Seit dem 1. Juni 2005 können die meisten Mieter anders als bisher mit einer dreimonatigen Frist kündigen. Jedoch: Nicht in allen Fällen hilft das neue Gesetz. Nach Schätzungen des Berliner Mieterverein gilt die dreimonatige Kündigungsfrist für rund 30 Prozent der Mieterhaushalte mit einem Mietvertrag vor dem 1. September 2001 nicht.
Das Reparaturgesetz zu Artikel 229 § 3 Absatz 10 EGBGB (BGBl. I, Seite 1425) ist kurz und hat folgenden Wortlaut: „Für Kündigungen, die ab dem 1. Juni 2005 zugehen, gilt dies nicht, wenn die Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches in der bis zum 1. September 2001 geltenden Fassung durch Allgemeine Geschäftsbedingungen vereinbart worden sind.“
In sechs Fällen greift das neue Gesetz nicht:
1. Zunächst wirkt die neue Regelung nicht rückwirkend auf vor dem 1. Juni 2005 ausgesprochene Kündigungen. Allerdings: Wer vor diesem Termin mit langer Frist gekündigt hat, kann jetzt nochmals mit der kurzen Frist kündigen.
2. Die zweite Ausnahme dürfte nur selten greifen. Zwar gilt das neue Gesetz nur, wenn die Kündigungsfristen durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) – also formularmäßig vereinbart und nicht etwa individuell – ausgehandelt wurden. Der auch auf Altmietverträge anwendbare § 310 Absatz 3 BGB dürfte jedoch dazu führen, dass Individualvereinbarungen so gut wie nie anzunehmen sind. Denn der Vermieter muss als Unternehmer im Zweifelsfall den schwierigen Beweis führen, dass eine Klausel tatsächlich ausgehandelt oder vom Mieter als Verbraucher in den Vertrag eingeführt worden ist (Börstinghaus NJW 05, 1900 m.w.N.).
3. Klar ist die Sachlage für Mieter mit Zeitmietverträgen. Diese müssen bis zum vereinbarten Ablauf eingehalten werden. Es kann nicht vorher mit Dreimonatsfrist gekündigt werden.
4. Regelungen zum Ausschluss des Kündigungsrechts, die der Bundesgerichtshof als Alternative zum einfachen Zeitmietvertrag für zulässig und wirksam hält (vgl. WM 04, 157, 542, 543 und 672), sind ebenfalls von der Gesetzesänderung nicht betroffen. Danach darf das Recht zur ordentlichen Kündigung formularvertraglich für maximal vier Jahre ausgeschlossen werden.
Verschiedene Auffassungen zeichnen sich ab
5. Von der Neuregelung werden nur die Altmietverträge erfasst, in denen die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 565 Absatz 2 Satz 1 und 2 BGB (alte Fassung) formularmäßig vereinbart worden waren. Waren Fristen vereinbart, die vom Muster des alten § 565 Absatz 2 BGB durch Verkürzung oder Verlängerung abwichen (Beispiel: sechs Monate Frist bei zehnjährigem Wohnen oder zwölf Monate bei achtjährigem Wohnen), gelten diese (Börstinghaus NJW 05, 1900). Wenn in der Vereinbarung nur bei einer Staffel eine andere Überlassungszeit oder eine andere Frist – als in § 565 BGB a.F. vorgesehen – vereinbart worden war, dann ist die Regelung insgesamt wirksam und nicht nur diese eine Staffel (Börstinghaus a.a.O.). Beuermann will sogar für alle diejenigen mietvertraglichen Vereinbarungen die Dreimonatsfrist ausschließen, bei denen die Karenzzeit von drei Werktagen nicht ebenfalls vereinbart ist (GE 05, 722).
6. In Altverträgen vereinbarte so genannte Verlängerungsklauseln (Beispiel „Das Mietverhältnis beginnt am 1. November 1999 und endet am 31. Oktober 2004. Es verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn es nicht gekündigt ist. Kündigungsfristen siehe Ziffer 2.“) genießen gemäß Artikel 229 § 3 Absatz 3 EGBGB nach herrschender Meinung weiterhin Bestandsschutz (BGH WM 05, 342; LG Berlin GE 03, 743; AG Wedding GE 03, 327; Börstinghaus NJW 05, 1900). Hier ist eine Kündigung nur jeweils zum Ablaufdatum möglich. Das bedeutet, dass der Mieter nur jeweils einmal im Jahr zum vereinbarten Termin kündigen kann. In der Mietrechtsliteratur gibt es allerdings Stimmen, die die jederzeitige Kündbarkeit solcher Verlängerungsklauseln mit Dreimonatsfrist für zulässig halten (Gellwitzki WM 04, 575 und WM 05, 436; Blank NZM 05, 401). Folgt man hingegen der herrschenden Meinung, gibt es ein weiteres Problem: Kann zum jeweils vereinbarten Jahrestermin mit vorheriger Dreimonatsfrist gekündigt werden oder richtet sich auch hier die Länge der Frist nach der Wohndauer? Nach dem Wortlaut des weiterhin unverändert geltenden Artikel 229 § 3 Absatz 3 EGBGB richtet sich die Kündigungsfrist dann, wenn nichts anderes vereinbart ist, nach der Wohndauer und kann bis zu zwölf Monate betragen. Dieses Ergebnis folgt aus dem Verweis auf § 565 a Absatz 1 BGB a.F., welcher seinerseits wiederum auf § 565 BGB a.F. verweist (a.A. Blank NZM 05, 401). Fraglich erscheint jedoch, ob diese Wortlautauslegung mit Sinn und Zweck des neuen Reparaturgesetzes zu vereinbaren ist. Auf jeden Fall kann auch hier mit dreimonatiger Kündigungsfrist (einmal jährlich zum Verlängerungstermin) vom Mieter gekündigt werden, wenn neben der Verlängerungsklausel die exakten Kündigungsfristen des § 565 Abs. 2 BGB a.F. formularvertraglich vereinbart worden waren (Börstinghaus NJW 05, 1900). Auf diese vertragliche Vereinbarung findet dann der zum 1. Juni 2005 geänderte Artikel 229 §3 Absatz 10 EGBGB Anwendung.
Welche Rechtsansicht zur Kündbarkeit von Mietverträgen mit Verlängerungsklauseln die „richtige“ ist, wird sich erst herausstellen, wenn der Bundesgerichtshof die Rechtsfrage im Rahmen eines Revisionsverfahrens entschieden hat. Hiermit ist vor 2006 wohl nicht zu rechnen.
Frank Maciejewski
MieterMagazin 8/05
Das neue Gesetz lässt kürzere als dreimonatige Kündigungsfristen für den Mieter weiterhin gültig sein. Dies betrifft vor allem die 14-tägige Frist bei den sogenannten DDR-Mietverträgen.
Für die Kündigung durch den Vermieter gelten vertraglich vereinbarte längere Kündigungsfristen auch nach dem 1. Juni 2005 und unabhängig davon, ob der Mietvertrag vor oder nach dem 1. September 2001 abgeschlossen wurde und ob es sich um eine formularmäßige oder um eine individualvertragliche Vereinbarung handelt.
05.01.2018