Stand: 8/20
Nicht selten unterbreiten Vermieter in ihren Mieterhöhungsverlangen das Angebot einer „einvernehmlichen“, „formlosen“ Mietzinsanpassung, welche angeblich für den Mieter günstiger als eine „förmliche“ Mieterhöhung nach § 558 BGB sein soll. Dieses Angebot enthält dann meistens noch einen weiteren „Köder“: es werden nicht 20 Prozent Mieterhöhung „angeboten“, sondern „entgegenkommenderweise“ nur 10 oder 15 Prozent.
Prüfen Sie genau, ob dieses Angebot tatsächlich vertretbar ist! Es könnte auch sein, dass bei Ihrer Wohnung eine „förmliche“ Mieterhöhung gemäß § 558 BGB nach dem Mietspiegel gar nicht mehr möglich ist, weil die Miete schon weit über der einschlägigen Vergleichsmiete liegt.
Zur Mieterhöhung nach § 558 BGB siehe unser Info Nr. 19 („Die Mieterhöhungsmöglichkeiten nach §§ 557 ff. BGB“) und Info Nr. 20 („Die Mieterhöhung nach §§ 558 – 558 e BGB“).
Das Angebot einer „einvernehmlichen“ Mieterhöhung ist in diesem Fall kein Entgegenkommen, sondern der Versuch, eine unzulässige Mieterhöhung durchzusetzen.
Ein solches Vorgehen des Vermieters ist jedoch nicht rechtswidrig! § 557 Abs. 1 BGB erlaubt, dass sich die Mietvertragsparteien einverständlich – ohne Rücksicht auf Mietspiegel und Kappungsgrenze – auf eine Mietanhebung einigen können.
Dies bedeutet aber: Wer einmal auf das Angebot des Vermieters eingegangen ist und der Mietanpassung zugestimmt hat, ist an diese Erklärung gebunden und muss den neuen höheren Betrag künftig zahlen, auch wenn diese Erhöhung nach dem Mietspiegel überhaupt nicht zulässig gewesen wäre.
Warum nun – möchte man sich fragen – tun Mieter dies? Was ist der Vorteil einer solch „freiwilligen Mieterhöhung“? Der Grund für dieses Mieterverhalten – das lehrt die nunmehr über 40-jährige Erfahrung mit dem Mietpreisrecht – ist vielfach Unkenntnis oder die Angst, sich beim Vermieter unbeliebt zu machen. Man will einfach seine Ruhe haben und lässt sich diese eben etwas kosten.
Andererseits ergibt sich aber auch aus § 557 Abs. 1 BGB: Ohne ausdrückliche Zustimmung (dass heißt Annahme des vermieterseitigen Angebots) ist eine „einvernehmliche“ Mieterhöhung nach § 557 Abs. 1 BGB nicht möglich. Deshalb: Prüfen Sie jedes Angebot in Ruhe und unterschreiben Sie nicht voreilig! Auch die vorbehaltlose mehrmalige Zahlung eines erhöhten Mietzinses gilt unter Umständen als Zustimmung (durch sogenanntes schlüssiges Verhalten)!
In Ausnahmefällen kann das Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen (§§ 312 ff. BGB) helfen: Hat der Vermieter oder sein Verwalter dem Mieter mit Überredungskunst die Unterschrift unter eine Mieterhöhung oder Vertragsänderung an der Haustür oder in seiner Wohnung „abgeluchst“, dann kann der Mieter seine Unterschrift innerhalb von zwei Wochen in Textform widerrufen (vgl. § 355 BGB). Diese Widerrufsfrist beginnt erst dann zu laufen, wenn er eine Belehrung in Textform über dieses Widerrufsrecht erhalten hat (vgl. § 356 Abs. 3 BGB).
„Betriebskostenumstellungen“
Sogenannte Betriebskostenumstellungen sind recht häufig eine Quelle für „versehentliche“ Zustimmungen des Mieters zu einer Mieterhöhung.
Lesen Sie hierzu die Einzelheiten in unserem Info Nr. 15 („Betriebskostenumstellung im Westteil Berlins – Nettomiete oder Bruttomiete?“).
Absolute Mietobergrenze nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG)
Nicht jede Miethöhe ist wirksam zu vereinbaren. Es gibt doch noch eine absolute Obergrenze:
Hier ist die Wesentlichkeitsgrenze des § 5 WiStG zu erwähnen. Danach ist eine wesentliche (einen Rückforderungsanspruch gewährende) Mietpreisüberhöhung gegeben, wenn die Miete 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. § 5 WiStG kappt somit gegebenenfalls auch Vereinbarungen nach § 557 Abs. 1 BGB.
Zu den Einzelheiten siehe unser Info Nr. 21 („Mietpreisüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz (WiStG) – Zahlen Sie zuviel Miete?“) und Info Nr. 166 („Die zulässige Miethöhe bei Vertragsabschluss“).
05.01.2022