Zahlungsrückständen vorgenommen worden.
Einige der 42 Wohnungen stehen mittlerweile leer – sei es, weil betagte Mieter verstorben, sei es, weil Be-wohner entnervt ausgezogen sind. „Aber all die Eigentümer- und Vermieterschikanen schweißen unsere Mietergemeinschaft nur noch enger zusammen“, erklärt Paul Bossenmaier.
Jens Sethmann
MieterMagazin 1+2/07
Abmahnungen, Kündigungen, Mieterhöhungen: Die Mieter in der Borggrevestraße 4-8 sind verärgert
Foto: Jens Sethmann
03.01.2018